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Erst Testpanne, dann Impfpanne. Bayerns Regierungschef Markus Söder (CSU) im Frühsommer mit Gesundheitsministerin Melanie Huml.

© Andreas Gebert / Reuters

Markus Söder entlässt seine glücklose Gesundheitsministerin: Der Krisenkapitän wirft Ballast ab

Der bayerische Ministerpräsident schiebt seine Gesundheitsministerin Melanie Huml beiseite. Da wird die CSU-Landesgruppenklausur zur Nebensache.

Von Robert Birnbaum

Das Wildbad Kreuth liegt am Mittwoch im Schnee. Das Kloster Seeon am Chiemsee ist weiß überpudert. Das Berliner Congress-Center hingegen bietet im preußischen Schmuddelwetter doch einen beträchtlichen Kontrast zu den oberbayerischen Idyllen. Als Ambiente für die Jahresauftaktklausur der CSU-Landesgruppe im Bundestag ist das DDR-Relikt geradezu eine Zumutung.

Aber es liegt nicht nur am coronabedingten Ortswechsel an den "Dienstsitz der Abgeordneten hier in Berlin", wie Dobrindt betont, als Kritik an der Präsenzveranstaltung aufkommt, dass das Traditionstreffen diesmal seltsam blaß wirkt.

Es liegt zum Beispiel auch daran, dass der Chef gleich am ersten Tag seinen Knaller daheim im fernen München zündet, bevor er nachmittags in Berlin vorbeischaut: Markus Söder feuert seine Gesundheitsministerin.

Melanie Huml galt seit langem als überfordert. Nach der peinlichen Testpanne im Sommer hielt der Ministerpräsident noch an der Ministerin fest. Dass dann zum Impfstart in Oberfranken eine Kühlkette versagte und eine ganze Charge Corona-Impfstoff verdarb, dürfte das Maß vollgemacht haben. Söder versteht keinen Spaß, wenn sein Image als Krisenmanager auf dem Spiel steht.

Damit es nicht direkt nach Hinauswurf aussieht, holt er Huml in die Staatskanzlei. Aber mit dem Vorschusslob für ihren bisherigen Staatssekretär und Nachfolger – ein „Macher und Entscheider“ sie dieser Klaus Holetschek – zeigte Söder, was er an ihr vermisste. In Humls neuer Zuständigkeit für Europa und Internationales sind solche Qualitäten offenbar entbehrlich.

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Der Vorgang illustriert doppelt, wo in der CSU aktuell die Musik spielt. Landesgruppenchef Alexander Dobrindt verzichtet denn auch fast komplett auf die traditionellen Kraftsprüche. Dass vom Rand des Alexanderplatzes aus der Republik der Takt vorgegeben werde, klänge ja auch eher komisch.

Dafür redet Dobrindt viel von Disziplin.

Schützenhilfe für den Bundesgesundheitsminister

Konkret mahnt er sie bei der SPD an. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat bei der CSU und ihrem Berliner Statthalter seit langem einen guten Stand. Dobrindt geißelt den inquisitorischen Impf-Fragenkatalog der Sozialdemokraten an Spahn als Wahlkampftaktik. Im Pandemiejahr 2021 müsse die Regierung bis zuletzt „im Arbeitsmodus“ bleiben.

Kanzlerin Angela Merkel, Ehrengast am Donnerstag, wird es gerne hören.

Aber Disziplin ist im weiteren Sinne auch das Motto, das über der Klausur selbst hängt. Die Beschlussvorlagen bleiben völlig frei von Provokationen und Knalleffekten. Sticheleien Richtung CDu bleiben gänzlich aus. Selbst der Ruf nach einem Weltraumbahnhof in der Nordsee ist nur das schwache Echo einer etwas älteren Söder-Idee.

Über dessen Eignung zum Kanzlerkandidaten übrigens mag Dobrindt eine gute Woche vor dem CDU-Parteitag so wenig reden wie über die eventuelle Eignung von CDU-Kandidaten.

Aber wenn sich's Söder überlegen sollte, dann wäre jedenfalls diese Klausur für seine Abgeordneten eine erste Übung für ihre künftige Rolle. Ein Kanzler Söder könnte rituelles Rebellengehabe nicht mehr gebrauchen.

Die Losung für die CSU im Bundestag hieße ab da ganzjährig nur noch: Disziplin, Disziplin, Disziplin.

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