zum Hauptinhalt
Die AfD-Fraktion im Bundestag, in der Mitte der Abgeordnete Stephan Brandner.

© Christian Ditsch/Imago

„Der politische Arm des Rechtsterrorismus": Etappensieg für SPD-Politiker Roth im Streit mit der AfD

Darf die AfD „politischer Arm des Rechtsterrorismus“ genannt werden? Die Partei geht nicht mehr gegen die Äußerung des SPD-Politikers Michael Roth vor.

Von Matthias Meisner

„Ein guter Tag für die Meinungsfreiheit in Deutschland“, jubiliert der hessische SPD-Politiker Michael Roth, einer der Kandidaten für den Parteivorsitz und Europa-Staatsminister im Auswärtigen Amt. Die AfD-Bundestagsfraktion hat mitgeteilt, dass sie die Abmahnungen gegen Roth nicht weiter verfolgen werde, die ergangen waren, weil der die Partei mehrfach - erst im Zeitungsinterview, später auf Twitter - als „politischen Arm des Rechtsterrorismus“ bezeichnet hatte.

Drohung gegen Kölner Rechtsanwaltskanzlei

In den Mittelpunkt der Auseinandersetzung war eine Kölner Rechtsanwaltskanzlei geraten - die des Medienrechtlers Ralf Höcker. Der ist Pressesprecher der am rechten Rand von CDU und CSU tätigen „Werte-Union“. Vor einigen Wochen hat die Kanzlei den Ex-Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, als Anwalt im Bereich „öffentliches Äußerungsrecht“ verpflichtet.

Höcker hatte am Dienstagabend auf Twitter mitgeteilt, dass die Anwälte seiner Kanzlei seit der Abmahnung gegen Roth „massiv mit dem Tode bedroht“ würden. „Ob Maulheldentum oder ernstzunehmende Anschlagspläne kann ich noch nicht beurteilen.“ Der Staatsschutz sei eingeschaltet.

Nach Angaben Höckers ging bei der allgemeinen Büroadresse der Kanzlei eine Mail ein mit dem Text „Wenn Sie die Abmahnung gegen Michael Roth nicht zurücknehmen, werden wir einen Befreiungsanschlag auf Ihr Büro verüben.“ Im Gespräch mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland erhob Höcker schwere Vorwürfe gegen Roth. „Wenn Michael Roth Organe der Rechtspflege unmittelbar angreift und unseren Briefkopf auf Twitter postet, wirft er uns der Antifa zum Fraß vor.“

Roth versichert dagegen, er habe zu keiner Zeit Angriffe auf die Kanzlei provoziert oder gar zu Gewalt aufgerufen: „Das ist absurd.“ Er scheue nicht die politische - und notfalls auch die juristische - Auseinandersetzung mit der AfD, „aber Hass und Gewalt lehne ich im politischen Wettstreit ab“. Die Strategie der AfD sei perfide: „Erst zündelt sie, dann gerieren sich die Brandstifter als Biedermänner. Die AfD ist definitiv kein Opfer.“

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Die Kanzlei Höcker hat sich darauf spezialisiert, im Auftrag angeblicher oder tatsächlicher Opfer von Berichterstattung gegen Medien vorzugehen. Zu den prominentesten Klienten gehören Heidi Klum, Alice Weidel, Jörg Kachelmann und Recep Tayyip Erdogan. Höcker versuche, Journalisten einzuschüchtern, sein Vorgehen sei „im Zweifel außerordentlich robust“, schrieb der Medienjournalist Stefan Niggemeier im Juni auf „Übermedien“.

Traute Dreisamkeit: Meuthen, Höcker, Hunzinger

Berührungsängste beim Umgang mit der rechten Szene hat Höcker offenbar nicht. Am Wochenende twitterte er ein Foto, das ihn gemeinsam mit dem AfD-Bundesvorsitzenden Jörg Meuthen und dem umtriebigen Lobbyisten und PR-Berater Moritz Hunzinger in Frankfurt am Main in trauter Dreisamkeit zeigt. „Sehr angeregter und konstruktiver politischer Gedankenaustausch“, schrieb Höcker dazu. Hunzinger hatte im Sommer in Anspielung auf die Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Angela Merkel auf Facebook geschrieben: „Mit Kohl gäbe es diese scheußliche Masseneinwanderung von Wilden hierzulande nicht.“

Roth hatte im „Welt“-Interview gesagt: „Im Deutschen Bundestag und in den Landtagen sitzt der politische Arm des Rechtsterrorismus. Und das ist die AfD.“ Roth schränkte ein: „Das gilt sicher nicht für alle ihre Mitglieder.“ Doch müsse die Partei ihr Verhältnis klären zu denjenigen, „die durch Hass und Hetze solchen furchtbaren Taten den Boden bereiten“. Roth forderte eine verstärkte Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Der SPD-Politiker äußerte sich unter anderem vor dem Hintergrund der Diskussion um den thüringischen AfD-Bundestagsabgeordneten Stephan Brandner. Der hatte nach dem rechtsterroristischen Anschlag in Halle den Tweet eines Nutzer namens „Hartes Geld“ retweetet.

Darin fragte dieser: „Warum lungern Politiker mit Kerzen in Moscheen und Synagogen rum?“ Schließlich seien die Opfer in Halle ja eine „Deutsche, die gern Volksmusik hörte“, und ein „Bio-Deutscher“ gewesen. Union, SPD, FDP, Linke und Grüne forderten anschließend den Rücktritt von Brandner als Vorsitzender des Rechtsausschusses im Bundestag.

Ein CDU-Bundestagsabgeordneter wiederholt Roths Feststellung

Das Vorgehen der AfD gegen den Europa-Staatsminister hatte am Wochenende eine Welle der Solidarität ausgelöst. Roth selbst sagte, er werde die geforderte Unterlassungserklärung „ganz sicher“ nicht abgeben. Genossen von Roth wie Ralf Stegner und Karl Lauterbach schlossen sich seiner Kritik an der rechtsradikalen Partei fast wortgleich an. Der Essener CDU-Bundestagsabgeordnete Matthias Hauer wiederholte Roths Feststellung über die AfD als „politischen Arm des Rechtsterrorismus“ auf Twitter mit dem Hashtag #undjetztalle.

Und die Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz aus Frankfurt am Main fragte: „Was passiert eigentlich, wenn wir jetzt alle sagen, dass die AfD ,der politische Arm des Rechtsterrorismus' ist. Werden wir auch alle abgemahnt?“ Basay-Yildiz wird von einem „NSU 2.0“ mit dem Tod bedroht, die Daten stammen aus einem Polizei-Computer.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false