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Bewährungsproben. Spitzenliberale erwarten von ihrem Chef Guido Westerwelle in dieser Woche ein Aufbruchssignal. Wie viele echte Unterstützer er in der Partei noch hat, wird sich wohl erst in den Monaten danach zeigen. Foto: Volker Hartmann/dapd

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Politik: Der vertagte Aufstand

Westerwelles Kritiker spielen vor Dreikönig auf Zeit – loswerden wollen sie den FDP-Chef trotzdem

Berlin - Abtauchen. Das könnte die beste Entscheidung von Guido Westerwelle im abgelaufenen Jahr 2010 gewesen sein. Als es kurz vor Weihnachten vielleicht nicht stürmisch, aber doch ungemütlich für den FDP-Chef wurde, entschied er sich, eine Auszeit zu nehmen: zwei Wochen Urlaub in Ägypten. Ob er dort wirklich tauchen war, ist nicht überliefert. Auf jeden Fall konnte er das Murren seiner Partei hinter sich lassen. Und da hatten einige geknurrt. Der schleswig-holsteinische Fraktionschef Wolfgang Kubicki beispielsweise. Er hatte den Zustand der FDP mit der Spätphase der DDR verglichen. Andere bezeichneten Westerwelle als „Klotz am Bein“. Es folgten Brandbriefe aus Baden-Württemberg und ein Treffen des Schaumburger Kreises, in dem offen über ein Ende der Ära Westerwelle diskutiert wurde. Aus den hinteren Reihen kamen dann einige Angriffe, und in der vorderen Reihe schwiegen einige verdächtig. An diesem Montag wird Guido Westerwelle wieder in seinem Büro in der Parteizentrale sitzen und konstatieren: Die Lage vor dem Dreikönigstreffen am Donnerstag in Stuttgart ist nicht entspannt, aber kontrollierbarer.

Da ist etwa Patrick Döring. Der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion nahm vor Weihnachten auch am Treffen des Schaumburger Kreises teil. Jetzt sieht er ein Ende der Debatte um den Parteivorsitzenden. Gefordert sei dieser trotzdem. „Ich gehe davon aus, dass Westerwelle in Tonalität und Perspektive die FDP überzeugen wird. Ein selbstkritischer, aber kämpferischer Ton wäre angebracht. Wenn er das schafft, wird die FDP danach wieder in einer geschlossenen Schlachtordnung auftreten“, sagte Döring dem Tagesspiegel.

Ungefährlich ist die Situation für Westerwelle also keinesfalls. Denn nicht das Ansinnen seiner Kritiker, ihn loszuwerden, hat sich geändert, nur die Strategie. So auch die von Jörg-Uwe Hahn. Der hessische FDP-Chef hatte den Bundesvorsitzenden in einer internen Runde zum Rückzug aufgefordert. Das tut er öffentlich jetzt nicht. Aber den Druck auf Westerwelle will er erhöhen. „Indem Westerwelle weiter an der FDP-Spitze bleiben will, hat er sehr hohe Anforderungen an sich selbst gestellt, denen muss er jetzt gerecht werden“, sagte Hahn.

Die Zeit für die Westerwelle-Kritiker scheint noch nicht reif zu sein. Statt einer aufwendigen Meuterei im Vorfeld von Dreikönig könnten sie sich ihren Angriff für die Zeit nach der wichtigen Landtagswahl in Baden-Württemberg im März aufheben. Schaffen die Liberalen dort nicht den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde, haben die Kritiker einen Schuldigen: Westerwelle. Außerdem erkennen sie, dass die Lage 2011 nicht mit der Situation von 2001 vergleichbar ist. Westerwelle war damals maßgeblich am Sturz des damaligen FDP-Chefs Wolfgang Gerhardt im Vorfeld des Dreikönigstreffens beteiligt: Er war der natürliche Nachfolger Gerhardts. Das ist heute anders. „Einen solchen natürlichen Nachfolger, der seinen unbedingten Willen, Vorsitzender zu werden, kundtut, gibt es heute nicht“, klagt ein führender Liberaler. Für höhere Aufgaben wird zwar immer wieder Generalsekretär Christian Lindner genannt – so auch am Wochenende von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Aber viele halten ihn noch für zu jung und unerfahren.

Wie viele echte Unterstützer Westerwelle noch hat, wird sich wohl erst nach seinem Dreikönigsauftritt zeigen. Aber zumindest außerhalb der FDP dürfte er prominenten Zuspruch ernten. So sollen nach Informationen der „Bild am Sonntag“ Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und CSU-Chef Horst Seehofer den FDP-Chef zum Weitermachen animiert haben. In der Parteizentrale wollte man dies weder bestätigen noch dementieren. Hier gehen alle Blicke schon Richtung Stuttgart.

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