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Der Türkei-Korrespondent der "Welt", Deniz Yücel.

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Update

Inhaftierter Journalist in der Türkei: Deutscher Generalkonsul besucht Yücel im Gefängnis

Seit Wochen sitzt der "Welt"-Journalist Deniz Yücel in der Türkei in Haft. Am Wochenende hat nun Außenminister Gabriel konsularische Betreuung erwirkt - Yücel soll bereits am Dienstag Besuch bekommen.

An der Pforte des Gefängnisses in Silivri außerhalb der westlichen Stadtgrenze von Istanbul werden sich an diesem Dienstag deutsche Besucher anmelden. Diplomaten der Bundesrepublik erhalten erstmals Zugang zu dem seit fast zwei Monaten inhaftierten deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel. Laut Auswärtigem Amt kam diese Genehmigung nach der erneuten Bitte auf Einhaltung einer Zusage des türkischen Ministerpräsidenten Binali Yildirim durch Außenminister Sigmar Gabriel an seinen türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu: „Ich habe am Freitag am Rande des Nato-Außenministertreffens meinen türkischen Amtskollegen Cavusoglu nochmals gebeten, dass wir konsularischen Zugang zu Deniz Yücel erhalten", zitierte ein Sprecher Gabriels den Außenminister. Cavusoglu habe sich daraufhin offensichtlich in Ankara dafür eingesetzt. „Dafür danke ich ihm", erklärte Gabriel weiter: „Heute morgen hat die Türkei offiziell per Verbalnote bestätigt, dass wir morgen endlich Zugang zu Deniz Yücel erhalten werden, um uns nach schweren Tagen der Haft von seinem Wohlbefinden zu überzeugen." Dies sei „ein Schritt nach vorne", sagte sein Sprecher. Dazu, ob auch dauerhaft ein konsularischer Zugang zu Yücel gewährleistet ist, gab es zunächst keine Klarheit. Der deutsche Generalkonsul in Istanbul, Georg Birgelen, wird Deniz Yücel nach dpa-Informationen zunächst am Dienstag im Gefängnis besuchen.

Journalist wegen „Terrorpropaganda" und „Volksverhetzung" in U-Haft

Die Türkei ist dazu nicht verpflichtet, weil Yücel nicht nur deutscher, sondern auch türkischer Staatsbürger ist. Der Korrespondent der „Welt" hatte sich am 14. Februar der Polizei in Istanbul zur Befragung gestellt und war daraufhin in Gewahrsam genommen worden. Zwei Wochen später ordnete ein Haftrichter an, den deutsch-türkischen Journalisten wegen „Terrorpropaganda" und „Volksverhetzung" in U-Haft zu nehmen. Seine Anwälte haben sich an das türkische Verfassungsgericht gewandt, um seine Freilassung zu erreichen.

Außenminister Gabriel hatte den Umgang der Türkei mit Yücel am Wochenende im „Spiegel" als „rechtsstaatlich und politisch inakzeptabel" kritisiert: „Man muss ja fast annehmen, dass Yücel der türkischen Führung als politischer Spielball in einem schmutzigen Wahlkampf dient." Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan nennt Yücel in Wahlkampfreden vor dem Verfassungsreferendum am 16. April einen „Agenten". Allein diese Vorverurteilung durch das Staatsoberhaupt lässt daran zweifeln, dass die türkische Justiz der Forderung der Berliner Regierung nach baldiger Freilassung des Reporters nachkommen wird. Bei einer Kundgebung in Ankara am Wochenende bezeichnete Erdogan die EU als „Allianz der Kreuzzügler", die ein muslimisches Land wie die Türkei aus religiösen Gründen nicht aufnehmen wolle. Die EU belüge die Türkei seit Jahren.

Die Zusage aus Ankara für den Diplomaten-Besuch bei Yücel löst nicht nur ein Versprechen des Ministerpräsidenten ein. Die Besuchserlaubnis könnte auch ein Signal dafür sein, dass die türkische Regierung trotz ihrer scharfen Kritik an der EU nicht alle Brücken abbrechen will. Erdogan-Kritiker in der Türkei sind zwar überzeugt, dass der Präsident keine große Energie mehr in den türkischen EU-Beitrittsprozess stecken will. Aber ob Erdogan den völligen Bruch mit Europa anstrebt, ist unklar. Von sich aus für beendet erklärt hat er die Beitrittsverhandlungen bisher nicht. Erst nach dem Referendum in knapp zwei Wochen könnte es mehr Klarheit über den Europa-Kurs des Präsidenten geben – und vielleicht auch über das weitere Schicksal von Deniz Yücel. (mit dpa)

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