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Da lacht er. Christian Lindner gibt sich lockerer, weniger biestig als früher.

© Annette Riedl/dpa

Die FDP vor den Wahlen: Wenn der Chef auch andere gelten lässt

Vorbei die Zeit, als die FDP nur aus einem Gesicht bestand: das des Vorsitzenden Linder. Es gibt inzwischen mehr Gesichter - und mehr Themen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Wie es doch manchmal so kommt. Christian Lindner, der FDP-Chef, macht eine Sommerreise, der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck eine Küstentour, und da sind sie auch einmal in Timmendorfer Strand. Beide. Wunderbar – die Gegend dort, der Hafen, der Strand. Ob die Zeit reicht für ein Zusammentreffen? Verwunderlich wäre es nicht.

Einiges spricht dafür, dass es nach der Wahl eine Koalition mit beiden könnte. Habeck kennt ja Lindner-Vize Wolfgang Kubicki gut, weil er mit dem in Kiel schon in einer schwarz-grün-gelben Koalition war. Nun ist aber Lindner dran, Habeck noch ein bisschen besser kennen zu lernen. Immerhin ist Lindner der Chef, damit auch von Kubicki. Nur ist etwas passiert in der Zwischenzeit, seit dem „Jamaika“-Desaster 2017: Der FDP-Chef lässt andere gelten in seiner Partei.

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Gut, bei Kubicki hat er keine Wahl; der verschafft sich Geltung. Doch die anderen: Johannes Vogel aus NRW – witzigerweise aus der selben Ecke wie Lindner –, oder Volker Wissing, der Generalsekretär, um nur zwei der Auffälligen zu nennen. Sie dürfen nicht nur etwas sagen, sie haben auch etwas zu sagen. Was bedeutet: Linder redet weniger. Und nicht mehr so biestig.

Wissing ist erfahren: Bundestag, Landesregierung

Wissing hat den Vorteil, erfahren zu sein in vielerlei Hinsicht, im Bundestag, in einer Landesregierung – Rheinland-Pfalz –, in unterschiedlichen Koalitionen, erfolgreich in Wahlkämpfen. Vogel wiederum hat den Vorteil, Lindner zu ergänzen: um eine soziale, sozialpolitische Komponente. Was Wunder, dass manche in ihm einen Sozialliberalen sehen, der Vogel aber gar nicht sein will, weil es den Liberalismus verengt. Er kann auch anders. Beiträge zu China, zur gesetzlichen Aktienrente, zu „Talentschulen“ zeigen die Bandbreite.

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Und jetzt Klimaschutz. Chefsache, aber nicht allein. Es ist nicht so, dass die FDP das Thema gering schätzte oder für grünen Unsinn hielte. Von wegen „FDP – F... den Planeten“, wie der Altgrüne Jürgen Trittin jetzt twitterte, als Satire. Mehr und mehr erinnern sich die Freidemokraten, dass sie gewissermaßen erste Grüne waren: Sie hatten Umwelt und Klima als Herausforderung erkannt und im Bundesinnenministerium verankert, vor Jahrzehnten. Ressortchef war damals, zu sozialliberaler Zeit, Gerhart Baum, der heute immer noch aktiv ist. Auch in dieser Sache.

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Es ist aber so, dass es die FDP nicht mit Verboten hat. Sie setzt, ob zu Recht oder nicht, auf die Einsichtsfähigkeit der Menschen und, wo das nicht reicht, auf Anreize zur Einsicht. Wem das nicht ausreicht, kann ja mit ihnen anderes aushandeln. Für eine Koalition beispielsweise aus drei Farben Grün. Und so reist Lindner jetzt. Denn Schweigen ist Gold – aber nicht, beschwiegen zu werden.

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