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Wollen zuhören: Die Grünen-Chefs Annalena Baerbock und Robert Habeck.

© dpa

Debatte über neues Grundsatzprogramm: Die Grünen wollen unbequeme Fragen beantworten

Die Grünen-Chefs Annalena Baerbock und Robert Habeck wollen für das neue Grundsatzprogramm auch über Außenpolitik und Heimat debattieren.

Die Grünen-Vorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck wollen auf dem Weg zu einem neuen Grundsatzprogramm die eigene Partei vor unbequeme Fragen stellen. „Wir wollen uns Streit zumuten“, sagte Habeck. Die Grünen müssten manche Debatten stellvertretend für die Gesellschaft führen – von der Gentechnik bis zur Außenpolitik. Es gehe dabei „nicht um grüne Selbstbestätigung oder Selbstbeschäftigung“. Seine Ko-Vorsitzende Baerbock forderte, die Grünen sollten auch „dort hingehen, wo es weh tut und wir uns die Hände schmutzig machen müssen“.

Die beiden Grünen-Chefs starteten am Freitagnachmittag bei einem „Konvent“ in Berlin die Debatte über das neue Grundsatzprogramm. Im Frühjahr 2020 soll es auf einem Parteitag verabschiedet werden, 40 Jahre nach Gründung der Grünen. Die Werte der Partei müssten an den Herausforderungen der neuen Zeit gemessen werden, sagte Habeck. Das letzte Programm stammt aus dem Jahr 2002 – damals waren die Grünen noch in der Bundesregierung.

In einem ersten Schritt haben die beiden Grünen-Vorsitzenden Themenfelder festgelegt, über die in den nächsten Monaten diskutiert werden soll: von der Ökologie über die Digitalisierung bis zur Außenpolitik. Bundesgeschäftsführer Michael Kellner kündigte vor dem Startkonvent an, auch Externe, Zivilgesellschaft und Verbände sollten angehört werden. Außerdem will die Grünen-Führung die 67 000 Mitglieder in diesem Jahr per Mail um Anregungen bitten. Das neue Programm solle wieder 20 Jahre halten, sagte Parteichef Habeck – also bis ins Jahr 2040.

Seine Ko-Vorsitzende Baerbock forderte, angesichts der sich verschärfenden Klimakrise müssten die Grünen radikale Antworten geben. Das heiße nicht, dass man bei der Forderung nach dem Kohleausstieg immer noch mehr Gigawatt drauflegen müsse. Die Grünen müssten auch versuchen, diejenigen mitzunehmen, die ihrer Politik skeptisch gegenüber stünden. „Wir müssen auch in die Kantine der Stahlarbeiter gehen und mit denen gemeinsam überlegen, wie wir die Hochöfen klimaeffizient kriegen“, sagte sie.

Die Grünen wollen auch wieder über die "Entfremdung von Arbeit" reden

Baerbock mahnte, die Grünen sollten sich auch vor heiklen Debatten in der Außenpolitik nicht drücken. „Wir dürfen niemals zu den Gräueltaten dieser Welt schweigen, auch wenn wir die Antworten nicht auf dem Silbertablett liefern können“, sagte Baerbock mit Verweis auf die aktuelle Situation in Syrien. Und auch wenn Deutschland sich entscheide, dort nicht militärisch einzugreifen, dürfe Sprachlosigkeit niemals das letzte Wort sein. Dann müsse man auch über Möglichkeiten des Völkerstrafrechts diskutieren oder darüber, Konten von Verantwortlichen einzufrieren.

Die Grünen wollen außerdem die Frage aufwerfen, wie der Sozialstaat angesichts der Digitalisierung und der Veränderungen in der Arbeitswelt umgebaut werden muss. „Es gibt neue Arbeitsverhältnisse, aber auch neue Abhängigkeitsverhältnisse“, sagte Habeck. Man müsse in dem Jahr, in dem Karl Marx 200 Jahre alt werde, auch wieder über „die Entfremdung von Arbeit“ reden. Nicht zu vergessen die Frage nach dem Einsatz von Robotern. „Müssen die künftig auch Steuern zahlen?“, fragt Baerbock. „Da können wir Lösungen finden, wenn wir den Mut dazu haben.“ Grünen-Chef Habeck kündigte außerdem an, er wolle den Ordnungsdiskurs nicht den anderen Parteien überlassen – auch wenn seine Partei ansonsten für Freiheit eintrete. „Wir wollen aber auch die Halt-Debatte führen, die Geborgenheitsdebatte, manche sagen, die Heimatdebatte“, sagte Habeck.

Ins Zentrum ihrer Diskussion wollen die Grünen den ersten Satz aus dem letzten Grundsatzprogramm stellen. „Im Mittelpunkt unserer Politik steht der Mensch in seiner Würde und Freiheit“, hieß es dort. „Ein Satz wie ein Ausrufezeichen. Wo haben wir den die ganze Zeit versteckt?“, fragt Habeck.

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