zum Hauptinhalt
Sie tut alles um Schlagzeilen zu vermeiden: Angela Merkel.

© dpa

Angela Merkel: Die Kanzlerin, das rätselhafte Wesen

Nebeneinkünfte, Äußerungen zum Kanzlergehalt und Peerblog: Steinbrück wird so oft kritisiert, dass manche schon an eine Kampagne glauben. Währenddessen fällt über Angela Merkel kaum ein böses Wort – an ihr scheint alles abzuperlen. Wie macht sie das?

Wer an Angela Merkel denkt, der denkt an gefaltete Hände vor dem Bauch, an ein beruhigendes Lächeln und einen Blazer mit großen Knöpfen. Skandale oder grobe Fehltritte? Kaum vorstellbar. Währenddessen hangelt sich Peer Steinbrück von Schlagzeile zu Schlagzeile. Manch einer vermutet dahinter schon eine Kampagne gegen den SPD-Kanzlerkandidaten – viel mehr stellt sich aber doch die Frage, warum gegen Angela Merkel kaum ein böses Wort fällt und an ihr alles abzuperlen scheint.

Das war nicht immer so: In ihrer Zeit als Umweltministerin hatte sie mit massiven Protesten gegen Castortransporte und die Endlagerung von Atommüll zu kämpfen. Weil ihr Ministerium die politische Verantwortung für die Verstrahlung durch Castorzüge trage, forderten die Grünen sie sogar zum Rücktritt auf.

Damals hatte Merkel noch Feinde, über sie wurde geschimpft und an ihr entzündeten sich Diskussionen – und nicht nur über ihre Frisur. Heute macht sie sich allenfalls im Ausland, beispielsweise durch ihren Kurs in der Europolitik, unbeliebt.

Innenpolitisch hatte sie wohl selten einen besseren Stand: 65 Prozent der Bürger sprachen sich Anfang Januar für sie als Regierungschefin aus, für Steinbrück nur 25 Prozent. Selbst unter den Anhängern der Linken wollen mehr als die Hälfte Merkel als Kanzlerin behalten. Was macht diese Frau so unangreifbar?

1. Sie hält die Füße still

Merkels wichtigste Strategie besteht wohl darin, sich zu heiklen Themen erst zu äußern, wenn es unbedingt notwendig ist. Davor hält sie sich zurück. Ob Zuschussrente, Frauenquote oder Steuererhöhungen – bei Diskussionen innerhalb der Union oder Koalition kann es lange dauern, bis Merkel ihre Meinung kundtut. So wissen zwar viele Bürger nicht, wofür Merkel innenpolitisch eigentlich steht, doch so lange sie die Füße stillhält, macht sie sich auch keine Feinde.

2. Sie hat die richtigen Berater

Jeder Schritt, den die Kanzlerin macht, ist genau durchdacht. Sie hat im Kanzleramt einen ganzen Stab von Beratern, allen voran ihr außen- und sicherheitspolitischer Berater Christoph Heusgen, mit dem sie schon seit 2005 arbeitet. Pressesprecher Steffen Seibert sorgt zudem dafür, dass nur die richtigen Nachrichten an die Öffentlichkeit dringen. Beide sind Profis auf ihrem Gebiet. Seibert genießt durch seine Vergangenheit als Fernsehjournalist Vertrauen in der Öffentlichkeit.

Peer Steinbrück war bei der Wahl seiner Mitstreiter nicht immer so geschickt: Sein Online-Berater Roman Maria Koidl warf schon nach zwei Tagen wieder das Handtuch, weil er als Hedgefonds-Berater bei der SPD nicht gut ankam und für Schlagzeilen sorgte.

"Damals war ich noch nicht so perfekt wie heute"

3.  Sie macht keine Experimente

Auch beim Thema Social Media hat Steinbrück eher auf die falschen Leute gehört. Noch im Oktober 2012 kündigte er an, nicht twittern zu wollen. Doch seit Dezember ist er trotzdem bei dem Mikroblogging-Dienst angemeldet. Und nachdem sich der Peerblog, mit dem er angeblich nichts zu tun hatte, als Flop herausstellte, plant die SPD nun anscheinend ein offizielles Blog für Steinbrück.

Merkels Strategie im Internet zeichnet sich dagegen durch Beständigkeit aus – sie setzt auf Facebook und ihren Twitter-Account, letzterer wird von Steffen Seibert bedient. Da gibt es keine Experimente.

4. Sie tut alles, um Schlagzeilen zu vermeiden

Merkels Berater sind an manchen Stellen vielleicht sogar ein bisschen zu gut. Kürzlich machte nämlich das Süddeutsche Magazin den Versuch, den Wählern die Kanzlerin menschlich etwas näher zu bringen. Prominente Deutsche durften ihr Fragen stellen, mal heikler, mal frecher Natur. Herausgekommen ist dabei: nichts. Merkels Antworten waren so weichgespült, dass man dabei nur erfuhr, was man bereits wusste – nämlich dass sie über sich nicht mehr preisgeben wird, als irgend nötig. Das ist zwar nicht sympathisch, hilft aber Schlagzeilen zu vermeiden.

5. Sie wird immer vorsichtiger

Ganz so verschlossen war Angela Merkel nicht immer:  Noch im Jahr 2009 führte sie mit dem Spiegel-Journalisten Alexander Osang ein langes Gespräch. Darin erzählte sie beispielsweise von den Jahren in der DDR und wie die materiellen Entbehrungen sie belasteten. „Man hat immer nur gedacht, wo kriegste jetzt die nächste vietnamesische Bastmatte her?“, berichtete sie. Heute liest man derart spontane Äußerungen von ihr nicht mehr. Vielleicht ist Merkel vorsichtiger geworden. Vielleicht hat sie zu oft miterlebt, wie einzelne Ausrutscher das Aus einer Karriere bedeuten können - sie wird alles tun, damit ihr das nicht passiert.

Dass sie im Laufe der Zeit geschickter darin geworden ist, kritischen Fragen auszuweichen, ist ihr selbst nur zu gut bewusst. Sie hat Jahre gehabt, um an sich selbst zu arbeiten. Pannen gehören der Vergangenheit an. Über ihre Zeit als Umweltministerin sagte sie schließlich im Gorleben-Untersuchungsausschuss: „Damals war ich noch nicht so perfekt wie heute.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false