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Außenminister Mevlüt Cavusoglu drohte den Diplomaten am Donnerstag mit rechtlichen Schritten.

© REUTERS

Nach Putschversuch in der Türkei: Diplomaten suchen Asyl - Außenminister nennt sie "Verräter"

Nach dem gescheiterten Putschversuch widersetzen sich mehrere Diplomaten der Regierung: Sie weigern sich, in die Türkei zurückzukehren.

Mehrere türkische Diplomaten widersetzen sich nach dem gescheiterten Putsch ihrer Zurückbeorderung in die Heimat und suchen Asyl im Ausland. Außenminister Mevlüt Cavusoglu drohte ihnen am Donnerstag mit rechtlichen Schritten. Die Frist ist verstrichen, bis zu der die Diplomaten in die Türkei zurückkehren sollten, um sich den Ermittlungen der Behörden zu stellen. Cavusoglu sagte dem Fernsehsender NTV, zwei türkische Staatsbedienstete in Bangladesch seien nach New York geflohen. Zudem hätten sich zwei in Griechenland stationierte Militärattachés nach Italien abgesetzt. Die türkischen Behörden würden nun Italien um ihre Auslieferung ersuchen, sagte Cavusoglu. "Wir arbeiten daran, die beiden Verräter zurück in die Türkei zu bringen", fügte der Minister hinzu.

Nach den Worten des Außenministers sind mehrere Diplomaten der Türkei auf der Flucht, nachdem sie zur Rückkehr aufgefordert worden waren. Eine genaue Zahl nannte er nicht. So warte die türkische Regierung noch immer auf eine Antwort der USA bezüglich eines türkischen Offiziers, der zu einer Nato-Einrichtung in den USA entsandt worden war und nun in den Vereinigten Staaten um Asyl bitte.

Seit dem Putschversuch am 15. Juli treibt die türkische Führung die von Präsident Recep Tayyip Erdogan angekündigten "Säuberungen" voran. Rund 12.000 Menschen wurden verhaftet. Zehntausende Angehörige von Militär, Justiz, Bildungswesen und Verwaltung wurden suspendiert. Erdogan macht den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen für den Putschversuch verantwortlich.

Erdogan-Anhänger machen Druck auf Unternehmer in Deutschland

Anhänger Erdogans machen nach Recherchen der "Zeit" Stimmung gegen Unternehmer in Deutschland, die der Gülen-Bewegung nahe stehen sollen. Im Internet kursierten Listen von Firmen, bei denen man nicht mehr einkaufen soll, berichtet das Blatt. Gülen, nach einem schweren Zerwürfnis im Jahr 2013 einer von Erdogans Erzfeinden, bestritt die Vorwürfe und verurteilte die Putsch-Aktionen.scharf.

Die Boykott-Listen werden in den sozialen Medien oder über Messaging-Dienste wie Whats-App geteilt. Betroffen seien unter anderem Bauunternehmer, Ärzte, Restaurantbesitzer, Gemüsehändler und Friseure. Unternehmer aus Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg berichteten der Zeitung, dass sie auch Morddrohungen erhalten haben. Ebenso seien sie auf offener Straße angeschrien oder als "Gülen-treue Vaterlandsverräter und Terroristen" bezeichnet worden.

Razzia bei pro-kurdischer Oppositionspartei HDP in Istanbul

In der Türkei geht die Regierung zudem auch weiter gegen die pro-kurdische Oppositionspartei HDP vor. Die türkische Polizei hat im Rahmen einer Großrazzia in der Metropole Istanbul die Bezirkszentrale der HDP durchsucht. Die Sicherheitskräfte seien in der Nacht zu Donnerstag gewaltsam in das Gebäude eingedrungen, sagte die HDP-Sprecherin Bermali Demirdögen der Deutschen Presse-Agentur am Telefon. Im Gebäude habe sich zu dem Zeitpunkt niemand aufgehalten. Technische Ausrüstung, unter anderem Laptops, seien verschwunden.

In der Nacht seien bei weiteren Razzien in Privatwohnungen 17 Menschen festgenommen worden, ob darunter HDP-Mitglieder seien, sei noch unklar. Die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu meldete 17 Festnahmen in einer Operation gegen die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK in Istanbul. Das HDP-Büro sei demnach durchsucht worden, weil die Polizei dort Verdächtige vermutete.

Die türkische Führung wirft der HDP vor, der verlängerte Arm der PKK zu sein. Die HDP streitet das ab. Die Regierung macht die PKK für zwei schwere Anschläge in der Süddosttürkei vom Mittwochabend verantwortlich. Bei zwei separaten Attentaten in Mardin und der Kurdenmetropole Diyarbakir wurden nach neuesten Angaben acht Menschen getötet und zahlreiche weitere verletzt, darunter Zivilisten. Die Anschläge zielten auf Sicherheitskräfte. Die HDP verurteilte die Attentate via Twitter. (dpa/AFP)

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