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Präsident Macron nimmt am liebsten alles selbst in die Hand - nun schafft er das diplomatische Corps ab.

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Macron schafft Diplomatisches Corps ab: Diplomatie ohne Diplomaten

Frankreichs Präsident will den öffentlichen Dienst reformieren - die Auflösung des Auswärtigen Dienstes ist jedoch eine Reform zu viel. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Andrea Nüsse

Viel wurde zuletzt in Frankreich der Machtverlust der eigenen Außenpolitik debattiert: Ob im Mittleren Osten oder in Afrika – unter dem energischen Präsidenten Macron verliert Frankreich selbst in seinen ehemaligen Kolonien oder Protektoraten weiter an Einfluss. Auch der heiße Draht Macrons zum russischen Präsidenten Putin hat wenig Greifbares gebracht.

Und genau in diese Lage hinein tritt nun, wenige Tage vor der Stichwahl im Präsidentschaftswahlkampf, einer der umstrittensten Teile von Macrons Reform des öffentlichen Dienstes in Kraft: Das Diplomatische Corps als eigenständige Einheit mit eigenen Ausbildungswegen wird aufgelöst.

Etwa 800 hohe Beamte werden damit einem allgemeinen Personalpool zugeschlagen, aus dem der öffentliche Dienst für alle höheren Staatsposten rekrutiert. Zukünftige Karrieren beginnen dann vielleicht im Innenministerium oder in einer Präfektur, bevor man Botschafter in Niger wird.

Das kommt einer Revolution gleich

Angesichts der Tradition der französischen Diplomatie, die immer noch die drittgrößte nach der amerikanischen und der chinesischen ist, bedeutet das eine Revolution. Größere Offenheit, mehr Durchlässigkeit und verschiedene Zugangsmöglichkeiten zum höheren öffentlichen Dienst sind die Gründe, die Macron anführt, der bereits die Eliteschule ENA aufgelöst hat, weil sie Eliten immer gleicher Herkunft reproduziert. Das war mutig und progressiv.

Aber jetzt entsteht auch der Eindruck, dass dem Präsidenten Macron ein zu eigenmächtiger Quai D’Orsay (Sitz des Außenministeriums) ein Dorn im Auge ist.

Hat der Präsidentenpalast doch mehrfach außenpolitische Dossiers an sich gerissen, dann aber durch Ungeschicklichkeit oder mangelnde Methodik viel zunichte gemacht. Beispiel Libanon, wo Macron nach der Explosion im Hafen von Beirut auftrat und die überfälligen innenpolitische Reformen in Libanon versprach, die er aber natürlich nicht durchsetzen konnte .

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob die Abschaffung der Eigenständigkeit des diplomatischen Dienstes sinnvoll ist, oder ob Diplomatie nicht doch ein eigenes Metier ist, das auf mehreren Posten erlernt wird, wo man Fachkenntnisse vertieft, wenn man mehrfach in der gleichen Region eingesetzt wird. Mehr Offenheit beim Zugang zu diesem Corps kann man auch anders erreichen.

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