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Ein Bundeswehrsoldat präsentiert den Counter UAV Jammer HP 47 bei der Leistungsschau Drohnenabwehr am zweiten Tag der Großübung „Red Storm Bravo“. Ziel ist es dabei, die Abläufe zwischen Bundeswehr und zivilen Behörden besser einzuspielen.

© picture alliance/dpa/MARCUS GOLEJEWSKI

Drohnen-Alarm: Hybride Gefahren erfordern hybriden Schutz

Die neuen Bedrohungen verbieten einen Rückfall in uralte Diskussionsmuster. Justizministerin Stefanie Hubig (SPD) sollte ihre Warnung vor einem Einsatz der Bundeswehr im Innern überdenken.

Daniel Friedrich Sturm
Ein Kommentar von Daniel Friedrich Sturm

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Kopenhagen, Oslo, Kiel, Rostock, Rotterdam, Hamburg – an Flughäfen, Seehäfen oder Militäranlagen in all diesen Städten herrschte seit Ende September Drohnen-Alarm. Fast täglich wird die Liste länger. Deutschland erlebte ein unruhiges Einheits-Wochenende.

Gleich an zwei Tagen hintereinander wurde der Flugverkehr in München unterbrochen. Reisende mussten an Terminals übernachten. Es kam noch zu Verspätungen, als der Flugverkehr längst wieder begonnen hatte.

Deutschland und das westliche Europa erleben, wie sensibel die eigene kritische Infrastruktur ist, und wie vergleichsweise einfach es ist, sie zu schwächen, gar lahmzulegen. Mit geringem Aufwand können kleine, ein paar hundert Euro billige und technisch simple Drohnen fern gesteuert ihr Unwesen treiben – an Flug- oder Seehäfen, Bahnhöfen, Bahnstrecken, Kraftwerken, Militär- und Rüstungseinrichtungen. Dem Radar entgehen sie meistens. Deutschland, der Westen ist verletzlich.

Gewiss, nicht jede Drohne, die jüngst gesichtet wurde, dürfte im Auftrag des Kremls gesteuert worden sein. Doch jede Störung, jeder ausfallende Flug und vor allem jede Verunsicherung der Bevölkerung kommt Wladimir Putin entgegen.

© Imago/Political-Moments

Wir sind nicht im Krieg, aber wir sind auch nicht mehr im Frieden.

Friedrich Merz, Bundeskanzler

Russland will den Menschen im Westen, zumal in Deutschland Angst machen, will die ohnehin fragile Einheit Europas bei der Unterstützung der Ukraine zerstören. Dass in Prag, wo 1968 sowjetische Panzer die Sehnsucht nach Demokratie beerdigten, künftig wohl ein Pro-Putin-Mann regieren wird, passt ins Drehbuch des Kremls.

„Wir sind nicht im Krieg, aber wir sind auch nicht mehr im Frieden“, hat der Bundeskanzler vor einer Woche gesagt. Friedrich Merz hat damit die hybride Kriegsführung Russlands gegen den Westen auf den Punkt gebracht.

Es wäre allerdings schön gewesen, hätte er es nicht bei der Analyse belassen, sondern die von seiner Regierung geplanten Konsequenzen dieses dramatischen Befundes erläutert. Gefahren zu analysieren ist Sache kundiger Wissenschaftler, Experten, Journalisten. Ein Kanzler aber muss erklären, was seine Regierung tut oder zumindest plant, um der Gefahren Herr zu werden.

Zur Ehrlichkeit gehört, dass eine umfassende Garantie für Flughäfen, Häfen, Bahnhöfe, Kraftwerke, Kaserne und Verkehrsadern kaum zu erreichen ist. „Abschießen statt abwarten“ – diese plumpe Parole von CSU-Chef Markus Söder wird der Gefahr nicht gerecht.

Es gibt keine eindimensionale Antwort auf mehrdimensionale Bedrohungen. Und es wäre schön, wenn die Regierungsparteien (die CSU regiert bekanntermaßen in Bayern wie im Bund) darauf verzichteten, Erwartungen zu wecken, die sie am Ende nur enttäuschen können.

© dpa/Michael Kappeler

Bei Drohnenangriffen im Innern ist die Polizei gefragt.

Stefanie Hubig, Bundesjustizministerin

Ein kluge, differenzierte, also weniger Söderhafte Antwort auf die Drohnen-Gefahren darf man vom Nationalen Sicherheitsrat erwarten, den Merz vorangetrieben und im Bundeskanzleramt hatte installieren lassen. Ein erster Schritt wäre es, den Menschen in Deutschland darzulegen, welche Gefahren die Bundesregierung sieht – und mit welchen Maßnahmen sie sie einhegen will.

Was das Land nicht braucht, sind Rückfälle in bequeme, uralte Diskussionsmuster. Hier verharrt Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) mit ihrer Warnung vor einem Einsatz der Bundeswehr im Innern. Es ist keine Zeit für Folklore. „Bei Drohnenangriffen im Innern ist die Polizei gefragt“, sagt Hubig. Was bitte soll diese fast schon apodiktische Festlegung?

Niemand in Deutschland kommt auf die Idee, dass diese Regierung die Bundeswehr missbräuchlich im Innern einsetzen will. Beim Kampf gegen Hochwasser, ob an Elbe oder Ahr, und gegen Corona war die Bundeswehr – im Rahmen der Amtshilfe – engagiert.

Und bei Drohnenangriffen soll sie das nun, sofern die (Bundes-)Polizei darum bittet, nicht dürfen? Hier sollte die SPD, die einst die Beschaffung von Drohnen für die Bundeswehr zu hintertreiben versuchte und heute doch das Land „kriegstüchtig“ machen will, noch einmal in sich gehen. Am besten schnell. Hybride Bedrohungen erfordern im Zweifel hybrid organisierte Reaktionen.  

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