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Stavros Dimas war in Brüssel EU-Umweltkommissar.

© AFP

Griechenland: Ehemaliger EU-Kommissar soll neuer Präsident werden

Es soll ein Befreiungsschlag sein: Mit der vorgezogenen Wahl eines neuen Staatspräsidenten will der griechische Premierminister Antonis Samaras für klare Verhältnisse sorgen. Ob ihm das gelingt, ist aber ungewiss. Findet sich im Parlament keine Mehrheit für seinen Kandidaten Stavros Dimas, steht Griechenland vor Neuwahlen und einem möglichen Sieg der radikalen Linken.

Für die Abgeordneten des griechischen Parlaments fallen damit die Weihnachtsferien aus. Am 17. Dezember beginnt die Prozedur zur Wahl eines neuen Staatspräsidenten. Sie dürfte sich bis Ende Dezember hinziehen. Die Amtszeit des derzeitigen Staatsoberhaupts Karolos Papoulias läuft zwar erst Anfang März aus, und regulär hätte die Wahl eines Nachfolgers im Februar stattfinden sollen. Aber Ministerpräsident Samaras und sein Vizepremier Evangelos Venizelos entschieden jetzt überraschend, die Wahl vorzuziehen.

New York, Brüssel, Athen: Die Stationen des Kandidaten

Als Kandidaten für das höchste Staatsamt nominierte die Regierung am Dienstag den 73-Jährigen Stavros Dimas. Nach dem Abschluss des Jurastudiums in New York arbeitete Dimas bei der Weltbank, bevor er Ende der 1970er Jahre in die griechische Politik ging. Dimas amtierte unter anderem als Handels-, Landwirtschafts- und Energieminister, bevor er 2004 als EU-Umweltkommissar nach Brüssel ging. Von 2011 bis 2012 war er griechischer Außenminister.

„Stavros Dimas ist eine Persönlichkeit, die Respekt, Vertrauen und Einigkeit inspiriert“, sagte Ministerpräsident Samaras am Dienstag in einer Fernsehansprache. Mit der vorgezogenen Präsidentenwahl wolle die Regierung „die politische Stabilität wiederherstellen“. Griechenland steckt in schwierigen Verhandlungen mit der Troika über einen Abschluss des Hilfsprogramms und die Einrichtung einer Kreditlinie des Euro-Rettungsfonds ESM.

Dimas Wahl hängt von den Splitterparteien ab

Ob Dimas die Wahl gewinnen kann, ist aber offen. Im ersten Wahlgang muss ein Präsidentschaftskandidat mindestens 200 der 300 Stimmen im Parlament auf sich vereinigen. Auch im zweiten Durchgang, der am 23. Dezember stattfinden könnte, ist eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Sie dürfte aber nicht erreicht werden, da die Oppositionsparteien mit einer gescheiterten Präsidentenwahl Neuwahlen zum Parlament erzwingen möchten. Im dritten Wahlgang, der am 29. Dezember stattfinden soll, reichen 180 Stimmen. Die Regierungskoalition verfügt über 155 Stimmen, müsste also für eine erfolgreiche Präsidentenkür mindestens 25 Stimmen aus dem Lager der unabhängigen Abgeordneten und von Abweichlern aus den Reihen der Opposition hinzugewinnen. Unmöglich ist das nicht. Denn viele Unabhängige und Abgeordnete kleiner Splitterparteien müssen fürchten, bei Neuwahlen nicht wieder ins Parlament zu kommen. Ihnen dürfte daher nicht an einem vorzeitigen Ende der Legislaturperiode gelegen sein.

Auch Neuwahlen sind möglich

Glückt die Präsidentenwahl, kann Samaras theoretisch bis Mitte 2016 weiterregieren. Er ginge dann auch gestärkt in die Fortsetzung der Troika-Verhandlungen. Findet sich dagegen keine Mehrheit für Dimas, steht Griechenland Anfang Februar vor Neuwahlen. Wahrscheinlicher Gewinner wäre der radikal-linke Oppositionsführer Alexis Tsipras. Er will die Kreditverträge aufkündigen, Löhne und Renten erhöhen, neue Jobs im Staatsdienst schaffen und Privatisierungen zurückdrehen.
Die Aussicht auf einen Sieg der radikalen Linken verunsichert die Anleger: Die Athener Börse stürzte am Dienstag um fast zehn Prozent ab, auch die Kurse der griechischen Staatsanleihen gingen auf steile Talfahrt.

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