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Des einen Leid ...

© Rolf Vennenbernd/dpa

Karneval fällt aus: Ein Kollateralnutzen der Pandemie

Nichts findet statt an diesem 11.11. - kein Karneval, kein Musical "Tarzan", kein Männerkreis, kein Skatabend. Ist das wirklich schlimm? Eine Glosse.

Malte Lehming
Eine Glosse von Malte Lehming

Stand:

Das Schönste an einem ausgedehnten Bummel durch ein Luxuskaufhaus ist der Moment ganz am Ende, wenn die innere Stimme sagt: Ach, wie wunderbar ist es doch, was der Mensch alles nicht braucht!

An diesem Mittwoch, dem 11. 11., wäre Karnevalsbeginn gewesen, mit Büttenreden, Schunkeleien, den Jecken, feucht-fröhlichen Umzügen, viel Alkohol, Umarmungen fremder Menschen und lustigen „Prosit-der-Gemütlichkeit“-Gesängen.

Während des Karnevals prasseln allein in Köln von den Umzugswagen 330 Tonnen Bonbons, 700.000 Schokoladentafeln und 220.000 Pralinenschachteln herunter. Doch in diesem Jahr wird daraus nichts, wegen Corona. „Diesmal wird nicht geschunkelt, diesmal wird nicht getanzt, bleibt bitte alle zu Hause“, sagt Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Aus norddeutscher Sicht ist das eine Art Kollateralnutzen der Pandemie.

Worauf muss sonst noch an diesem Mittwoch verzichtet werden? Da ist das Musical „Tarzan“ im Stadttheater Minden, in dem „fantasievolle Kostüme sowie atmosphärische Lichteffekte die Zuschauer in eine farbenträchtige Dschungelwelt“ hätten entführen sollen. 

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Oder die Zaubershow der aus Ostwestfalen-Lippe stammenden „Ehrlich Bro- thers“ in der Wunderino-Arena in Kiel. Nun werden auf der Bühne keine Eisenbahnschienen mit bloßen Händen verformt, und die Magier werden nicht innerhalb von Sekunden Bäume sprießen lassen, an denen sogar Früchte wachsen.

Der Gaming-Nachmittag in Geislingen - auch abgesagt

Abgesagt wurde auch die „Offene Meditation“ im Buddha-Haus in München und der Männerkreis in der Christuskirche in Neunkirchen. Ausfallen müssen der gemütliche Skatabend im „Friesland Bowling“ in der ostfriesischen Stadt Heidmühle und der Gaming-Nachmittag in der Stadtbücherei Geislingen unter dem Motto: „Daddeln, Zocken, Gamen – wie auch immer du es nennst – macht viel Spaß.“ 

Im Seminarhaus Seidlhof in Gräfelfing in Oberbayern war wiederum ein Vortrag von Alina Twerski und Michaela Moosner vom Lehrstuhl für Renaturierungsökologie der TU München zum Thema „Ackerwildkräuter“ geplant. Auch der fällt aus.

Mag sein, dass die Welt ein wenig ärmer wird ohne Karneval, gemütliche Skatabende und Tarzan-Musicals. 

Was aber wirklich schmerzt, wird die Ruhe am Mittwochabend sein, wenn keine Scharen von Kindern mit bunten Laternen und leuchtenden Augen durch dunkle Straßen ziehen und St.-Martins-Lieder singen. Wenn vor Kirchen kein Feuer entzündet wird und weder Glühwein noch Gänsebraten die Runde machen. An Corona nervt eben auch – abgesehen von der Krankheit und ihren Folgen – die elende Gleichmacherei.

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