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In dem Prozess gegen Nicolas Sarkozy ging es um Bestechung und unerlaubte Einflussnahme.

© Lionel BONAVENTURE/AFP

Urteil gegen Nicolas Sarkozy: Eine Affäre zu viel

Frankreichs Ex-Präsident wird zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Er stellt sich als Opfer dar. Doch Sarkozy hat nun kaum mehr Chancen auf ein Comeback.

Einer der Polizisten salutierte kurz, als Nicolas Sarkozy am Montag das Gerichtsgebäude in Paris betrat. Offiziell steht dem inzwischen 66-Jährigen der Titel „Monsieur le Président“ zu, von 2007 bis 2012 war er französisches Staatsoberhaupt. Seit dem Ende seiner Amtszeit wird in mehreren Verfahren gegen Sarkozy ermittelt. Jetzt gab es ein Urteil.

Er wurde zu drei Jahren Gefängnis verurteilt, zwei davon sind zur Bewährung ausgesetzt. Für das verbleibende Jahr muss er offenbar auch nicht ins Gefängnis, er kann sie wohl mit einer Fußfessel im Hausarrest verbringen. Das ist ein einmaliger Vorgang in der französischen Nachkriegsgeschichte. Der mittlerweile ergraute Altpräsident nahm das Urteil kommentarlos entgegen. Er will Berufung einlegen.

Vier Jahre Haft gefordert

In dem Verfahren ging es um Bestechung und unerlaubte Einflussnahme. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Haftstrafe von vier Jahren verlangt, davon zwei auf Bewährung. Die Verteidigung forderte Freispruch. „Ich habe niemals die geringste Bestechungstat begangen“, hatte Sarkozy vor Gericht noch einmal geltend gemacht. Seine Frau, Model und Sängerin Carla Bruni, stand ihm bei.

Die beiden waren Hand in Hand erschienen. Selbstbewusst wie in seinen besseren Tagen erklärte Sarkozy: „Ich habe das Vertrauen der Franzosen nie verraten.“ Bruni veröffentlichte Fotos auf Instagram und schrieb dazu: „I stand by my man“, ich stehe zu meinem Mann.

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Die Richter sahen es als erwiesen an, dass der Politiker 2014 über seinen Anwalt versucht hat, von Gilbert Azibert, einem damaligen Generalanwalt beim Kassationsgericht, Ermittlungsgeheimnisse zu erfahren. Der Ex-Präsident soll dafür angeboten haben, Azibert bei der Bewerbung um einen Posten in Monaco zu unterstützten.

Abgehörte Telefonate

Aufgeflogen ist der Deal durch abgehörte Telefongespräche von Sarkozy mit seinem Anwalt Thierry Herzog. Bei den Informationen, die sich Sarkozy beschaffte, ging es um das Verfahren Bettencourt. Darin wurde Sarkozy vorgeworfen, illegale Spendengelder von der schwerreichen L’Oréal-Erbin Liliane Bettencourt angenommen zu haben. Dieses Verfahren ist inzwischen eingestellt.

Bedeutungsvoll ist der Urteilsspruch nicht nur für Sarkozy selbst, sondern darüber hinaus für die französische Politik insgesamt. Bislang wurde vermutet, dass der Politiker gern in den Élysée-Palast zurückkehren würde. Offiziell hat er sich 2016 aus der Politik zurückgezogen, aber manchen Konservativen gilt er noch immer als Hoffnungsträger. In der Öffentlichkeit spielt Sarkozy jedenfalls eine Rolle. Seine Bücher verkaufen sich gut und ein zahlreiches Publikum applaudiert, wo immer er auftaucht. Immer wieder wird deshalb über ein Comeback des Politikers spekuliert. Die Verurteilung hat die Hoffnung auf eine Rückkehr ins Präsidentenamt wohl zerschlagen – selbst wenn er in Berufung geht.

Eine Reihe von Affären

Nur ein ehemaliges Staatsoberhaupt hatte sich vor Sarkozy der französischen Justiz stellen müssen. Jacques Chirac, der Vorgänger Sarkozys, war 2011 von einem Pariser Gericht wegen Vertrauensbruchs und der Veruntreuung öffentlicher Gelder schuldig gesprochen und zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt worden. Er hatte in seiner Zeit als Pariser Bürgermeister 28 Mitarbeiter aus der Stadtkasse bezahlt, die gar nicht in der Stadtverwaltung arbeiteten, sondern zu seinem Wahlkampfteam gehörten.

Nun also Sarkozy. Der hat in seiner Amtszeit durch eine Reihe von Affären für Schlagzeilen gesorgt. Diesen konnte sich die Justiz erst annehmen, als er aus dem Amt geschieden war – Präsidenten genießen auch in Frankreich Immunität.

Sarkozy war als Staatsoberhaupt nicht wirklich beliebt. Geradezu beschimpft wurde er als „Präsident der Reichen“, weil er seine Nähe zur Oberschicht geradezu zelebrierte, durch teure Reisen und teure Uhren auffiel. Der „Bling-Bling-Präsident“. Durch seine Beziehung zu Carla Bruni, die er 2008 in dritter Ehe heiratete, wurde er zum Liebling der Klatschzeitungen.

Weiterer Prozess im März

Im Hintergrund ist Sarkozy immer noch aktiv. Er gilt als Vertrauter von Amtsinhaber Emmanuel Macron, häufig wurde er schon mit ihm gesehen. Einige von Sarkozys ehemaligen Mitstreitern haben hohe Posten in Macrons Regierung. Premierminister Jean Castex war Sarkozys Berater und Innenminister Gérald Darmanin gilt als politisches Ziehkind Sarkozys.

Mit der Verurteilung sind Sarkozys Probleme mit der Justiz nicht beendet. Ab 17. März soll es einen weiteren Prozess geben. Dann geht es um die Finanzierung seiner erfolglosen Wahlkampagne 2012. Außerdem wird seit Jahren wegen angeblicher Zahlungen Libyens im Wahlkampf 2007 ermittelt. Sarkozy wird verdächtigt, seinen Erfolg auch dem damaligen Diktator Muammar al Gaddafi und dessen Spende von 50 Millionen Euro zu verdanken.

Sarkozy bezeichnete die Vorwürfe als „Infamie“ und „Niedertracht“. Kurz nach dem Wahlsieg empfing er Gaddafi in Paris. Der baute sein beheiztes Beduinenzelt in unmittelbarer Nähe des Élysée-Palastes auf. Gaddafis Sohn Saif al Islam bestätigte später die Spende mit den Worten, der Franzose sei „ein Clown, dessen Wahlkampf Libyen finanziert hat“.

Sarkozy stellt sich in allen Affären als das Opfer dar. Die Justiz habe sich gegen ihn verschworen, behauptet er; es sei ein einziges juristisches Komplott.

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