
© Uncredited/Pressebüro des ukrainischen Präsidenten via AP/dpa
Union kritisiert Ampel-Koalition: „Eine krasse Fehlentscheidung“
Nach dem Willen der Union soll der Bundestag direkt nach der Rede des ukrainischen Präsidenten am Donnerstag über den Krieg debattieren. Die Ampel hält das für unnötig.
Stand:
Im Zusammenhang mit der Videoansprache des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj an den Bundestag am Donnerstag wirft die Union der Ampel-Koalition mangelnde Sensibilität im Umgang mit dem russischen Angriffskriegs vor.
Selenskyj soll von Kiew aus zugeschaltet werden und zu den Abgeordneten sprechen. Die Unionsfraktion hatte sich für eine direkt an seine Rede anschließende Debatte des Bundestages über den Krieg und seine Folgen für Deutschland und Europa ausgesprochen, was die Ampelfraktionen jedoch ablehnten.
„Die Koalitionsfraktionen blicken mit wenig Gespür auf den Angriffskrieg"
„Der Bundestag gibt ein schlechtes Bild ab, wenn wir nach der Ansprache des ukrainischen Präsidenten einfach zur Tagesordnung übergehen und über die Impfpflicht debattieren“, sagte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, Thorsten Frei (CDU), dem Tagesspiegel: „Das ist eine krasse Fehlentscheidung.“
Diese zeige, „mit wie wenig Gespür die Koalitionsfraktionen auf den verbrecherischen Angriffskrieg blicken“. Seine Ansicht nach wäre es angemessen gewesen, zumindest eine vereinbarte Debatte zu führen. „Wir müssen diese Woche den Fokus stärker auf den brutalen Völkerrechtsbruch richten, der sich direkt vor der Haustür der EU ereignet“, verlangte der CDU-Politiker. Fraktionsvize Johann Wadephul (CDU) schrieb auf Twitter, der Ablauf im Plenum am Donnerstag sei "eine Respektlosigkeit gegenüber der #Ukraine". CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen nennt die Entscheidung ebenfalls auf Twitter „respekt- und würdelos“.
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Aus den Ampel-Fraktionen hieß es, das Thema werde keinesfalls stiefmütterlich behandelt, denn für den Mittwoch sei eine Aktuelle Stunde zum Krieg gegen die Ukraine und seinen Folgen für Deutschland und Europa angesetzt worden.
Zudem werde am Donnerstag auf Wunsch der Union nun eine weitere Aktuelle Stunde dazu angesetzt. Zudem sei noch nie nach einer Rede eines ausländischen Staatsoberhaupts im Bundestag über deren Inhalte debattiert worden, auch um deren Aussagen nicht zu entwerten.

© Carsten Koall/dpa
In der Unionsfraktion gibt es Vermutungen, die Ampel wolle sich dem moralischen Druck entziehen, die eine unter Lebensgefahr gehaltene Rede des ukrainischen Präsidenten auf die Debatte entfalten könnte. CDU und CSU gehen davon aus, dass SPD und Grüne die von Kanzler Olaf Scholz verkündete massive Aufrüstung der Bundeswehr und die Waffenlieferungen an die Ukraine innerlich ablehnen. "Selenskyj spricht aus seiner Sandsack-Stellung zu den Abgeordneten, im Hintergrund schlagen die Bomben ein, und wir reden anschließend über die Impfpflicht – das passt nicht zusammen“, hieß es.
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Bestätigt sehen dürfte sich die Unionsfraktion durch einen Tweet des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesministerium für Wohnen, Sören Bartol (SPD). Darin hatte dieser den ukrainischen Botschafter in Berlin, Andrej Melnyk, attackiert. „Ich finde diesen ,Botschafter' mittlerweile unerträglich. So verhält man sich nicht gegenüber einem befreundeten Land. Und vor allem nicht gegenüber einem Kanzler, einer Bundesregierung, die gerade der Ukraine gemeinsam mit dem Deutschen Bundestag hilft. #Respektlosigkeit", schrieb der SPD-Politiker. Nach heftiger Kritik an seiner persönlichen Attacke löschte Bartol den Tweet und entschuldigte sich ebenfalls auf Twitter bei Melnyk.
Der ukrainische Botschafter wirft der Bundesregierung vor, mit der Verweigerung von mehr Waffenlieferungen wie etwa Kampfflugzeugen und ihrem Widerstand gegen eine Flugverbotszone der Nato in der Ukraine sein Land im Stich zu lassen.
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hatte am Dienstagmittag das Angebot zur Rede an Selenskyj begründet. Wenn der Präsident „in dieser bedrohlichen Situation“ vor dem Bundestag reden wolle, so stellten man ihm „diese öffentliche Adresse“ zur Verfügung, sagte er vor der Sitzung der SPD-Bundestagsfraktion.
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