zum Hauptinhalt
Die Vize-Chefin der EU-Kommission, Vera Jourová, pocht vor der Auszahlung der Brüsseler Milliarden auf Bedingungen.

© Johanna Geron/AFP

Update

Entspannung im Rechtsstaats-Streit: Brüssel billigt Polens Plan für Corona-Milliarden

Brüssel lenkt im Rechtsstaats-Streit ein. Laut der Vize-Präsidentin der Kommission, Vera Jourová, fließen damit aber noch nicht automatisch EU-Gelder.

Im langjährigen Streit um Polens Justizreform zwischen der nationalkonservativen Regierung in Warschau und der EU-Kommission zeichnet sich eine Entspannung ab. Die Brüsseler Behörde habe den so genannten Wiederaufbauplan Polens gebilligt, was als Voraussetzung für die Auszahlung von Corona-Hilfen in Höhe von insgesamt 36 Milliarden Euro gilt, bestätigte EU-Kommissar Paolo Gentiloni am Mittwochabend. Das Geld kann allerdings erst dann fließen, wenn die EU-Kommission die verlangten rechtsstaatlichen Reformen erfüllt sieht. Die Entscheidung, den polnischen Wiederaufbauplan anzunehmen, war am Mittwoch innerhalb der Kommission umstritten. Bei einer Abstimmung votierten mehrere EU-Kommissare gegen die Billigung des Plans.

[Alle aktuellen Nachrichten zum russischen Angriff auf die Ukraine bekommen Sie mit der Tagesspiegel-App live auf ihr Handy. Hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen.]

Am vergangenen Donnerstag hatte das polnische Parlament ein Gesetz zur Abschaffung der Disziplinarkammer beschlossen. Die umstrittene Kammer am Obersten Gericht in Warschau ermöglicht es bislang, dass politisch missliebige Richter und Staatsanwälte aus dem Dienst entlassen werden können. Kritiker befürchten allerdings, dass sich an dieser Praxis nichts ändert, weil eine neue „Kammer für berufliche Verantwortung“ ebenfalls für eine politische Kontrolle sorgen könnte.

Jourová: Entlassene Richter müssen wieder eingesetzt werden

Die Vize-Präsidentin der EU-Kommission, Vera Jourová, wies darauf hin, dass Polen Bedingungen wie die Wiedereinsetzung von entlassenen Richtern erfüllen müsse. Diese Bedingungen würden als so genannte Meilensteine im polnischen Wiederaufbauplan verankert, sagte sie dem Tagesspiegel. „Die Billigung des Wiederaufbauplans ist nur der erste Schritt“, so Jourová. „Polen wird  erst dann Gelder erhalten, wenn die Bedingungen erfüllt sind.“ Die Vizepräsidentin kündigte an, dass die EU-Kommission deren Einhaltung sehr genau überwachen werde.

Jourová erinnerte zudem daran, dass der Brüsseler Behörde mehrere Instrumente zur Überwachung der Rechtsstaatlichkeit wie etwa Vertragsverletzungsverfahren zur Verfügung stehen. Davon werde die EU-Kommission auch in Zukunft Gebrauch machen, „so lange wir Bedenken zur Unabhängigkeit der Justiz in Polen haben“. „Es gibt weder ein Tauschgeschäft, noch einen Blankoscheck“, sagte Jourová.

Von der Leyen wird in Warschau erwartet

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wird an diesem Donnerstag in Warschau erwartet, um dort eine Vereinbarung über die Meilensteine zu unterzeichnen. In EU-Kommissionskreisen wurde allerdings auch betont, dass der Wiederaufbauplan Vorkehrungen für den Fall vorsehe, dass demnächst in Polen erreichte Reformen zur Unabhängigkeit der Justiz wieder zurückgedreht würden. In diesem Fall sehe eine Revisionsklausel eine Rückzahlung von EU-Geldern vor, hieß es.  

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false