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Bettina Stark-Watzinger, Bundesministerin für Bildung und Forschung

© Imago/Chris Emil Janssen

Update

Erster deutscher Ministerbesuch seit 26 Jahren: Bildungsministerin Stark-Watzinger will 2023 nach Taiwan reisen

Stark-Watzinger will im Frühjahr den Inselstaat besuchen. Die FDP diskutiert zudem Möglichkeiten, Taiwans Außenminister nach Deutschland einzuladen.

| Update:

Bundesbildungs- und Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) will 2023 nach Taiwan reisen. Das gab der FDP-Abgeordnete Peter Heidt am Montagabend bei einer Podiumsdiskussion in Berlin bekannt.

„Diese Reise ist sehr wichtig, denn wir wollen die Beziehungen zu Taiwan ausbauen“, sagte Heidt dem Tagesspiegel. „Der Bildungs-, aber auch der Forschungs- und Digitalbereich sind da entscheidend.“

Zudem habe der Besuch, der für das Frühjahr vorgesehen sei, enorme symbolische Bedeutung und sei auch ein Signal an China. „Wir machen damit deutlich, dass Taiwan für uns ein wichtiger Partner ist und es eine Änderung des Status Quo in der Taiwanstraße nicht mit Gewalt geben darf“, sagte der Parlamentarier. „Wir zeigen, dass wir selbstbewusst genug sind, mit Taiwan auch auf dieser Regierungsebene über den Ausbau der Beziehungen zu sprechen.“

Taiwan hat nie zur Volksrepublik China gehört. Dennoch erhebt Peking Herrschaftsanspruch über den demokratischen Inselstaat und behält sich vor, diesen mit Gewalt durchzusetzen. Fast täglich überfliegen chinesische Kampfjets die Medianlinie der Taiwanstraße, die als inoffizielle Grenze gilt.

Das Ministerium will die Reise weder bestätigen noch dementieren

Das Bildungsministerium wollte die geplante Visite auf Anfrage am Dienstag weder offiziell bestätigen noch dementieren. Stark-Watzingers Reise wäre der erste deutsche Ministerbesuch in der Inselrepublik seit 1997. Damals reiste Wirtschaftsminister Günter Rexrodt (FDP) in das ostasiatische Land. Zuvor war Rexrodt bereits 1994 sowie sein Amtsvorgänger Jürgen Möllemann (FDP) 1992 Taiwan gereist.

Im November hatte Stark-Watzinger ihren taiwanesischen Amtskollegen Wu Tsung-Tsong in Berlin empfangen. In derselben Woche war auch Franziska Brantner (Grüne), Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium, nach Taiwan gereist. Beide Besuche wurden eher zurückhaltend kommuniziert.

Taiwan braucht nicht nur Deutschlands Unterstützung viel stärker, auch Wissenschafts- und Wirtschaftskooperationen sind heute deutlich aussichtsreicher.

Thorsten Benner, Global Public Policy Institute

Es gibt immer wieder Stimmen, die von ranghohen Besuchen in Taiwan abraten, um China nicht zu verärgern. Der Politikanalyst Thorsten Benner betont dagegen, entscheidend sei der Wille der taiwanesischen Seite. „Wenn 1997 der deutsche Wirtschaftsminister den Weg nach Taiwan finden konnte, gibt es keinen Grund, warum 2023 nicht wieder ein Besuch möglich sein sollte. Taiwan braucht nicht nur Deutschlands Unterstützung viel stärker als damals, auch Wissenschafts- und Wirtschaftskooperationen sind heute deutlich aussichtsreicher“, sagt der Direktor des Global Public Policy Institute in Berlin.

In der Ampelkoalition, die gerade eine China-Strategie erarbeitet, habe es über Stark-Watzingers geplante Reise „keinen wirklichen Dissens gegeben“, sagte FDP-Politiker Heidt am Montag im Anschluss an die Veranstaltung der Deutsch-Taiwanischen Gesellschaft sowie der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. Unter anderem hatte dort die Vorsitzende von Taiwans Nationaler Menschenrechtskommission, Chen Chu, gesprochen, die am Mittwoch auch im Menschenrechtsausschuss des Bundestages empfangen werden soll. Chen ist zugleich Präsidentin von Taiwans Kontroll-Yuan, einer mit einem Rechnungshof vergleichbaren Regierungsbehörde.

Die Überlegung ist, ob wir im Universitätsbereich etwas mit Taiwan aufbauen können.

 FDP-Abgeordneter Peter Heidt 

Zum Fokus von Stark-Watzingers vorgesehener Visite sagte Heidt: „Die Bildungsministerin ist ja auch Forschungsministerin und deshalb sehr interessiert daran, wie wir universitäre Verbindungen nach Taiwan knüpfen können. Wir Freien Demokraten sehen die Konfuzius-Institute in Deutschland sehr kritisch“, erklärte er in Bezug auf die teilweise vom chinesischen Parteistaat gelenkten Institute an deutschen Universitäten. „Trotzdem bleibt natürlich das Erlernen der chinesischen Sprache und das Verstehen der Kultur wichtig. Die Überlegung ist, ob wir im Universitätsbereich etwas mit Taiwan aufbauen können.“

Einladung an Taiwans Außenminister?

Heidt sagte zudem, dass eine Einladung des taiwanesischen Außenministers nach Deutschland denkbar sei: „Ich könnte mir schon vorstellen, dass wir ihn einladen.“ Während einer Delegationsreise des Menschenrechtsausschusses im Oktober hatte der Bundestagsabgeordnete Taiwans Außenminister Joseph Wu sowie Staatspräsidentin Tsai Ing-wen in Taipeh getroffen.

Aus Rücksicht auf China pflegen die Spitzen der deutschen Verfassungsorgane (Bundestag, -rat, -präsident, -regierung, -verfassungsgericht) sowie das Außen- und Verteidigungsministerium derzeit keinen Kontakt mit Amtskollegen in Taiwan. Einen Besuch eines taiwanesischen Außenministers in Deutschland gab es noch nie, jedoch hat Wu 2021 Brüssel und Prag besucht. In Berlin war das bislang nicht möglich.

„Vielleicht wäre das zunächst eine Einladung zu einer Veranstaltung und nicht unbedingt ein offizieller Besuch als Außenminister“, sagte Heidt über die Erwägung, zu der es jedoch noch keine konkreten Pläne gebe. „Das könnte zum Beispiel eine Einladung einer Stiftung zu einem Panel über Südostasien sein.“

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