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Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der Techniker Krankenkasse, nimmt an einer Pressekonferenz teil.

© dpa/Hannes P Albert

„Erwarte 2026 viele Beitragserhöhungen“: Chef der Techniker Krankenkasse sieht neue Belastungen für Versicherte

Der Bundesrat hat das Sparpaket von Gesundheitsministerin Warken gestoppt. Schlecht für die Beitragszahler, sagt TK-Chef Baas. Er forderte dringend Reformen – und ist gegen eine neue Praxisgebühr.

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Der Bundesrat hat am Freitag das bereits vom Bundestag beschlossene Sparpaket von Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) gestoppt und in den Vermittlungsausschuss geschickt. Die Bundesländer wollen damit verhindern, dass Ausgaben bei Kliniken gebremst werden. Die gesetzlichen Kassen stehen damit nun vor dem Problem, wie sie Zusatzbeiträge festlegen. Der Chef der Techniker Krankenkasse (TK), Jens Baas, zeigt sich enttäuscht von der Entscheidung der Länderkammer.

„Das Sparpaket war ohnehin schon viel zu klein, um die Beiträge zum Jahreswechsel zu stabilisieren. Dass jetzt sogar diese Minimal-Einsparung auf der Kippe steht, ist ein fatales Signal für Millionen Beitragszahler und die deutsche Wirtschaft“, sagte der Vorstandsvorsitzende der TK, die mit zwölf Millionen Versicherten die größte deutsche Krankenkasse ist, der „Rheinischen Post“.

Die Länder hatten die Einsparungen von 1,8 Milliarden Euro bei den Kliniken kritisiert und befürchten massive Belastungen im Krankenhausbereich. 

Wenn wir nicht rasch Reformen anschieben, werden wir schon in wenigen Jahren bei einem Gesamtbeitrag von 20 Prozent und mehr nur für die Krankenversicherung liegen. Ein Wahnsinn.

Jens Baas, TK-Chef

Nun werde sich der Druck auf die Beiträge noch erhöhen, sagte Baas. Selbst wenn im Vermittlungsausschuss ein Kompromiss gefunden würde, dürfte das zu spät kommen, um noch bei den Beitragsberechnungen für 2026 berücksichtigt werden zu können, meint er: „Die Konsequenz wäre, dass die Beitragssätze im Schnitt noch einmal steigen würden.“

„Faktisch dürfte der durchschnittliche Zusatzbeitrag 2026 die Drei-Prozent-Marke überschreiten“, sagte Baas weiter. „Wenn wir nicht rasch Reformen anschieben, werden wir schon in wenigen Jahren bei einem Gesamtbeitrag von 20 Prozent und mehr nur für die Krankenversicherung liegen. Ein Wahnsinn.“

Die Krankenkassen und die Opposition hatten schon vor der Entscheidung im Bundesrat vor absehbaren Anhebungen der Zusatzbeiträge 2026 gewarnt, da viele Kassen Reserven auf vorgeschriebene Mindestwerte auffüllen müssen.

Baas wie Warken gegen Comeback der alten Praxisgebühr

Baas machte auch deutlich, dass er nichts von einem Comeback der Praxisgebühr hält: „Die frühere Praxisgebühr hatte jedenfalls keine steuernden Effekte. Bevor wir über Gebühren reden, brauchen wir zuerst ein neues System.“

Der TK-Chef: „Nur über Geld kann man Patientinnen und Patienten nicht sinnvoll steuern. Die Leute gehen nicht aus Spaß zum Arzt, sondern weil sie ein Problem haben. Wir müssen sie dorthin bringen, wo ihnen geholfen werden kann – nach dem Prinzip: digital vor ambulant vor stationär. Das vermeidet unnötige Arztbesuche.“

Baas kritisiert Pharmabranche in Deutschland

Um Kosten zu senken, forderte Baas Einsparungen bei Medikamenten. „Ein höherer Herstellerrabatt auf verschreibungspflichtige Medikamente wäre eine sinnvolle Maßnahme. Mit einer Erhöhung auf 17 Prozent ließen sich bis zu drei Milliarden Euro an Arzneimittelausgaben im Jahr sparen“, sagte der TK-Chef und kritisierte die Branche.

„Die Pharmaindustrie setzt Politik und Gesellschaft unter Druck.“ Bekomme sie keine hohen Preise, werde mit Abwanderung gedroht und die Politik falle darauf herein. Baas betonte, Deutschland habe nach den USA die zweithöchsten Pharmapreise.

Auch Ministerin Warken schloss eine Neuauflage der Praxisgebühr oder gar Gebühren für jeden Arztbesuch aus. Zugleich bekräftigte sie aber Erwägungen für eine Gebühr für Patienten, die ohne Überweisung des Hausarztes zum Facharzt gehen. „Eine pauschale Kontaktgebühr bei jedem Arztbesuch oder quartalsweise für alle halte ich nicht für sinnvoll“, sagte die Ministerin der „Welt am Sonntag“.

„Das Modell von einst hat weder die gewünschte nachhaltige Steuerungswirkung erzielt noch die Bürokratie reduziert“, sagte sie mit Blick auf die von 2004 bis 2012 erhobene sogenannte Praxisgebühr. Der Arbeitgeberverband BDA hatte eine solche Kontaktgebühr bei jedem Arztbesuch gefordert. (lem)

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