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Vor sauerländischer Seekulisse hat die ZDF-Journalistin Diana Zimmermann den Bundeskanzler befragt.

© ZDF/Dominik Asbach

„Es clasht nicht“: Der Kanzler zeichnet das Bild einer normal arbeitenden Koalition

Friedrich Merz hat im ZDF-Sommerinterview erkennbar wenig Lust, über schwarz-rote Probleme zu reden. Er hält viele davon für mediale Übertreibungen.

Stand:

„Darf ich was sagen?“ fragt der Kanzler. Er weiß, dass er als Regierungschef die Medien nicht offensiv kritisieren soll, also bittet er in dem am Sonntagmittag aufgezeichneten ZDF-Sommerinterview um Erlaubnis, bevor er es tut: „Ich wundere mich offen gestanden, dass wir jetzt schon minutenlang über dieses Thema sprechen, obwohl wir so viele andere Themen im Augenblick auf der Welt, in Europa, in Deutschland haben, die uns eigentlich mehr beschäftigen müssen.“

Die Rede ist von der am 11. Juli gescheiterten Verfassungsrichterwahl, über die Friedrich Merz nicht viel länger reden will. Er bestreitet, dass ihm seine Unionsfraktion dabei und auch sonst schon mehrfach die Gefolgschaft verweigert habe. Formal richtig argumentiert er, dass Abgeordnete von CDU und CSU noch in keinem Fall mit Nein gegen eine Vorlage der Merz-Regierung gestimmt haben.

Das Hadern der Christdemokraten mit ihrem Chef hatte bisher tatsächlich nur bei der Stromsteuer mit einem Gesetzentwurf zu tun, über den der Bundestag noch gar nicht abgestimmt hat. Sonst ging es um fehlendes Fingerspitzengefühl in der Causa Frauke Brosius-Gersdorf oder beim Waffenlieferstopp nach Israel.

Kein Ärger mit Kretschmer oder der Koalition

Überhaupt versucht Friedrich Merz kurz vor dem Ende der parlamentarischen Sommerpause den Eindruck zu erwecken, dass die Diskussionen in seiner Regierungskoalition oder in den eigenen Unionsreihen entweder „völlig normal“ sind oder verzerrt konfrontativ dargestellt werden.

„Es gibt keinen Ärger“, sagt er zu einer Äußerung seines Parteivizes Michael Kretschmer, der Debatten über mögliche Bundeswehreinsätze nach einem Friedensschluss in der Ukraine kritisiert hatte. „Für den gegenwärtigen Fall spricht niemand über Bodentruppen in der Ukraine“, sagt Merz, der die Priorität bei Sicherheitsgarantien in einer massiven Aufrüstung der ukrainischen Armee sieht, wenn es in dem sehr „mühsamen Prozess“ überhaupt zu Fortschritten komme.

„Es clasht nicht“, sagt der Bundeskanzler auch über seine Zusammenarbeit mit den Sozialdemokraten, als die ZDF-Journalistin Diana Zimmermann vor der Kulisse eines Sees in Merz’ sauerländischer Heimat nach Steuererhöhungen fragt.

Auch wenn sich SPD-Chef, Vizekanzler und Finanzminister Lars Klingbeil die Option offenhalten will, will der CDU-Vorsitzende kein Konfliktpotenzial erkennen. Dass es kein Abgabenplus gebe, sei im Koalitionsvertrag geregelt, dem CSU-Chef Markus Söder und er sonst gar nicht ihren Segen gegeben hätten. „Wir unterschreiben keinen Koalitionsvertrag mit Steuererhöhungen.“

Anders als am Vortag auf dem Parteitag der nordrhein-westfälischen CDU, wo Merz den Deutschen attestierte, über ihre Verhältnisse gelebt zu haben, ließ sich der Kanzler am Sonntag nicht zu neuen Provokationen Richtung SPD hinreißen. Er sieht zwar „zu viel Fehltage“ und einen „der höchsten Krankenstände in ganz Europa“, schloss sich auf Nachfrage ausdrücklich nicht der Forderung an, die Renteneintrittsgrenze auf 70 Jahre anzuheben.

Wir müssen die Lebensarbeitszeit verlängern. Das gilt insbesondere für die, die es können und die es wollen.

Bundeskanzler Friedrich Merz zur sogenannten Aktivrente

„Wir müssen die Lebensarbeitszeit verlängern“, sagt Merz, um dann mit Blick etwa auf die sogenannte Aktivrente im Koalitionsvertrag die Freiwilligkeit zu betonen: „Das gilt insbesondere für die, die es können und die es wollen.“ Soll wohl heißen: So wie die CDU bei der Rente vertragstreu sein will, soll es die SPD bei den Steuererhöhungen sein.

Merz verweist auf seine außenpolitischen Erfolge

Zum Kleinreden der Konflikte gehört für Merz an diesem Sonntag auch, die Erfolge seiner Regierung zu betonen. Den Stimmungsumschwung in der Wirtschaft sieht er im Gegensatz zu anderen schon – statt des bisherigen Kapitalabflusses gebe es Investitionszusagen von 600 Milliarden Euro für die nächsten Jahre.

Außenpolitisch gibt sich Merz ohnehin sehr selbstbewusst. „Wir haben die Nato bewahrt“, sagt er zur Schuldenaufnahme für Verteidigung und Infrastruktur per Verfassungsänderung. So viel Diplomatie, wie sie zurzeit in eine Befriedung der Ukraine gesteckt werde, habe es zuvor „in dreieinhalb Jahren nicht gegeben“, man dürfe nur „nicht erwarten, dass über Nacht alles gut wird“.

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