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In Johannesburg betreten Menschen ein Impfzentrum, um sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen.

© Chen Cheng/dpa

Es ist noch lange nicht vorbei: Weitere Corona-Variante in Südafrika entdeckt

Die neue Mutation hat viele Abweichungen zum ursprünglichen Virus. Dazu kommen die „Antivaxxer“, die Impfungen verweigern.

In Südafrika ist ein weiteres Mal eine neue Variante des Coronavirus entdeckt worden, die nach Angaben von Forschern die bisher größte Zahl an Abweichungen von der aus China bekannten ursprünglichen Gestalt des Erregers aufweist. Die derzeit noch C.1.2 genannte Virusvariante unterscheidet sich mit bis zu 59 Veränderungen vom Wuhan-Erreger und wurde bereits im Mai in den südafrikanischen Provinzen Gauteng und Mpumalanga ausgemacht.

Inzwischen habe sich die neue Sars-CoV-2-Version über alle neun Provinzen des Lands am Kap der Guten Hoffnung ausgebreitet und sei auch schon in der Schweiz, in Großbritannien, China, Portugal und mehreren anderen afrikanischen Staaten festgestellt worden, heißt es in einer jetzt veröffentlichten Studie des südafrikanischen „Nationalen Instituts für Infektionskrankheiten“ (NICD) sowie der „Forschungsplattform für Innovation und Sequenzierung in der Provinz KwaZulu-Natal“.

Während die Variante im Mai dieses Jahres noch für lediglich 0,2 Prozent der Corona-Fälle verantwortlich war, sei deren Anteil inzwischen auf mehr als drei Prozent gestiegen, heißt es in der Studie weiter.

Wissenschaftler sind in Sorge

Ein ähnlicher Anstieg wurde auch im Fall der Beta- und Delta-Varianten gemessen: Letztere ist derzeit für fast 90 Prozent aller Ansteckungen am Kap der Guten Hoffnung verantwortlich.

Obwohl C.1.2 bislang noch weitgehend unerforscht ist, gebe die „Konstellation der Mutationen“ Anlass zur Sorge, schreiben die Wissenschaftler: Sie könne sowohl zu einer rascheren Ausbreitung wie zu einem verbesserten Schutz des Virus gegen die menschlichen Abwehrkräfte beitragen.

In diesem Fall wären Impfungen mit den bisher entwickelten Seren zumindest weniger hilfreich. Einer der Autoren der Studie, Immunologe Richard Lessels, warnte vor Panikreaktionen. Doch die Entdeckung mache deutlich, dass die Pandemie „noch lange nicht vorüber ist“: Das Virus suche „weiterhin die besten Wege, um uns anzustecken“.

Herkömmliche Schutzmaßnahmen bleiben wirksam

Bisher sieht die Weltgesundheitsorganisation WHO keinen Grund, die Variante als „beachtenswert“ („of interest“) oder gar als „besorgniserregend“ („of concern“) einzustufen.

Dafür sei über den neuen Erregertyp noch zu wenig bekannt, meint Lessels: Zunächst müsse erforscht werden, ob die Variante schneller übertragen wird, ein schlimmeres Krankheitsbild auslöst und weniger anfällig gegen die üblichen Impfstoffe sei.

Keine dieser Fragen könne bereits beantworten werden, sagt der Immunologe. Wirksam seien jedoch in jedem Fall die herkömmlichen Schutzmaßnahmen wie Gesichtsmasken, Abstandhalten und Händewaschen, meint Cathrine Scheepers vom NICD.

Noch ist die Frage, ob die Mutation sich dominant entwickelt

Der Frankfurter Virologe Martin Stürmer erklärt gegenüber „ZDFheute“, dass die Einschätzung der neuen Variante noch sehr vorläufig sei und auf Vergleichen mit anderen Varianten anhand der detektierten Mutationen beruhe. Nicht jede Variante, die sich in einer Region ausbreitet, sei auch in der Lage. die aktuell dominante Delta-Variante zu verdrängen, so Stürmer.

Dass sich in Südafrika schon zum zweiten Mal eine Variante des Virus herausgebildet hat, wird in der Fachwelt einerseits mit der hohen hiesigen Ansteckungsrate erklärt.

Mit fast 2,8 Millionen gemeldeten Covid-Fällen liegt das Land auf dem Kontinent an der Spitze: Dort wurden bislang acht Millionen Erkrankungen registriert.

Bis zu 200 Tage lange Krankheitsverläufe

Nicht auszuschließen ist allerdings, dass die hohe Zahl an HIV-Infizierten am Kap eine Rolle spielt: Stecken sie sich mit dem Coronavirus an, ist ihr ohnehin immungeschwächter Körper wesentlich länger mit der Abwehr der neuen Erreger beschäftigt.

Das gibt dem Virus mehr Zeit für Mutationen. Bei HIV-Infizierten seien bis zu 200 Tage lange Krankheitsverläufe von Covid beobachtet worden, teilte der Chef des Südafrikanischen Genom-Instituts, Tulio de Oliveira, mit.

Es gibt viele Impfgegner in Südafrika

Eine weitere Rolle spielt die niedrige Impfquote am Kap: Bislang sind hier nur 14 Prozent der Erwachsenen mit Vakzinen geschützt. Die Verzögerung war zunächst den Schwierigkeiten der südafrikanischen Regierung zuzuschreiben, überhaupt an Impfstoff zu gelangen.

Doch inzwischen macht den Gesundheitsbehörden eher die hohe Zahl der „Antivaxxer“ zu schaffen. So oder so wird in Südafrika derzeit das Diktum von Fachleuten bestätigt: Dass die Pandemie nur dann beendet werden kann, wenn die gesamte Weltbevölkerung durch Impfstoffe ausreichend geschützt ist.

Das wird in Südafrika frühestens im nächsten Jahr der Fall sein. Und in anderen afrikanischen Staaten wird es noch wesentlich länger dauern.

Johannes Dieterich

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