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Nach einem desaströsen TV-Duell äußern sich deutsche Politiker zur erneuten Kandidatur des US-Präsidenten Bidens. Ein Politiker fordert den Rückzug Bidens. 

© AFP/CHRIS DELMAS

Update

„Es zu erzwingen, führt ins Volldesaster“ : Röttgen ruft Biden zum Rückzug aus Wahlkampf auf

Nach Bidens desaströsem TV-Duell äußern sich deutsche Politiker zum US-Wahlkampf. Ginge es nach CDU-Mann Röttgen, sollte der Demokrat den Weg freimachen. Biden hingegen will weiter machen.

Stand:

Angesichts der Diskussion um die erneute Kandidatur von US-Präsident Joe Biden drängen deutsche Politiker auf eine rasche Entscheidung der US-Demokraten. „Es wäre wichtig, wenn die Demokraten jetzt schnell entscheiden, ob Biden zurückzieht oder Kandidat bleibt“, sagte der SPD-Politiker Michael Roth, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, der Nachrichtenagentur Reuters.

Ein wochenlanger Flügelkampf könnte die Partei zerstören und Trumps Wiederwahl noch wahrscheinlicher machen, sagte Roth weiter. Es sei ein „Trauerspiel“, dass ein „so verdienstvoller Präsident nicht vorzeitig seine Nachfolge geklärt hat“.

Deutlicher hatte sich zuvor der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen geäußert. Er forderte einen Rückzug der Kandidatur Bidens. „Jetzt muss (...) Biden den Weg freimachen“, sagte der stellvertretende Vorsitzende des Vereins Atlantik-Brücke im ARD-„Morgenmagazin“.

Nach Forderungen auch aus der eigenen Partei hat das Weiße Haus am Mittwoch nun Stellung bezogen. Biden werde sich „auf gar keinen Fall“ aus dem Präsidentschaftswahlkampf zurückziehen, sagte Pressesprecherin Karine Jean-Pierre.

Die Diskussion um eine erneute Kandidatur Bidens war nach einem schwachen Auftritt des US-Präsidenten im Fernsehduell mit seinem designierten Herausforderer Donald Trump entbrannt.

Es zu erzwingen, führt ins Volldesaster

Norbert Röttgen, CDU-Außenpolitiker, zur Kandidatur Bidens

„Es war nicht eine vermasselte, versemmelte Debatte (...), sondern es hat seine Verfassung gezeigt“, betonte Röttgen. Biden sei nicht in der Verfassung, viereinhalb Jahre weiterzuregieren. Das hätten im TV-Duell alle sehen können. „Wenn er bleibt, glaube ich, ist das der sichere Weg in die Niederlage der Demokraten und die Übergabe an Donald Trump.“

Falls Biden sich nicht selbst zum Rückzug entschließe, werde er voraussichtlich im Rennen bleiben, sagte Röttgen. „Es zu erzwingen (...), führt ins Volldesaster, Vollchaos. Da kann man sich auch kaum einen Kandidaten vorstellen, der dazu bereit ist.“

In den bestärkenden Worten von Bidens Parteifreunden sehe Röttgen derzeit einen Spielraum für den amtierenden Präsidenten, „noch gesichtswahrend, aus eigenen Stücken, würdevoll abzutreten.“ Das habe Biden auch verdient. „Es ist eine Altersfrage. Und die muss man einfach realistisch einschätzen, daraus die Konsequenzen ziehen - das ist meine Einschätzung.“

Er macht weiter als Präsident, er macht weiter mit seinem Wahlkampf

Karine Jean-Pierre, Pressesprecherin des US-Präsidenten

Das Weiße Haus wies Spekulationen über einen Rückzug Bidens umgehend zurück. „Er macht weiter als Präsident, er macht weiter mit seinem Wahlkampf“, sagte Sprecherin Jean-Pierre.

Zuletzt hatte Biden seine Müdigkeit nach mehreren Auslandsreisen als Begründung für den schwachen Auftritt angeführt. Es sei nicht sehr klug gewesen, kurz vor dem Duell „mehrmals um die Welt zu reisen“, sagte er.

Die „New York Times“ und CNN berichteten, Biden habe einem engen Vertrauten gesagt, dass er die Öffentlichkeit schnell davon überzeugen müsse, dass er das Amt ausüben könne. „Er weiß, dass die Dinge ganz anders aussehen, wenn er noch zwei solcher Ereignisse hat“, sagte der Vertraute der „New York Times“ zufolge über Biden.

In einem Telefonat mit Wahlkampf- und Parteimitarbeitern betonte auch Biden, im Rennen um das Weiße Haus bleiben zu wollen. „Ich bin bis zum Ende im Rennen und wir werden gewinnen, denn wenn sich die Demokraten vereinen, werden wir immer gewinnen“, sagte Biden nach Angaben aus Kampagnenkreisen.

Biden wiederholte die Botschaft bei einem Dringlichkeitstreffen im Weißen Haus mit den Gouverneuren der Demokraten, die ihm ihre Unterstützung zusagten. „Wir haben gesagt, dass wir an seiner Seite stehen werden“, sagte der Gouverneur des Bundesstaats Maryland, Wes Moore, der als aufstrebender Politiker und potenzieller künftiger Präsidentschaftskandidat gilt. Tim Walz, Gouverneur von Minnesota, sagte, Biden sei „fit“ für das Amt.

Das Risiko einer Auswechselung ist zu hoch

Nils Schmid, außenpolitischer Sprecher der SPD

Eine Sprecherin der Bundesregierung hatte am Mittwoch betont, dass Kanzler Olaf Scholz weiter den Eindruck habe, Joe Biden wisse genau, was er tue.

Der außenpolitische Sprecher der SPD, Nils Schmid, sprach sich gegen einen Rückzug Bidens aus. „Das Risiko einer Auswechselung ist zu hoch“, sagte Schmid zu Reuters. Es komme jetzt entscheidend darauf an, dass Biden im August einen überzeugenden Auftritt auf dem Nominierungsparteitag der US-Demokraten hinlege. „Dann ist diese Debatte auch schnell vergessen“.

Ob wir uns in Deutschland den Rückzug von Biden wünschen, oder es fällt in China ein Sack Reis um, ist ähnlich irrelevant

Michael Link, Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung

Auch der Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung, Michael Link (FDP), hatte im Deutschlandfunk gesagt, es sei nun wichtig, dass die Demokraten auf dem Nominierungsparteitag für Klarheit sorgten. Deutsche Politiker sollten sich mit Ratschlägen aber zurückhalten.

„Ob wir uns in Deutschland den Rückzug von Biden wünschen, oder es fällt in China ein Sack Reis um, ist ähnlich irrelevant“, sagte auch Roth als Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses. „Wir sollten uns darauf konzentrieren, was wir beeinflussen können, und das ist Europa zu stärken“, forderte er.

Dies gelte unabhängig davon, ob Biden oder Trump Präsident wird, so Roth weiter. Es müsse noch mehr in die eigene Sicherheit investiert werden. Die Ukraine-Hilfe müsse mittelfristig auf europäische Füße gestellt werden, es müssten zudem mehr Handelsabkommen mit Demokratien weltweit geschlossen werden.

Hintergrund ist vor allem die Sorge, dass ein Präsident Trump die Hilfe für die Ukraine einstellen und die US-Verpflichtungen in der Nato zur Disposition stellen könnte. (dpa, Reuters)

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