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Kampfflugzeuge dieses Typs kann die Ukraine wahrscheinlich bald einsetzen: Eine F16 der griechischen Luftwaffe im Einsatz.

© imago images/NurPhoto/Nicolas Economou

F16-Kampfjets für die Ukraine: Bidens Kurswechsel und seine Bedeutung für den Kriegsverlauf

Lange hatten die USA der Ukraine den Zugriff auf die westlichen Kampfjets verweigert. Die neue Entscheidung fordert auch die Bundesregierung heraus.

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Auch wenn der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, am Freitag das Gegenteil behauptete: Die amerikanische Unterstützung einer Kampfjet-Koalition für die Ukraine ist eine politische Kehrtwende.

Die US-Regierung hatte eine Lieferung von F16 bisher abgelehnt, aus Sorge, dass die Flugzeuge Ziele im russischen Kernland angreifen und dem Kreml damit einen Vorwand geben könnten, den Konflikt über das ukrainische Gebiet hinaus zu eskalieren.

Zwar stimmt es, was der Sullivan sagte: Washington hat gebetsmühlenartig wiederholt, alles sei auf dem Tisch, nicht sei grundsätzlich ausgeschlossen, außer eine Beteiligung von US-Soldaten. Entscheidungen würden abhängig vom Kriegsverlauf getroffen und ständig angepasst.

Aber das Pentagon hatte bis dato immer wieder erklärt, andere Waffen zum Beispiel zur Luftabwehr würden dringender gebraucht. Dazu kommt: Die F16 sind teuer, der Aufwand bei der Ausbildung von Piloten und die Instandhaltung sehr groß.

Eine Lieferung würde den Spielraum für andere Waffenlieferungen beschränken, argumentierte die Regierung. Dahinter steckt auch die Sorge, dass die Republikaner es Biden im anstehenden Präsidentschaftswahlkampf schwerer machen werden, seine Milliardenpakete für die Ukraine durch den Kongress zu bringen.

Warum jetzt? Eine Erklärung ist sicherlich der Überraschungsbesuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj beim G7-Gipfel. Das erhöhte den Druck.  Aber Biden gibt auch dem Druck der Europäer nach, die bei diesem Thema in den vergangenen Tagen vorangeprescht waren.

F-16 werden es uns ermöglichen, unseren Himmel zu kontrollieren und unsere Truppen zu schützen.

Dmytro Kuleba, Außenminister der Ukraine

Eine weitere Erklärung: In diese Woche berichteten US-Medien  über einen internen Air-Force-Bericht. Der komme zu dem Schluss, die Pilotenausbildung könnte tatsächlich in nur vier Monate erfolgen und damit deutlich schneller als bisher gedacht. Der Bericht evaluierte die Erfahrungen, die bei der „inoffiziellen” Schulung von zwei ukrainischen Piloten in Arizona gemacht wurden.

Ob die westlichen Kampfflugzeuge die Kampfkraft des ukrainischen Militärs entscheidend stärken können, wird auch von der Zahl der gelieferten Maschinen abhängen. Da weltweit mehr als 2800 Exemplare im Einsatz sind, dürften genügend zur Verfügung stehen.

Grundsätzlich gilt, was der CDU-Bundestagsabgeordnete und frühere Bundeswehroffizier Roderich Kiesewetter sagt: „Die Lieferung von Kampfflugzeugen wäre ein qualitativer Mehrgewinn für die Ukraine und würde das Gefecht der verbundenen Waffen zur erfolgreichen Befreiung ukrainischen Territoriums unterstützen.“

Erklärte seinen Verbündeten, dass er den Widerstand gegen die Lieferung von F16-Kampfjets aufgibt: US-Präsident Joe Biden beim G7-Gipfel im japanischen Hiroshima.
Erklärte seinen Verbündeten, dass er den Widerstand gegen die Lieferung von F16-Kampfjets aufgibt: US-Präsident Joe Biden beim G7-Gipfel im japanischen Hiroshima.

© REUTERS/Pool

Die Ukraine geht davon aus, dass sich mit F-16 die Zahl erfolgreicher russischer Raketen- und Drohnenangriffe deutlich reduzieren lassen könnte. Dazu würden sie im Verbund mit bodengestützten Flugabwehrsystemen eingesetzt. Zudem will die Ukraine westliche Kampfjets, um sie bei Offensiven gegen die russischen Angreifer zur Unterstützung der Bodentruppen einzusetzen.

„F-16 werden es uns ermöglichen, unseren Himmel zu kontrollieren, unsere Truppen zu schützen, ihre Verluste zu reduzieren und die Chancen unserer Piloten zu erhöhen, Luftkämpfe zu überleben“, schrieb der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba jüngst in der Zeitschrift „Foreign Policy“. Eine Lieferung von F-16 könne dadurch auch für ein schnelleres Kriegsende sorgen.

Wie steht die Bundesregierung zum Kurswechsel?

Deutschland muss keine Entscheidung treffen, da die Bundeswehr nicht über F16-Kampfflugzeuge verfügt. Womöglich bewahrt dieser Umstand die Bundesregierung vor einem Dilemma. Denn Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte die Lieferung westlicher Kampfjets schon vor Wochen als nicht sinnvoll bezeichnet. Er reagierte auch sehr zurückhaltend, als Selenskyj ihn beim Besuch in Berlin aufforderte, die Bildung eine Kampfjet-Koalition politisch zu unterstützen.

Wichtigstes Motiv von Scholz ist dabei offenbar der Wunsch, alles zu vermeiden, was zu einer Eskalation des Krieges beitragen könnte. Attacken der F16 auf russisches Gebiet hält er womöglich für ein Risiko. Kritiker werfen ihm das vor. „Die Ukraine hat kein Interesse daran, russisches Gebiet zu erobern, sondern lediglich daran, ihr eigenes Staatsgebiet zu befreien“, sagt CDU-Außenpolitiker Kiesewetter: „Die Ukraine ist Opfer, nicht Aggressor.“

Kiesewetter warnt davor, Angriffe auch auf Versorgungslinien des russischen Militärs in Grenzgebieten und auf russischem Gebiet auszuschließen. Zugleich erwartet er, dass sich der Kampf vorrangig auf russische Verteidigungslinien auf ukrainischem Gebiet wie etwa auf der Krim konzentrieren wird.

Sein Fazit: „Grundsätzlich sollten wir aber aufhören, ständig irgendwelche roten Linien zu ziehen: alles, was völkerrechtlich zulässig und zum Sieg der Ukraine geboten ist, sollte möglich sein.“

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