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Autos fahren in Köln an der Messstation Clevischer Ring des Landesumweltamtes vorbei.

© dpa

Fahrverbote vor Gericht: Stickige Luft mit tödlichen Folgen

Dass Stickstoffdioxide schädlich sind, ist unumstritten. Doch das Ausmaß ist ebenso unklar wie die Antwort auf die Frage, ob Fahrverbote kurzfristig helfen.

Obwohl Stickstoffdioxid unbestreitbar gesundheitsschädlich ist, atmen es sehr viele Menschen ein. Bis zu neun Prozent der Europäer sind sogar überhöhten Konzentrationen dieses Gases ausgesetzt, also mehr als 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. In Deutschland wird dieser Grenzwert zwar nur in stark befahrenen Regionen überschritten, doch das betrifft immerhin 70 Kommunen. Darunter auch Berlin. So liegen die Werte etwa am Görlitzer Bahnhof oder Kurt-Schumacher-Damm jüngeren Messungen des Umweltchemikers Wolfgang Frenzel von der Technischen Universität Berlin zufolge fast doppelt so hoch wie es der Grenzwert erlaubt.

Entscheidend ist bei den Grenzwerten allerdings nicht die kurzfristige Überschreitung, sondern die Dauer der Belastung. 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft sollten im Jahresmittel nicht überschritten werden. 200 Mikrogramm gelten hingegen als verträglich, wenn ein Mensch dem Gas nicht länger als eine Stunde und nicht häufiger als 18 Mal im Jahr ausgesetzt ist. Am Arbeitsplatz eines Schweißers sind bis zu 950 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft erlaubt, im Büro 60 Mikrogramm im Wochenmittel.

Langfristig hilft ohnehin nur eins

Über die Grenzwerte zu diskutieren oder sie gar zu ignorieren, wäre tödlich: Der Europäischen Umweltagentur EEA zufolge ist Stickstoffdioxid ursächlich an etwa 12860 vorzeitigen Todesfällen in Deutschland pro Jahr beteiligt. Grund dafür sind Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, etwa Asthma, COPD, Schlaganfälle oder Herzinfarkte, deren Verlauf durch den Schadstoff verschlimmert oder ausgelöst werden. Allerdings sind diese Zahlen als Schätzungen zu verstehen, denn die schädliche Wirkung tritt nicht sofort, sondern erst nach Jahren ein.

Entsprechend schwanken die Angaben: Einer noch unveröffentlichten Studie des Umweltbundesamtes zufolge sind es etwa 6000 bis 8000 Menschen, die aufgrund von Stickstoffdioxid-Belastung in Deutschland pro Jahr vorzeitig an Herz-Kreislauf-Erkrankungen sterben. Die Untersuchung, die zuvor bereits veröffentlichte Daten auswertete, weise darauf hin, dass die gesundheitsschädliche Wirkung nicht erst ab dem Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft eintritt, sondern bereits ab 10 Mikrogramm mit einer statistischen Häufung von Todesfällen zu rechnen ist.

Um künftig Erkrankungen und Schlimmeres zu verhindern, muss die Entstehung des chlorartig riechenden Gases verhindert werden. Hauptquelle sind Verbrennungsprozesse, vor allem in KfZ-Motoren. In den Städten stammen 60 Prozent der Stickoxide aus dem Autoverkehr, davon tragen Diesel-PKW die Hälfte, LKW 28 Prozent und Benziner immerhin acht Prozent bei. Ob Fahrverbote, Umrüstungen der Hard- oder Software der Motoren oder Rückkäufe alter Autos die Emissionen kurzfristig senken können, ist umstritten. Es fehlen aussagekräftige Studien. Langfristig hilft ohnehin nur ein abgasfreier, umwelt- und gesundheitsfreundlicher Nahverkehr.

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