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Häufige Kopfschmerzen und Migräne können Anzeichen einer psychischen Erkrankung sein.

© dpa

DAK-Psychoreport: Fast zwei Millionen Beschäftigte wegen seelischer Leiden krankgeschrieben

Noch nie wurden viele Arbeitnehmer wegen psychischer Leiden krankgeschrieben wie 2014. Dagegen gingen die Fehltage wegen körperlicher Erkrankungen zurück.

Ob Depression, Angststörung, Erschöpfungssyndrom oder Neurose: In Deutschland werden immer mehr Menschen wegen psychischer Leiden krankgeschrieben.

Mit mehr als 6,3 Millionen Fehltagen habe man im vergangenen Jahr diesbezüglich „ein neues Rekordniveau erreicht“, heißt es im aktuellen DAK-Psychoreport. Das sind dreimal so viele Krankschreibungen wie noch vor 15 Jahren. Hochgerechnet wurden 1,9 Millionen Menschen von Ärzten wegen ihrer Psyche aus dem Verkehr gezogen.

Inzwischen der zweithäufigste Grund für Krankschreibungen

Jeder 20. Arbeitnehmer fiel 2014 wegen einer seelischen Erkrankung aus. Und erstmals schafften es die Psycholeiden damit nun auf den zweiten Platz aller Krankheitsarten, wegen denen Arbeitnehmer im Job fehlen. Mehr Ausfalltage gab es nur noch infolge von Rücken- und anderen Muskel-Skelett-Erkrankungen.

Auffällig ist vor allem die Zunahme von Depressionen. Fast jeder zweite Fehltag wegen psychischer Leiden wurde 2014 damit begründet. Auf 100 Versicherte kamen 112 Ausfalltage wegen Depression, im Jahr 2000 waren es nur 37.

Die Krankheitsbeschreibung „Burnout“ dagegen findet sich auf immer weniger Attesten. Mit 5,2 Ausfalltagen hat sich ihre Zahl seit 2011 fast halbiert. Die frühere Verlegenheitsdiagnose sei „mittlerweile eher zur Beschreibung eines Risikozustands“ geworden, sagte Hans-Peter Unger, Chefarzt am Zentrum für seelische Gesundheit der Asklepios Klinik Hamburg-Harburg.

Früher wurden seelische Leiden oft nicht erkannt

Gegen den Eindruck, dass Psycho-Erkrankungen generell zunähmen, verwahrten sich die Autoren jedoch. Aus Ungers Sicht sind die gestiegenen Fehlzeiten dadurch erklärbar, dass Ärzte und Patienten inzwischen offener mit psychischen Problemen umgingen. Viele seelische Leiden seien früher auch gar nicht als solche erkannt und behandelt worden, sondern nur in ihrer körperlichen Ausprägung – etwa als Rücken- oder Magenschmerzen.

Regional sind die Fehlzeiten wegen psychischer Leiden sehr unterschiedlich. Im Saarland kamen auf 100 Versicherte 306 Fehltage, in Bayern nur 193 und in Baden-Württemberg 197. Auf den Plätzen Zwei und Drei folgen Berlin und Hamburg mit 292 beziehungsweise 289 Tagen.

Ostdeutschland hat die höchsten Zuwachsraten

Die höchsten Zuwachsraten hatten die ostdeutschen Länder, in dem Report wird die Steigerung als "dramatisch" bezeichnet. So legte Sachsen-Anhalt bei den Fehltagen wegen Psycho-Erkrankungen seit 2000 um 256 Prozent zu. In Mecklenburg-Vorpommern betrug der Anstieg 203 Prozent, in Brandenburg 196 Prozent.

Dagegen hatte Berlin mit einem Plus von 45 Prozent den geringsten Zuwachs. Die Betroffenenquote liegt mit 5,8 Prozent jedoch vergleichsweise hoch. Den bundesweiten Spitzenwert erreicht Brandenburg mit einer Betroffenenquote von 6,1 Prozent.

Frauen werden doppelt so oft wegen der Psyche krankgeschrieben wie Männer

Weiter zeigt der Report einen starken Geschlechterunterschied: Frauen werden fast doppelt so oft wegen psychischer Probleme krankgeschrieben wie Männer. Das liege daran, dass sich bei Männern solche Krankheiten anders äußerten, oft nicht erkannt würden und auch mit höherer Stigmatisierung belegt seien, sagte Unger.

Branchenbezogen gibt es die meisten Fehltage wegen psychischer Erkrankungen im Gesundheitswesen. Es folgen öffentliche Verwaltung sowie Verkehr, Lagerei und Kurierdienste. Am seltensten werden Beschäftigte im Baugewerbe wegen ihrer Psyche krankgeschrieben.

Nach den Worten des DAK-Vorstandsvorsitzenden Herbert Rebscher gibt es massive Probleme bei der Behandlung. Die Betroffenen warteten im Durchschnitt sechs Monate auf einen Therapieplatz, sagte der Kassenchef. Die DAK biete demnächst ein webbasiertes Selbsthilfeprogramm an, das nach einer Studie der Bielefelder Universität bei leichten und mittelschweren Depressionen zu messbaren Besserungen führe.

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