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Die britische Außenministerin Liz Truss.

© AFP/Justin Tallis

Update

„Veraltete wirtschaftliche Orthodoxie aufheben“: Finanzminister Zahawi fordert Liz Truss als Nachfolgerin von Johnson

Vor knapp vier Wochen hat der britische Premier seinen Rückzug angekündigt. In einer Stichwahl entscheiden die Tory-Mitglieder über seine Nachfolge.

Im Kampf um die Nachfolge des britischen Premierministers Boris Johnson hat Favoritin Liz Truss weitere prominente Unterstützung erhalten. Die Außenministerin werde „die veraltete wirtschaftliche Orthodoxie aufheben und unsere Wirtschaft auf konservative Weise führen“, schrieb Finanzminister Nadhim Zahawi in einem Beitrag für die Zeitung „Telegraph“. „Liz versteht, dass der Status quo in Krisenzeiten keine Option ist.“ Zahawi hatte selbst für das Amt des Premierministers kandidiert, war aber schon im ersten Wahlgang der konservativen Parlamentsfraktion ausgeschieden.

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Damit wächst die Unterstützung für Truss weiter. Zuvor hatte sich bereits der populäre Verteidigungsminister Ben Wallace für seine Kabinettskollegin ausgesprochen. Die 47-Jährige liegt in Umfragen deutlich in Führung vor ihrem Kontrahenten, Zahawis Vorgänger Rishi Sunak. Seit Montag erhalten die Mitglieder der Konservativen Partei ihre Wahlunterlagen. Sie haben nun bis zum 2. September Zeit, ihre Stimme abzugeben.

In einem Versuch, seinen Rückstand aufzuholen, kündigte Sunak an, die Einkommensteuer bis zum Ende der 2020er Jahre deutlich von derzeit 20 auf dann 16 Prozent zu kürzen. Die Steuerpolitik ist eines der wichtigsten Themen in dem Wahlkampf. Viele Konservative werfen Sunak vor, dass in seiner Amtszeit die Steuerlast auf den höchsten Stand seit 70 Jahren gestiegen sei. Der 42-Jährige verweist darauf, dass die Maßnahmen im Kampf gegen die Folgen der Corona-Pandemie nötig gewesen seien.

Seit Montag kann die Basis der Konservativen Partei über die Nachfolge des britischen Premierministers Boris Johnson abstimmen. Zur Wahl stehen Außenministerin Liz Truss und Ex-Finanzminister Rishi Sunak. Die Wahlzettel sollen bis zum 5. August bei den Mitgliedern eintreffen, die dann bis zum 2. September per Brief oder online ihre Stimme abgeben können. Die Entscheidung kann bis dahin nochmal geändert werden. Das Ergebnis soll am 5. September verkündet werden.

Die Siegerin oder der Sieger zieht dann auch in den Regierungssitz in der Downing Street ein. Der amtierende Premier Johnson hatte am 7. Juli nach beispiellosem Druck aus dem Kabinett seinen Rückzug angekündigt. Vorausgegangen waren mehrere Skandale. Viele Konservative bedauern Johnsons Abgang.

Außenministerin Truss (47) gilt auch deshalb als Favoritin, weil sie den scheidenden Premier wiederholt in Schutz nahm und ihm loyal zur Seite stand. Hingegen werfen parteiinterne Kritiker ihrem Kontrahenten Sunak (42) vor, mit seinem Rücktritt den Sturz Johnsons ausgelöst zu haben. Der Regierungschef selbst deutete dies ebenfalls an. Johnsons Vertraute Nadine Dorries sorgte mit einem Gastbeitrag in der Zeitung „Mail on Sunday“ auch innerhalb der Tory-Partei für Empörung, in dem sie Sunak einen „Attentäter“ nannte. Außerdem retweetete die Kulturministerin ein Bild, das den früheren Finanzminister als Brutus zeigt, wie er Johnson als Julius Cäsar von hinten erdolcht.

Die Kandidaten Rishi Sunak und Liz Truss stehen vor ihrer Teilnahme an der BBC-Debatte über die Führung der Konservativen Partei in der Victoria Hall in Hanley, Stoke-on-Trent, Großbritannien, 25. Juli 2022.

© REUTERS/Jacob King

Bereits während der Wahlgänge innerhalb der Tory-Fraktion hatten die zunächst acht Bewerberinnen und Bewerber einander scharf angegriffen. Spannend wird nun sein zu beobachten, ob Truss und Sunak in den kommenden Wochen den Ton ändern. An diesem Dienstag treffen sie in einem TV-Duell aufeinander. Zuvor stellen sie sich in der südwestenglischen Stadt Exeter bei einer „Hustings“ genannten Regionalkonferenz erneut den Fragen von Parteimitgliedern. Bis zum Ende der Abstimmungsfrist sind noch zehn solche „Hustings“ geplant. Im Mittelpunkt steht vor allem die Steuerpolitik.

[Lesen Sie auch: Für Großbritannien und die EU: Welche Folgen hat der Rücktritt von Boris Johnson? (T+)]

Wahlberechtigt sind alle Mitglieder, die spätestens am 3. Juni in die Tory-Partei eingetreten sind. Für Kritik sorgt wie bei früheren Stichwahlen, dass nur ein kleiner Kreis von Menschen über die Person an der Spitze des Landes mit etwa 67 Millionen Einwohnern entscheidet.

Die Tory-Partei macht keine Angaben zur Zahl ihrer Mitglieder. Als 2019 Boris Johnson gewählt wurde, stimmten etwa 160.000 Menschen ab, rund 0,3 Prozent der gesamten Wählerschaft. Schätzungen gehen nun von bis zu 200.000 Mitgliedern aus. Eine vorgezogene Parlamentswahl nach der Entscheidung wird zwar von der Opposition gefordert, ist aber nicht vorgeschrieben. Die nächste reguläre landesweite Abstimmung ist für 2024 geplant. (dpa)

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