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„Finde ich irgendwie komisch“: Scholz lehnt generelles Böllerverbot ab und fordert klare Regeln
Was folgt aus den Pyrotechnik-Exzessen zum Jahreswechsel? Kanzler Scholz hat wie Innenministerin Faeser eine klare Meinung. Der Städtetag verlangt ein Maßnahmenpaket gegen Silvester-Gewalt.
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Es gab fünf Tote, etliche Schwerverletzte und besonders in Berlin massive Schäden durch Kugelbomben sowie wie in den Jahren zuvor vielerorts Angriffe auf Einsatzkräfte. Doch auch nach den Feuerwerk-Exzessen an Silvester sehen Spitzenpolitiker ein nun wieder diskutiertes bundesweites Böllerverbot kritisch.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte dem Magazin „Stern“: „Ich bin dafür, dass wir ordentliche Regeln haben für das Zeug, das da hergestellt wird. Aber ein Böllerverbot finde ich irgendwie komisch.“
Die richtige Antwort sind nicht bundesweite Feuerwerks-Verbote, sondern mehr gezielte Handlungsmöglichkeiten vor Ort.
Nancy Faeser, Bundesinnenministerin (SPD)
Zuvor hatte Scholz am Freitag bei einem Besuch der Feuerwehr im brandenburgischen Kleinmachnow auf die Frage nach einem Böllerverbot gesagt: „Man muss klare Regeln haben, was für Pyrotechnik eingesetzt werden kann und gegen all diejenigen hart vorgehen, die die Gesetze nicht einhalten“. Scholz weiter: „Das ist der richtige Weg.“
Seine Parteikollegin, Bundesinnenministerin Nancy Faeser, sagte der Agentur dpa: „Die richtige Antwort sind nicht bundesweite Feuerwerks-Verbote, sondern mehr gezielte Handlungsmöglichkeiten vor Ort.“ Faeser weiter: „Dabei sollte das Ziel sein: Friedliches Feiern und Feuerwerk zu ermöglichen, aber hochgefährliche Silvester-Exzesse zu verhindern.“
Faeser schlägt vor, den Kommunen mehr Handlungsspielräume für lokale Verbotszonen zu geben. Dafür müsse es aber eine Mehrheit unter den Ländern im Bundesrat geben, die bislang fehle.
Zum Jahreswechsel hatten vor allem sogenannte Kugelbomben schwere Schäden angerichtet. Sie sind wegen ihrer hohen Explosionskraft hierzulande nicht für den Allgemeingebrauch zugelassen.
Das Sprengstoffrecht erlaubt das Abbrennen von Pyrotechnik am 31. Dezember und am 1. Januar. An allen anderen Tagen ist das nur mit einer Sondergenehmigung gestattet. Die Berliner Sozialverwaltung weist darauf hin, dass nur das Bundesinnenministerium Änderungen am Sprengstoffrecht vornehmen könne.
Städtetag pocht auf Einsatz von Bodycams und Dashcams
Auch der Städtetag forderte nach den Silvester-Ereignissen Konsequenzen. „Der Staat darf nicht tolerieren, dass eine kleine gewaltbereite Minderheit mit erheblicher krimineller Energie rund um Silvester ganze Stadtteile terrorisiert“, sagte Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Bund und Länder müssten „möglichst schnell ein Maßnahmenpaket gegen Silvestergewalt auf den Weg bringen“, forderte er.
Unter anderem müssten „Polizei und Rettungskräfte häufiger und gezielter Bodycams und Dashcams einsetzen können“. Dies könne Angreifer abschrecken und bei der Beweissicherung helfen. Dedy sprach sich zudem für eine Ausweitung der Grenzkontrollen in der Zeit um Silvester aus: „Wenn der Bundespolizei bisher die Befugnis fehlt, um bei Grenzkontrollen auch nach illegalen Böllern zu suchen, muss sie diese Befugnis jetzt bekommen.“
Städte bräuchten zudem „mehr Handlungsspielraum, wenn sie Böllern in der Öffentlichkeit eingrenzen wollen“, sagte der Chef des Kommunalverbands. Dafür müsse die Sprengstoffverordnung geändert werden, damit die Verwaltungsbehörden in den Gemeinden privates Feuerwerk im öffentlichen Raum einfacher beschränken könnten.
Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) macht sich für ein bundesweites Böllerverbot und ein Verkaufsverbot für Pyrotechnik stark. Sie warnt davor, alljährlich nach Silvester und Neujahr darüber „Scheindebatten“ zu führen. Eine vom GdP-Landesbezirk Berlin gestartete Petition hierfür haben seit dem Jahreswechsel Hunderttausende online unterzeichnet.
Der stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Beamtenbundes, Volker Geyer, forderte in der „Rheinischen Post“, Polizei und Justiz besser auszustatten, sodass die Täter zur Rechenschaft gezogen werden könnten.
„Wir brauchen eine schlagkräftige Polizei, die Dinge wie Böllerverbote auch durchsetzen kann. Wer hier teils schwere Straftaten begeht, muss die volle Härte des Rechtsstaates zu spüren bekommen. Sonst machen wir uns lächerlich“, sagte er. (lem)
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