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Premier Johnson gab erst spät zu, von den Verfehlungen des zurückgetretenen Vize-Fraktionschefs gewusst zu haben.

© Daniel Leal/AFP

Minister-Rücktritte in Großbritannien: Für Johnson ist es Zeit zu gehen

Für Boris Johnson gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder er nimmt von sich aus den Hut – oder es gibt ein mögliches zweites Misstrauensvotum. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albrecht Meier

Was sich in diesen Tagen im innersten Zirkel um den britischen Premierminister Boris Johnson abspielt, gleicht einem Zusammenbruch der Regierung in Westminster. Zwei seiner engsten Vertrauten, Finanzminister Rishi Sunak und Gesundheitsminister Sajid Javid, haben fast zeitgleich ihren Rücktritt erklärt, weil sie Johnsons offensichtliche Lügen nicht mehr ertrugen.

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Am folgenden Tag rollt die Rücktrittswelle weiter.  Die Frage aller Fragen lautet nun: Wann nimmt Johnson seinen Hut?

Seit drei Jahren ist Johnson Premierminister. Erst gab er den Briten das, was eine knappe Mehrheit in der Bevölkerung wollte: den Brexit. Im Verlauf der Corona-Pandemie stellte sich allerdings heraus, dass die Kompetenz des Populisten Johnson nicht ausreichte, um sein Land sicher durch die Krise zu steuern.

Das Land weist bisher in der Pandemie schlimmere Todesraten auf als Deutschland, Frankreich oder Spanien. Die britische Wirtschaft schrumpft, der Zusammenhalt zwischen England und Schottland wirkt brüchiger denn je.

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Trotz dieser verheerenden Bilanz gibt sich Johnson auch diesmal fest entschlossen, den jüngsten Regierungsskandal einfach auszusitzen. War was? Nachfolger für die beiden zurückgetretenen Minister waren schnell gefunden. Als sei nichts geschehen, erklärte der frisch ernannte Finanzminister Nadhim Zahawi, er werde sich vor allem darum kümmern, die Inflation zu bekämpfen.

Parallelwelt des Premierministers

Aber dennoch drängt sich immer mehr der Eindruck auf, dass Johnson und seine zunehmend dezimierte Prätorianergarde in einer Parallelwelt leben. Nicht nur in der breiten Öffentlichkeit, sondern auch in weiten Teilen der konservativen Regierungspartei gilt Johnson inzwischen als untragbar.

Der neue Finanzminister Nadhim Zahawi will vor allem die Inflation bekämpfen.
Der neue Finanzminister Nadhim Zahawi will vor allem die Inflation bekämpfen.

© Stefan Rousseau/PA/AP/dpa

Im jüngsten Skandal geht es um den inzwischen zurückgetretenen Vize-Fraktionschef Chris Pincher, einem Johnson-Vertrauten. Lange war intern bekannt, dass Pinchers sexuelle Übergriffe gegenüber Männern Gegenstand von Ermittlungen waren. Zunächst sagte Johnson, nichts davon gewusst zu haben. Schließlich musste er doch zugeben, im Bilde gewesen zu sein.

Das Muster ist schon von der Partygate-Affäre bekannt

Das Muster, dass Johnson nur stückweise mit der Wahrheit herausrückt, ist aus der Partygate-Affäre bekannt. Das ist jener Skandal, der im vergangenen Monat zu einer fraktionsinternen Vertrauensabstimmung führte. Johnson überstand das Votum nur knapp – wohl auch deshalb, weil immer noch kein brauchbarer Nachfolger oder eine Nachfolgerin im Amt des Parteivorsitzes in Sicht ist.

Jetzt aber gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder räumt Johnson von sich aus seinen Posten als Tory-Chef – oder er muss sich demnächst einem möglichen neuerlichen internen Misstrauensvotum stellen.

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