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Die untergehende Sonne scheint auf das Sowjetische Ehrenmal im Treptower Park.

© dpa/Christophe Gateau

Update

„Nicht angemessen“: Bezirk Treptow-Köpenick will Russland nicht vom Weltkriegs-Gedenken am 8. Mai ausschließen

Russland soll draußen bleiben, wenn des Endes des Zweiten Weltkriegs gedacht wird – empfiehlt das Auswärtige Amt. Der Bezirk Treptow-Köpenick will russischen Vertretern dennoch keinen Platzverweis erteilen.

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Trotz einer anderslautenden Empfehlung des Auswärtigen Amtes will das Bezirksamt Treptow nicht einschreiten, wenn russische Vertreter am 8. Mai zu Gedenkveranstaltungen im Bezirk kommen. Das berichtet die „Berliner Zeitung“ mit Verweis auf entsprechende Äußerungen einer Sprecherin der Behörde.

„Angesichts der historischen Rolle der Sowjetunion bei der Befreiung Deutschlands und Europas vom Nationalsozialismus und angesichts der Opfer der Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg, würde das Bezirksamt Treptow-Köpenick es für nicht angemessen halten, Vertreter der Botschaften Russlands oder Belarus‘ – selbst wenn sie nicht eingeladen wurden und unangekündigt erscheinen sollten – unter Anwendung des Hausrechts des Platzes zu verweisen“, wird die Sprecherin im Bericht der „Berliner Zeitung“ zitiert.

Allerdings haben Bezirksämter bei den Ehrenmalen ohnehin kein Hausrecht – sondern der Senat. Nutzung und Pflege unterliegen deutschem Recht und internationalen Abkommen, die eine dauerhafte Erhaltung und Achtung der Gedenkstätten garantieren. Das Hausrecht für das sowjetische Ehrenmal im Treptower Park liegt bei der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz. Die praktische Ausübung des Hausrechts – also Pflege, Unterhaltung und Verwaltung der Anlage – wird seit 1995 von der landeseigenen Grün Berlin GmbH im Auftrag des Landes Berlin wahrgenommen.

In die Debatte mischte sich am Mittwoch auch Alexander King, Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses und Ko-Landesvorsitzender des BSW Berlin, ein. Mit Blick auf eine Ankündigung aus Brandenburg sagte er: „Sollte es wirklich dazu kommen, dass Vertreter von Russland und Belarus mit Polizeigewalt von den Gedenkstätten entfernt werden, wäre das ein Desaster vor den Augen der Welt“. Entsprechende Anfragen von ihm an den Regierenden Bürgermeister von Berlin und an den Senat seien bislang unbeantwortet geblieben.

Am 8. und 9. Mai finden sich in den sowjetischen Ehrenmalen in Treptow, Tiergarten und Schönholz jedes Jahr Menschen sehr unterschiedlicher Herkunft und Meinung ein, die der Befreiung gedenken. Es wird erwartet, dass der russische Botschafter wie in den Vorjahren an den beiden großen sowjetischen Ehrenmalen im Tiergarten und im Treptower Park der Kriegsopfer gedenken wird. Der ukrainische Botschafter meidet diese Orte.

Das Auswärtige Amt hatte in einer Handreichung davon abgeraten, die Teilnahme von Vertretern von Russland und Belarus bei Gedenkveranstaltungen zum Ende des Zweiten Weltkriegs zuzulassen. Begründet wurde das mit der Befürchtung, dass Russland diese Veranstaltungen „instrumentalisieren und mit seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine missbräuchlich in Verbindung bringen“ könnte. 

Der Bundestag hat bereits angekündigt, die Botschafter von Russland und Belarus von der zentralen Gedenkfeier zum 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs am 8. Mai auszuschließen. Parlamentspräsidentin Julia Klöckner (CDU) habe die Botschafter der Russischen Föderation und von Belarus nicht eingeladen, wie alle anderen Vertreter des Diplomatischen Corps auf der Tribüne des Bundestags teilzunehmen.

Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev, begrüßte die Entscheidung. „Am 8. Mai geht es um Vergangenheitsbewältigung zur Verhinderung neuer Kriege – nicht um Geschichtsverleugnung zu deren Rechtfertigung“, sagte er der dpa.

Russische Botschaft: „Brauchen keine besondere Einladung“

Die russische Botschaft nannte die Empfehlung des Auswärtigen Amts zum Ausschluss russischer Vertreter von Gedenkveranstaltungen „äußerst bedauerlich“. Sie verwies auf 27 Millionen Kriegstote in der ehemaligen Sowjetunion, die meisten davon Zivilisten. „Dieser Krieg gegen die Sowjetunion war ein Vernichtungskrieg, dem Völkermord gleich“, hieß es in einer Erklärung. „Dabei brauchen wir keine besondere Einladung, um an öffentlich zugänglichen Orten das Andenken an die sowjetischen Befreier und die Opfer des Nazismus zu ehren und den Tag des Sieges feierlich zu begehen.“

Russen und Ukrainer hatten von 1941 bis 1945 gemeinsam in der Roten Armee gegen Nazi-Deutschland gekämpft. Am 21. April 1945 marschierten die sowjetischen Soldaten in Berlin ein und hissten wenige Tage später die rote Fahne auf dem Reichstagsgebäude. Ein gemeinsames Gedenken von Russen und Ukrainern gibt es aber schon lange nicht mehr. (mit dpa)

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