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Gedenken an DDR-Revolution in Leipzig: Scholz will die friedlichen Errungenschaften gegen Missbrauch verteidigen
Die Großdemonstration in Leipzig vom 9. Oktober 1989 war ein Meilenstein der friedlichen Revolution in der DDR. Der Kanzler beklagt den Missbrauch der Massendemos durch Extremisten.
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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat dazu aufgerufen, die Errungenschaften der friedlichen Revolution in der DDR gegen Missbrauch durch Extremisten zu verteidigen. „Uns eint mehr, als uns jemals trennen kann“, sagte Scholz am Mittwoch beim Festakt am 35. Jahrestag der Leipziger Massendemonstration vom 9. Oktober 1989 in der Stadt. Der Slogan von 1989 „Wir sind das Volk“ sei in die Geschichte eingegangen.
Es sei „unerträglich, wie schäbig Populisten und Extremisten diese Worte heute missbrauchen“, sagte Scholz. Es sei Hohn und „eine unerträgliche Verachtung für den Mut der Protestierenden von Leipzig damals, wenn sich heute die Feinde der Demokratie auf den 9. Oktober berufen, um unsere Demokratie zu bekämpfen“.
Das Erbe der friedlichen Revolution gebiete außerdem, „uns für die Freiheit der Ukrainerinnen und Ukrainer einzusetzen, für ihr Recht auf Demokratie und für ihr Recht auf Frieden“, sagte Scholz mit Blick auf den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine: „Jetzt ist die Zeit für Frieden.“ Dies gelte jeden einzelnen Tag. Es sei „der Auftrag unserer Geschichte, dass irgendwann alle Bürgerinnen und Bürger Europas in Frieden, Freiheit und demokratischer Selbstbestimmung leben können“.
Die ukrainischen Bürgerinnen und Bürger hätten bei ihren Protesten auf dem Maidan in Kiew 2014 dieselben Ziele gehabt wie die Bürgerinnen und Bürger der DDR 1989, sagte der Kanzler. „Es ging darum, das eigene Schicksal in die Hände zu nehmen, es ging um das Ende der Fremdbestimmung.“ Heute wolle „Russland der Ukraine diese Freiheit mit brutalster Gewalt entreißen“.
Damit sprach Scholz eines der Themen an, bei denen die Meinungen in West- und Ostdeutschland oft auseinandergehen. Umfragen zufolge ist die Zustimmung zu den Hilfen für die Ukraine in Ostdeutschland geringer als in den westlichen Bundesländern. Zugleich herrscht in Ostdeutschland mehr Furcht, in den Krieg hineingezogen zu werden.
Scholz sagte, er pflichte allen bei, die sich für Frieden einsetzten, so wie die Demonstranten vor 35 Jahren. „Die bittere Wahrheit aber bleibt: Dieser Frieden wird erst kommen, wenn Russland dazu bereit ist“, fügte er hinzu. „Heute ist es die Ukraine, die in Europa an vorderster Front die Freiheit verteidigt. Wir werden, wir müssen sie dabei unterstützen, bis endlich ein gerechter Frieden herrscht.“ Doch werde man auch das Ziel nicht aufgeben, Frieden durch Kooperation zu sichern. Deutschland werde sein politisches und diplomatisches Gewicht weiter in die Waagschale werfen.
Die Stadt Leipzig hatte zum 35. Jahrestag der friedlichen Revolution in der DDR zu einem Festakt ins Gewandhaus eingeladen. Am 9. Oktober 1989 demonstrierten in Leipzig mehr als 70.000 Menschen friedlich für Freiheit und Menschenrechte. Der Massenprotest gilt als entscheidende Wegmarke der Herbstrevolution in der DDR. Leipzig erinnert seit 2009 jährlich mit einem „Lichtfest“ daran. (epd, dpa)
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