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Für die Beschleunigung des Neubaus müssen Regulierungen und Normen gekockert werden, findet unser Autor.

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Gegen den Reformstau auf dem Wohnungsmarkt: Schluss mit faulen Ausreden wie der Mietpreisbremse

Das Gesetz zur Begrenzung der Wohnungsmieten läuft aus. Höchste Zeit, dass die Politik etwas tut, das wirklich gegen den Notstand hilft. Die Lösungen liegen auf der Hand.

Ralf Schönball
Ein Kommentar von Ralf Schönball

Stand:

Wenn sich Satiriker politischer Regelungen annehmen, dann handelt es sich dabei um Eulenspiegeleien. Neulich brachte Oliver Welke in der Heute-Show das Dilemma um die Mietpreisbremse auf den Punkt: Das Gesetz zur Begrenzung der Mieten am Wohnungsmarkt ist wirkungslos. Denn es gibt viele Ausnahmen und Schlupflöcher. Und niemand kontrolliert die Einhaltung dieser Regulierung. Aber selbst wenn ein Vermieter auffliegt, der sich nicht daran hält, dann folgt daraus ziemlich genau: gar nichts.

Soll sie weg, soll sie bleiben? Um die Verlängerung der vor knapp zehn Jahren eingeführte Mietpreisbremse wird wieder heftig gestritten. 26 Millionen Menschen in 410 Gemeinden aus allen 13 Bundesländern genießen das Privileg dieses Provisoriums. Die Ampel hatte sich zwar, gegen die Überzeugung der FDP, dazu durchgerungen, eine weitere Verlängerung dieses Notbehelfs im Kampf gegen steigende Mieten zu beschließen. Doch nach dem Aus dieser ungeliebten Koalition ist nicht mit einer Verabschiedung dieses Gesetzes zu rechnen. 

Und das ist gut so.

Statt einer Mietpreisbremse braucht es eine Regulierungs- und Normenbremse zur Vereinfachung und Beschleunigung des Neubaus.

Tagesspiegel-Redakteur Ralf Schönball

Denn die Satiriker haben recht. Das belegen die Zahlen des Bundes. Trotz Einführung der Mietpreisbremse vor zehn Jahren haben sich die Mieten beispielsweise in Berlin verdoppelt. Die Mietpreisbremse ist wirkungslos, weil die Marktkräfte stärker sind. Und die Realität am Markt ist: Obwohl die Bevölkerung seit Einführung der Mietpreisbremse von rund 82 Millionen Menschen auf 84,7 Millionen wuchs, sinkt die Zahl der neu gebauten Wohnungen seit Jahren.

Gebaut wird in Berlin viel, wie hier in der Europacity. Genug ist das aber noch lange nicht.

© IMAGO//Thomas Trutschel

Zu verschulden hat diese Notlage die Politik. Die große Koalition unter Angela Merkel rechtfertigte den Eingriff in den Wohnungsmarkt damit, dass dieser nur vorläufig erfolge, um Zeit zu gewinnen zur Bekämpfung der Krise. Das Bundesverfassungsgericht hat im Juli 2019 die Rechtmäßigkeit der Mietpreisbremse ebenfalls damit begründet, dass dieses Instrument eben nur zeitlich begrenzt für fünf Jahre in Kraft ist.

Aus fünf wurden zehn Jahre, viel Zeit für die wechselnden Bauminister von Bund und Ländern, die Wohnungskrise zu bewältigen. Geschehen aber ist: so gut wie nichts.

Aus der Realität am Wohnungsmarkt, wo die Mieten steigen und immer mehr Menschen um immer weniger bezahlbare Wohnungen kämpfen, lassen sich angesichts der wirkungslosen Mietpreisbremse daher zwei Konsequenzen ziehen: schärfere Regelungen und ganz viel Personal zur Überwachung von deren Einhaltung. Oder eine konzertierte Baupolitik von Bund und Ländern zur Ausweitung des Angebots an Wohnungen.

Wir schaffen das? So zumindest nicht

„It’s the economy, stupid“, heißt es in den USA, alles hängt an der Wirtschaft. Wo Mangel herrscht, steigen Preise und Mieten. Wohnungen sind Waren. Gibt es genug, sinken Preise und Mieten. Diese Logik hat das Beispiel Berlin belegt. Schon einmal, nach der Wiedervereinigung, litt die Stadt unter akuter Wohnungsnot. Der Senat legte ein gewaltiges Bauprogramm auf. Fünf Jahre später gab es Wohnungen genug und die Mieten stagnierten. Dabei blieb es, ein Jahrzehnt lang.

„Wir schaffen das“, hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel vor zehn Jahren versichert, als Zehntausende nach Deutschland flüchteten. Mag sein, aber für die Wohnungssuchende blieb das eine hohle Phrase. Weil die Politik nicht die Voraussetzungen dafür schuf, dass mehr gebaut wird. Das Gegenteil ist der Fall: Statt der versprochenen 400.000 neuen Wohnungen jedes Jahr, waren es nicht mal 300.000 im vergangenen Jahr und in diesem Jahr wird noch weniger gebaut. 

Geradezu zynisch mutet es an, wenn die sozialdemokratische Bundesbauministerin Klara Geywitz erklärt, es gebe keinen Mangel an Wohnungen, in vielen Regionen stünden welche leer. Wie die Menschen aus den verkehrstechnisch abgehängten Gebieten zu ihren Arbeitsplätzen in den Ballungsgebieten kommen sollen, ist dann nicht mehr ihr Thema – was das die Leute kostet und die Umwelt durch den zusätzlichen Verkehr ebenso wenig.

Nein, wir können auch anders, wir schaffen das. Aber dazu müssen wir nicht nur reden, sondern auch etwas tun. Der gewaltige Reformstau auf dem Wohnungs- und Immobilienmarkt muss aufgelöst werden. Statt einer Mietpreisbremse braucht es eine zeitlich befristete Regulierungs- und Normenbremse zur Vereinfachung und Beschleunigung des Neubaus.

Dazu braucht es außerdem noch eine, ebenfalls zeitweilige, Sonderförderung zur Kompensation der immer noch hohen Bauzinsen. Ein ähnliches Instrument gab es schon einmal, als es galt, die Neuen Bundesländer nach der Wende wieder aufzubauen.

Nun ist es wieder an der Zeit: Wir müssen das Land ertüchtigen, weil die Bevölkerung wächst, weil mehr Kinder auf die Welt kommen und Menschen ins Land. Das überfordert den Wohnungsmarkt, der bereits vor der großen Migration angespannt war.

Deshalb reicht es nicht aus, den Mangel zu verwalten. Bund und Länder müssen endlich handeln. Schluss mit den faulen Ausreden. Eine davon war die Mietpreisbremse.

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