zum Hauptinhalt

Generaldebatte im Bundestag: Merz' Manöver ist kein Spielchen der Opposition

Die Mehrheit der Ampel für das Bundeswehr-Sondervermögen muss stehen, nur dann kommt die Union dazu. So gelangt Merz mit Scholz auf Augenhöhe. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Friedrich Merz will’s wissen, und zwar in jeder Hinsicht. Bei der Aussprache im Bundestag zum Haushalt, "Generaldebatte" genannt, in diesen Zeiten mit einem nachhallenden Klang, hat der neue Mann an der Spitze der Union gezeigt, wie es unter ihm werden kann: ungemütlich in seiner Genauigkeit für die Bundesregierung, namentlich Bundeskanzler Olaf Scholz.

Und der weiß es, sehr genau sogar, selbst wenn er es sich als führender Vertreter des angewandten Stoizismus nicht anmerken lassen wollte. Der "Herr Bundeskanzler" auf der einen Seite, der "liebe Herr Merz" auf der anderen – das kann noch spannend werden, so oder so. Zumal die Zeiten danach sind, dass sie zur Zusammenarbeit geradezu verpflichtet sind: um Schaden vom deutschen Volk abzuwenden. Doch, doch.

[Alle aktuellen Nachrichten zum russischen Angriff auf die Ukraine bekommen Sie mit der Tagesspiegel-App live auf ihr Handy. Hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen]

Die Bedingungen dafür – die der zu seiner Form findende Oppositionsführer schneidig formulierte – sind nicht von der Hand zu weisen: Transparenz, Beteiligung, Mitwirkung bei großen Entscheidungen, echte Mitwirkung. Eine Art ganz große Koalition also. Merz nutzt das im Forum der Öffentlichkeit als Ausweis für das Selbstverständnis der Union: sie als eine Säule der Solidität, staatstragend, immer wenn es darauf ankommt. Und es kommt darauf an, selbstverständlich. Es sind Kriegszeiten in Europa.

Es geht um die konkreten Folgen der "Zeitenwende"

Dagegen spricht nicht, es genauer wissen zu wollen, ob zu EU-, Nato- und G-7-Gipfeln, oder zum "Sondervermögen" für die Ausrüstung der Bundeswehr. Das sind keine Spielchen der Opposition, um der Regierung zuzusetzen, sondern berechtigte, nationale Interessen. Wie der Kanzler klugerweise anerkannte. Er selbst setzt ja immer wieder den Ton, wenn auch nicht mitreißend. Und nicht so sehr im Detail, sondern im Blick aufs Große, den Ernst der Lage.

Jetzt werden die konkreten Folgen der "Zeitenwende" verhandelt. Grundgesetzänderungen haben da trotz allem ihren Preis. Die Mehrheit der Ampel muss stehen, komplett, nur dann kommt die Union dazu – Merz hat das dem Richtigen gesagt, Scholz. Der akzeptiert. Sie begeben sich politisch auf Augenhöhe.

Das wird spannend werden, weil der Kanzler außerdem Sätze gesagt hat, die bleiben: dass die Nato nicht Kriegspartei wird; dass es keine Flugverbotszone in der Ukraine geben wird; dass russisches Gas weiter nötig ist. Scholz sagt das im Angesicht eines revisionistischen Diktators, eines völkischen Aggressors. Für diese Haltung wird er daheim noch jede Stimme brauchen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false