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Wahlsieger in Georgien sind der bisherige Oppositionsführer Bidsina Iwanischwili und seine Partei "Georgischer Traum".

© dpa

Machtwechsel in Tiflis: Georgische Opposition gewinnt klar gegen Saakaschwili

Nach Auszählung von 97 Prozent der Stimmen liegt die Oppositionspartei "Bündnis Georgischer Traum" des Milliardärs Iwanischwili klar vorne. Das Ausland gratuliert dem Wahlsieger. Sogar Erzfeind Russland zeigt sich versöhnlich.

Bei der Parlamentswahl in Georgien hat die Opposition um den Milliardär Bidsina Iwanischwili nach Auszählung fast aller Wahlzettel mit 55 Prozent der Stimmen gewonnen. Die neue Bewegung Georgischer Traum lag damit etwa 15 Prozentpunkte vor dem Machtlager von Präsident Michail Saakaschwili, das auf 40,2 Prozent der Stimmen kam. Das teilte die Wahlkommission in Tiflis am Mittwoch nach Auszählung von 97 Prozent der Wahlzettel mit. Bereits am Vortag hatte Saakaschwili seine Niederlage eingeräumt. Er will mit seiner Partei in die Opposition gehen. Iwanischwili dagegen will das Land künftig als Premierminister in die EU und Nato führen.

Der Ausgang der Wahlen in der Südkaukasusrepublik ist auf positive Reaktionen in der EU, den USA und bei Russland gestoßen. Die EU gratuliert dem Wahlgewinner „Bündnis Georgischer Traum“. „Sowohl eine verantwortungsvolle Regierung als auch eine konstruktive Opposition sind zentrale Bestandteile einer funktionierenden demokratischen Gesellschaft“, teilten die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton und der EU-Kommissar für Nachbarschaftspolitik, Stefan Füle, am Dienstagabend gemeinsam in Brüssel mit.

US-Außenministerin Hillary Clinton beglückwünschte das georgische Volk zu den friedlichen Wahlen. Es sei ein „historischer Tag“ für alle Georgier und für die demokratische Zukunft Georgiens gewesen, betonte Clinton laut einer Erklärung ihres Ministeriums. Die USA riefen alle Parteien zu einer konstruktiven Zusammenarbeit auf.

Nach dem Wahlsieg von Oppositionsführer Bidsina Iwanischwili schloss Russland einen Neustart im zerrütteten Verhältnis mit dem Nachbarland nicht aus. „Im Parlament werden verantwortungsvollere und konstruktivere Kräfte vertreten sein“, sagte Regierungschef Dmitri Medwedew am Dienstag nach Angaben der Agentur Interfax. Die Kremlpartei Geeintes Russland sei zum Dialog bereit. Bei der Wahl in Georgien hatte Staatschef Michail Saakaschwili eine Schlappe erlitten. Seit dem russisch-georgischen Südkaukasuskrieg von 2008 gilt er als Erzfeind des Kremls. Medwedew hatte Saakaschwili mehrfach als „politische Leiche“ bezeichnet.

Die erst im April gegründete Bewegung Georgischer Traum des Milliardärs Bidsina Iwanischwili lag nach Auszählung von etwa der Hälfte der Stimmzettel mit 54,1 Prozent in Führung, wie die zentrale Wahlkommission in Tiflis mitteilte. Saakaschwili räumte die Niederlage seiner Partei ein. Die von ihm geführte Vereinte Nationale Bewegung gehe in die Opposition, sagte Saakaschwili am Dienstag in einer Fernsehansprache an die Nation. Damit ist das Machtmonopol des Präsidenten neun Jahre nach der unblutigen Rosenrevolution von 2003 gebrochen. Iwanischwili forderte den Staatschef zum Rücktritt auf. „Er hat viele Fehler gemacht“, sagte der Wahlsieger. Alle Reformen der Regierung seien gescheitert. Die für Herbst 2013 geplante Präsidentenwahl in der Ex-Sowjetrepublik am Schwarzen Meer müsse vorgezogen werden, sagte Iwanischwili.

Der 56 Jahre alte Iwanischwili, der Premierminister und damit - nach einer Verfassungsänderung im kommenden Jahr - der mächtigste Mann im Staat werden will, rief Saakaschwilis Lager zur Zusammenarbeit auf. „Es gab Gewalt, es gab Lügen. Heute müssen wir uns zusammenschließen und ein neues einiges Georgien aufbauen“, sagte der reichste Mann des Landes.

Bisher amtierte der 44-jährige Saakaschwili mit einer Zweidrittelmehrheit und regierungstreuen Parteien im Parlament. Die neue Verteilung der 150 Parlamentssitze blieb aber zunächst noch unklar, da nicht alle Direktmandate ausgezählt waren.

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hatte in Tiflis zuvor die Abstimmung als frei und demokratisch gelobt. Allerdings beklagte sie auch eine Atmosphäre der Einschüchterung. (dpa)

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