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Mathias Middelberg (CDU) spricht bei einer Sitzung im Bundestag.

© dpa/Anna Ross

Geplatzte Richterwahl: Unionsfraktionsvize Middelberg fordert Entschuldigung bei SPD und Brosius-Gersdorf

Der prominente CDU-Mann gibt zu, seine Fraktion habe sich in der Causa Brosius-Gersdorf „nicht sauber und korrekt verhalten“. Er betont nun, dass es sich um einen Einzelfall gehandelt habe.

Stand:

Die geplatzte Wahl dreier Richter für das Bundesverfassungsgericht hallt in der schwarz-roten Koalition nach. Schon vor dem Rückzug der von der SPD nominierten Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf, die in der Union umstritten war, hatten einzelne Politiker aus CDU/CSU Fehler zugegeben.

Am Freitag, nachdem die Juristin ihren Verzicht erklärt hatte, räumte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Steffen Bilger, Probleme beim Handling des Falls ein, verortete die Ursache des Streits aber nach wie vor bei der SPD.

„Es ist ganz klar, dass diese Richterwahl nicht gut gelaufen ist.“ Es seien Fehler gemacht worden, sicherlich auch von der Union, sagte Bilger dem Sender Welt TV. „Rückblickend muss man einfach sagen, dass die SPD einen polarisierenden Vorschlag gemacht hat, wir die Brisanz zu spät erkannt haben.“

Das haben wir versäumt, und das ist sicherlich ein Fehler gewesen.

Mathias Middelberg, Unionsfraktionsvize (CDU)

Ein prominenter Politiker geht nun einen deutlichen Schritt weiter. Unionsfraktionsvize Mathias Middelberg sagte am Samstag, er halte eine Entschuldigung gegenüber der SPD und auch der Jura-Professorin für angebracht.

Die Fraktionsführung der Union hätte die gewichtigen Bedenken gegen Brosius-Gersdorf früher erkennen müssen, die CDU/CSU habe sich gegenüber der SPD „nicht sauber und korrekt verhalten“, gestand der CDU-Politiker der Agentur dpa zufolge im Sender NDR ein.

„Das haben wir versäumt, und das ist sicherlich ein Fehler gewesen“, sagte Middelberg. „Und dafür kann man sich bei den Sozialdemokraten entschuldigen. Und das kann man auch gegenüber Frau Brosius-Gersdorf so tun.“ Denn sie sei dadurch unnötig lange in der Diskussion gehalten worden und Angriffen von außen ausgesetzt gewesen.

Middelberg sagte weiter, es habe zweifellos Kampagnen gegen Brosius-Gersdorf gegeben. Aber das sei nicht maßgeblich für die Entscheidung in der Unionsfraktion gewesen. Dort habe es in erheblichen Teilen große Bedenken wegen ihrer Positionen zum Schutz ungeborenen Lebens gegeben. „Das war für uns das maßgebliche Kriterium, diesen Vorschlag, diesen Personalvorschlag am Ende dann abzulehnen.“

SPD-Fraktionschef Matthias Miersch hatte vor dem Wochenende in einem Brief an seine Abgeordneten geschrieben, CDU und CSU müssten sich nun zu den Spielregeln des Regierens bekennen. „Nur wenn Zusagen Bestand haben, sind tragfähige Kompromisse möglich. Nur dann können wir Vertrauen zurückgewinnen und politische Handlungsfähigkeit sichern.“

Miersch schrieb weiter: „Wir erwarten von unserem Koalitionspartner, dass Absprachen künftig Bestand haben.“ Ein solcher Vorgang dürfe sich nicht wiederholen.“

Middelberg sprach im NDR von einem Einzelfall, wo ursprüngliche Absprachen nicht eingehalten werden konnten. Ansonsten sehe er eine überwiegend sehr gute, konstruktive und funktionierende Zusammenarbeiten zwischen Union und SPD. 

Brosius-Gersdorf hatte am Donnerstag mitgeteilt, dass sie nicht länger für eine Kandidatur als Richterin am Bundesverfassungsgericht zur Verfügung steht. Ihre Wahl und die zweier weiterer Kandidaten für die Posten in Karlsruhe war im Juli im Bundestag kurzfristig abgesetzt worden, weil der Widerstand in der Unionsfraktion gegen die Juristin zu groß geworden war. Die Fraktionsspitze konnte dem Koalitionspartner die verabredete Wahl nicht mehr garantieren.

Die an der Uni Potsdam lehrende Juristin begründete ihre Entscheidung mit Äußerungen aus der Unionsfraktion im Bundestag. Man habe ihr signalisiert, dass ihre Wahl ausgeschlossen sei. „Teile der CDU/CSU-Fraktion lehnen meine Wahl kategorisch ab“, schrieb Brosius-Gersdorf in einer Stellungnahme. Die 54-Jährige erklärte, sie wolle auch verhindern, „dass sich der Koalitionsstreit wegen der Richterwahl zuspitzt und eine Entwicklung in Gang gesetzt wird, deren Auswirkungen auf die Demokratie nicht absehbar sind“.

Der Chef des Kanzleramts, Thorsten Frei (CDU), gab sich bei der Lösung des Koalitionsstreits optimistisch. Er sei sicher, dass die Fraktionen von Union und SPD „in der Lage sein werden, in den nächsten Wochen einen Vorschlag zu präsentieren, der dann auch über die Mehrheitsfähigkeit im Parlament verfügt und dafür sorgt, dass die Richter in Karlsruhe ersetzt werden können“, sagte der Vertraute von Kanzler Friedrich Merz am Freitag im Deutschlandfunk.

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