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Bald knallt’s: Niemand traut sich an eine echte Rentenreform – warum eigentlich?
Aus dem Rentenversprechen ist eine Rentenlüge geworden: Die Rente ist nicht sicher. Der Aufschrei deswegen bleibt überraschenderweise aus.

Stand:
Als die damalige Bundesregierung Dieselsubventionen für Landwirte kürzen wollte, legten die Bauern kurzerhand die Hauptstadt mit Treckern lahm, bis die Politik einknickte.
Von einer zunehmend unsicheren Rente sind Millionen Menschen, wenn nicht das ganze Land betroffen. Aber wo bleiben die Demonstranten? Wo die empörten Jugendvertreter? Und wo die politische Verantwortung angesichts einer Schieflage, die jeden, der fünf Minuten darüber nachdenkt, fassungslos machen müsste?
Klar – „Rentenpolitik“, das klingt für viele in etwa so attraktiv wie „Steuererklärung“ oder „Zahnarzttermin“. Aber läuft es weiter wie bisher, werden Millionen Menschen, die heute in die Rentenversicherung einzahlen, nach ihrem Arbeitsleben Probleme haben, über die Runden zu kommen.
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Das Modell ist simpel: Die gesetzliche Rente ist eine umlagefinanzierte. Das heißt, wer heute arbeitet, zahlt in die Rentenkassen ein und die wiederum zahlen Geld an heutige Rentner aus.
Das beruht auf dem mittlerweile ungerechtfertigten Vertrauen, dass Jahrzehnte später, wenn der Einzahler von heute selbst in Rente geht, nachfolgende Generationen weiter einzahlen und alles so läuft wie bisher. Doch aus dem Rentenversprechen ist eine Rentenlüge geworden.
Seit Langem ist klar, dass die Bevölkerung schrumpft. Und mittlerweile auch, dass es der Wirtschaft ernsthaft schlecht geht. Es wird immer unwahrscheinlicher, dass der Großteil derjenigen, die heute einzahlen, später einmal ihren Lebensabend damit bestreiten können. Der Staat kann nicht unbegrenzt Geld in die immer größeren Löcher schießen.
Zum Vergleich: Arbeitnehmer in den USA sorgen seit Langem mit dem 401k für ihre Altersvorsorge vor. Dabei wird ein Teil des Gehalts steuerlich begünstigt angelegt. Währenddessen scheuen viele Deutsche nach wie vor die Börse. Zwischen nationalem Telekom-Trauma und mangelnder Finanzbildung glauben viele an Immobilien. Doch die können sich immer weniger Menschen leisten – wenn es denn überhaupt möglich ist, etwas an die Seite zu legen.
Ganz zaghaft wagt sich die Koalition mit der Frühstart-Rente nun immerhin an Investitionen am Aktienmarkt. Aber zehn Euro für Kinder genügen nicht. Ein zweiter Schritt muss zwangsläufig die Reform der Kapitalertragssteuer sein. Wer auf eigenes Risiko mit Aktien vorsorgt, sollte dann im Alter nicht auch noch 25 Prozent Steuern auf die Erträge zahlen müssen.
Doch das ist nur ein kleiner Baustein. Abwenden ließe sich das große Desaster nur, wenn sich die Rahmenbedingungen radikal änderten. Die Vorschläge dazu sind alle bekannt – längeres Berufsleben, mehr Vollzeit, mehr Einzahler, weniger Beamte, höhere Beiträge, zusätzliche Rücklagen.
Wenn das System mangels Zukunftsfestigkeit kollabiert, ist auch die Versorgung heutiger Rentner nicht sicher.
Stefanie Witte, Politik-Redakteurin
Was wird umgesetzt? In den vergangenen Legislaturperioden wenig bis gar nichts – oder aktuell allenfalls noch kurzsichtige Klientelgeschenke, für die am Ende alle aufkommen dürfen.
Statt das Problem zu lösen oder zumindest mal anzugehen, vertagt man es, wirft es in einen Topf mit Krankenkassenbeiträgen, Pflegeversicherung und Bürgergeld. Soziales und Gedöns? Dann fällt ja nicht weiter auf, dass die wirtschaftliche Grundlage eines Großteils der Bevölkerung in Gefahr ist.
Lösen soll das Problem jetzt eine Kommission. Mal wieder. Fun fact: Im Jahr 2020 hat die „Kommission Verlässlicher Generationenvertrag“ der Bundesregierung ihre Ergebnisse übergeben. Ziel war es, die Rente nachhaltig zu sichern – und ab dem Jahr 2025 ein solides Fundament zu schaffen. War wohl nichts.
Also startet die nächste Arbeitsgruppe und markiert einen politischen Offenbarungseid. Auch Schwarz-Rot wagt es bislang nicht, sich im mächtigen Rentnerlager unbeliebt zu machen und unpopuläre, aber unumgängliche Entscheidungen zu treffen. Dabei geht es gar nicht um Alt gegen Jung. Wenn das System mangels Zukunftsfestigkeit kollabiert, ist auch die Versorgung heutiger Rentner nicht sicher.
Angesichts all der Sonntagsreden zur Zukunft der Demokratie sollte es die Bundespolitik als Pflicht verstehen, essenzielle Zukunftsthemen wie die Rente anzupacken. Denn da geht es wirklich ums Fundament des Sozialstaates.
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