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Nina Warken (CDU), Bundesministerin für Gesundheit, gibt während der 1060. Sitzung des Bundesrates ein Interview.

© dpa/Sebastian Gollnow

Gesundheitssystem im Wandel: Ministerin Warken stimmt Patienten auf deutliche Veränderungen ein

Medizinisches Fachpersonal soll mehr Aufgaben übernehmen. Warken erwartet, dass Bürger zu „neuen Wegen“ bereit sind, wenn diese zu Verbesserungen führen.

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Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) stimmt die Menschen in Deutschland auf deutliche Veränderungen im Gesundheitswesen ein. „Ja, das bedeutet für die Patienten eine Umstellung“, sagte sie dem „Spiegel“.

Warken will Hausärzte entlasten, indem etwa medizinisches Fachpersonal mehr Aufgaben übernimmt. „Das kann heißen: Auch das Fachpersonal macht Hausbesuche, führt bestimmte Sprechstunden oder Untersuchungen durch“, erklärte Warken.

„Nicht mehr drei Stunden in einem überfüllten Wartezimmer“

Damit das funktioniere, brauche es Vertrauen, unter anderem in die Fähigkeiten der medizinischen Fachangestellten. „Aber viele Bürgerinnen und Bürger sind sicherlich bereit, neue Wege zu gehen, wenn sie merken: Es lohnt sich“. Dafür säßen sie dann „nicht drei Stunden neben einem Grippepatienten in einem überfüllten Wartezimmer“.

Viele Bürgerinnen und Bürger sind sicherlich bereit, neue Wege zu gehen, wenn sie merken: Es lohnt sich“

Gesundheitsministerin Nina Warken

In Ländern wie Schweden ist das bereits Realität. „Wenn man dort in ein Gesundheitszentrum kommt, hat man häufig erst mal Kontakt mit medizinischem Fachpersonal und nicht direkt mit einem Arzt“, sagte Warken. „Dann entscheidet beispielsweise eine speziell ausgebildete Krankenschwester, ob die Person überhaupt einen Arzt sehen muss“.

Warken verteidigte außerdem das von ihr geplante Primärarztsystem. Die Reform sieht vor, dass in der Regel der Hausarzt die erste Anlaufstelle für Patienten ist und an den Facharzt überweist. So will die Ministerin die Zahl der Arztkontakte in Deutschland reduzieren und Doppelbehandlungen vermeiden.

Zu einigen Ärzten sollten Patienten aber weiterhin direkt gehen können, sagte Warken. Augenärzte zählten zu den Ausnahmen. „Ganz sicher gehören auch Frauenärztinnen und -ärzte dazu“, so die Ministerin. „Auch wer eine chronische Krankheit hat und zum Beispiel einmal im Jahr zum Urologen muss, soll weiterhin direkt zu seinem Facharzt gehen können“. Bei Vorsorgeuntersuchungen sei das ebenfalls sinnvoll.

Warken betonte, dass Deutschland insbesondere bei der Prävention Nachholbedarf habe. „Letztens hat mir der Gesundheitsminister von Saudi-Arabien erzählt, dass sie um Schulen herum keine Fast-Food-Filialen erlauben. Das will ich mir nicht abschauen, aber es zeigt, dass andere Länder da strikter sind“, erzählte sie. „Wir müssen auch über Dinge sprechen, die bislang tabu waren“. Warkens Parteikollege Daniel Günther hatte am Wochenende angekündigt, eine bundesweite Zuckersteuer anzustreben.

Warken kritisiert Krankenkassen

Unterdessen weist Warken die Kritik gesetzlicher Krankenkassen zurück, sie habe nicht genug gegen Beitragserhöhungen getan. „Wenn die Kassen sagen, dass nur die anderen schuld seien, machen sie es sich zu einfach“, sagte die Ministerin der „Süddeutschen Zeitung“ (SZ). „Jeder hat Verantwortung, auch die Kassen.“

Sie habe die Finanzlücke geschlossen, sagte Warken. Nun zeige sich im Wettbewerb der Krankenkassen, wie sie jeweils damit umgingen. „Ich habe als Gesundheitsministerin den kassenindividuellen Zusatzbeitrag nicht in der Hand. Wir können die Krankenkassenbeiträge nicht so passgenau steuern wie die Beiträge in den anderen Sozialversicherungen.“

Große Krankenkassen wie die Techniker Krankenkasse (TK; 12,3 Millionen Versicherte) und die DAK-Gesundheit (5,4 Millionen Versicherte) gaben am Freitag bekannt, ihre Beiträge zum Jahreswechsel zu erhöhen.

Die Bundesregierung hatte mehrfach versprochen, die Beiträge stabil halten zu wollen. Doch hieß es von den Krankenkassen, das Sparpaket, das am Freitag den Bundesrat passiert hatte, sei zu klein. Warken betont, dass ein weiteres großes Sparpaket folgen soll. „Wir brauchen ein großes Sparprogramm, um die Kosten bei den gesetzlichen Kassen zu senken. Dafür wird eine von mir eingesetzte Kommission im kommenden Frühjahr Vorschläge machen“, sagte sie dem „Spiegel“.

Das Sparpaket von Warken sieht Ausgabenbremsen vor allem bei den Kliniken vor und sollte den Druck für erneute Anhebungen der Zusatzbeiträge zum 1. Januar 2026 vermindern. (dpa, tsp)

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