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Ein kleiner Hund sitzt in einem Wahllokal im KulturKlinker Barmbek.

© picture alliance/dpa/Christian Charisius

Hamburg vor der Wahl: Wo die rot-grüne Welt noch in Ordnung ist

Die SPD steht in der Hansestadt gut da – und kann nach Ansicht eines Experten die Lösung ihrer Probleme dennoch nicht im Norden finden. Was man zur Wahl wissen muss: der Überblick.

Stand:

Schon wieder Wahlen: Am Sonntag entscheiden die Menschen in Hamburg, wer die Hansestadt in den kommenden Jahren regiert. Was ist zu erwarten?

Hamburg wird rot-grün regiert, und zwar unter Peter Tschentscher (SPD) als Erstem Bürgermeister. Er übernahm sein Amt einst von einem gewissen Olaf Scholz, als der als Finanzminister ins Kabinett von Kanzlerin Angela Merkel wechselte.

Tschentschers SPD liegt in Umfragen mit etwas über 30 Prozent klar vorn. Grüne und CDU tragen den Wettstreit um Platz zwei aus, zu erwarten ist jeweils ein Ergebnis knapp unter 20 Prozent.

Ein anderes realistisches Szenario, als dass Rot-Grün fortgesetzt wird, gibt es nicht.

Politikwissenschaftler Kai-Uwe Schnapp

Die Linkspartei hat, parallel zur Entwicklung im Bund, in den vergangenen Wochen einen Aufschwung in den Umfragen erlebt und steht derzeit bei mehr als zehn Prozent.

In der aktuellen Bürgerschaft sitzen in Fraktionsstärke SPD, Grüne, CDU, Linke und AfD.

Peter Tschentscher (SPD), Erster Bürgermeister in Hamburg und Spitzenkandidat für die Bürgerschaftswahl, gibt in einem Wahllokal seine Stimme ab.

© dpa/Christian Charisius

Warum ist die SPD viel stärker als im Bund?

Hamburg ist traditionell eine SPD-Hochburg. „CDU-Bürgermeister hat es hier immer nur als Intermezzo gegeben“, sagt der Politikwissenschaftler Kai-Uwe Schnapp von der Universität Hamburg. „Die SPD ist hier weniger links als in anderen Landesverbänden, mit einem teilweise konservativen Touch. Sie passt als Partei zur dieser Stadt.“

Tschentscher als Bürgermeister sei kein Volkstribun. „Er begeistert die Menschen nicht durch emotionalen Reden. Aber er wird wahrgenommen als unermüdlicher Arbeiter für die Belange der Stadt.“

Als Modell für den Bund tauge der sich abzeichnende Hamburger Erfolg aber nur bedingt. Denn hier treffe eine spezifische Aufstellung der SPD auf eine spezifische Wählerschaft. „Die SPD wird die Lösung ihrer Probleme nicht in Hamburg finden.“

Kann für die FDP von Hamburg ein Signal der Hoffnung ausgehen?

Die FDP steht in Umfragen bei drei Prozent, also deutlich unter der Fünf-Prozent-Hürde. „Es ist ein Stück weit ein Rätsel, warum die FDP in Hamburg, der Stadt der Kaufleute, so gar keinen Fuß auf den Boden bekommt“, sagt Experte Schnapp.

„Womöglich trägt das einseitig wirtschaftsliberale Profil der Partei dazu bei.“ Dazu kommt, dass es in den vergangenen Jahren immer wieder interne Querelen gab. Der Bundestrend tut sein Übriges.

Warum ist die Zustimmung zur AfD niedriger als anderswo?

Die AfD kann mit einem Wahlergebnis um die zehn Prozent rechnen. Das ist viel, aber deutlich weniger als die 20,8 Prozent, die die Partei bei der Bundestagswahl holte. Woran liegt das?

Hamburg liegt beim Bruttoinlandsprodukt pro Kopf im Vergleich der Bundesländer klar vorn, mit deutlichem Abstand vor Bayern. „Hamburg ist wohlhabend, die Verwaltung funktioniert vergleichsweise gut, Infrastruktur und Daseinsvorsorge auch. Das macht es rechten Parteien schwer, dieser Zusammenhang ist erwiesen“, sagt Schnapp.  

In der Stadt mit ihrem großen Mediensektor und diversen Hochschulen gebe es viele Wählerinnen und Wähler, für die die AfD grundsätzlich nicht in Frage komme. Das Thema Migration werde in der Stadt diskutiert, habe den Wahlkampf aber nicht bestimmt. 

Aber natürlich gebe es auch in Hamburg Stadtteile mit Armut und sozialen Problemen, in denen die AfD Ergebnisse von an die 30 Prozent erziele.

Welche Bilanz hat der amtierende Senat vorzuweisen?

Rot-Grün habe Hamburg geräuschlos und pragmatisch regiert, sagt Politikwissenschaftler Schnapp. „Zwei Drittel der Bevölkerung bewerten die Arbeit des Senats als gut oder sehr gut.“ Zum Beispiel bei der Verkehrswende seien erste Erfolge in der Stadt zu spüren.

Kann die CDU bei der Regierungsbildung ins Spiel kommen?

Die Senatorin und grüne Spitzenkandidatin Katharina Fegebank würde die Reihenfolge im Regierungsbündnis am liebsten umdrehen, auf dass Hamburg künftig Grün-Rot regiert werde. Das wird ausweislich der Umfragen aber nicht geschehen.

Sie tritt für die Grünen als Spitzenkandidatin an: Katharina Fegebank, Senatorin unter Peter Tschentscher.

© REUTERS/Fabian Bimmer

SPD und Grüne können gut miteinander, keiner der beiden Partner hat ein Interesse daran, stattdessen ein Bündnis mit der CDU einzugehen, auch wenn Rot-Schwarz rechnerisch denkbar wäre. „Ein anderes realistisches Szenario, als dass Rot-Grün fortgesetzt wird, gibt es nicht“, sagt Schnapp.

Dennis Thering hat die Hamburger CDU konservativ positioniert.

© dpa/Marcus Brandt

Die Hamburger CDU sei unter Spitzenkandidat Dennis Thering sehr konservativ aufgestellt. „Sie betreibt zum Beispiel eine klassische Pro-Autofahrer-Politik und stellt sich in Sachen Migration klar hinter die harte Linie von Friedrich Merz.“ Entsprechend seien die Schnittmengen mit SPD und Grünen klein.

Karin Prien, die Bildungsministerin aus Schleswig-Holstein, die nun auf Bundesebene für die Union zum Sondierungsteam gehört, fing einst in der Hamburger CDU an. „Für sie ist die Hamburger CDU zu konservativ, man hat es geschafft, sie hier zu vergraulen“, sagt Schnapp.

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