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Lob von Minister Pistorius: Kanzler Scholz mit Großem Zapfenstreich verabschiedet
Der scheidende Kanzler hatte sich für seinen Zapfenstreich Musik von den Beatles, Bach und Aretha Franklin für die Zeremonie gewünscht. Verteidigungsminister Pistorius würdigte ihn.
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Der geschäftsführende Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist vor dem offiziellen Ausscheiden aus seinem Amt mit dem traditionellen Großen Zapfenstreich der Bundeswehr verabschiedet worden. Scholz hatte sich dazu vom Musikkorps der Bundeswehr den Beatles-Klassiker „In My Life“, einen Auszug aus dem Zweiten Brandenburgischen Konzert von Johann Sebastian Bach sowie das Lied „Respect“ von Aretha Franklin gewünscht.
Zu dem feierlichen militärischen Zeremoniell im Verteidigungsministerium waren als Ehrengäste auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, zudem Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) und der Generalinspekteur der Bundeswehr, Carsten Breuer, anwesend. Darüber hinaus kamen weitere hochrangige Gäste aus Politik und Gesellschaft.

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Scholz würdigte den unmittelbar bevorstehenden Regierungswechsel in seiner Abschiedsrede als „Ausdruck demokratischer Normalität“. Es sei in diesen Zeiten „keineswegs normal, dass sich ein solcher Wechsel so zivilisiert, so kollegial und so anständig vollzieht, wie wir das in diesen Tagen hier in Deutschland erleben“, sagte der SPD-Politiker.
Diesen zivilen Umgang unter Demokratinnen und Demokraten gelte es zu schützen und zu bewahren. „Denn er ist kostbar“, sagte Scholz. Demokratie bedeute zwar nicht, dass alle immer einer Meinung sein müssten. Aber sie brauche ein grundlegendes Verständnis von Solidarität untereinander. „Ein Verständnis von Gemeinsamkeit, die wir trotz unserer unterschiedlichen Ansichten, Herkunft und Überzeugungen in unserem Land teilen – und wonach Deutschland dann – und nur dann – stark ist, wenn wir es zusammenhalten.“

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Seinem designierten Nachfolger Merz, der gemeinsam mit seiner Frau Charlotte in der ersten Reihe saß, wünschte Scholz für alle Aufgaben und Herausforderungen „viel Erfolg, Fortüne und eine glückliche Hand“. „In schweren Stunden, die es sicherlich ebenfalls geben wird, wünsche ich Ihnen Begegnungen, aus denen Sie Kraft und Zuversicht schöpfen können.“

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Er selbst habe solche Begegnungen immer wieder mit Bürgerinnen und Bürgern gehabt, „die Zusammenhalt über Spaltung stellen“. „Ein Land, das solche Bürgerinnen und Bürger hat, muss keine Angst vor der Zukunft haben.“
Pistorius: „In schwierigen Momenten hast du Kurs gehalten“
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) würdigte Bundeskanzler Olaf Scholz als „Staatsmann“, der Deutschland mit Entschlossenheit, Klugheit und Besonnenheit durch stürmische Zeiten geführt habe. „In schwierigen Momenten hast Du Kurs gehalten“, sagte Pistorius.
Nur drei Monate nach dem Amtsantritt von Scholz habe der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine den Kontinent erschüttert. „Du musstest in dieser Zeit mit schweren Entscheidungen ringen. Entscheidungen, die den disruptiven Veränderungen gerecht werden mussten. Entscheidungen, die eben auch nicht immer populär waren, die aber stets mit Weitsicht zum Wohl unseres Landes von Dir getroffen wurden“, sagte Pistorius.
Scholz habe für Verlässlichkeit und Stabilität gestanden und als Kanzler viele notwendige, wichtige und richtige Entscheidungen getroffen. „Nicht zuletzt als die Dreierkoalition ihren Zusammenhalt verloren hat, hast Du die Zeichen der Zeit erkannt. Du hast verantwortungsbewusst den Schlussstrich gezogen und die Vertrauensfrage gestellt, um den Weg für Neuwahlen zu ebnen. Eine Entscheidung, die ganz sicher nicht leicht war und die unser aller Respekt verdient“, sagte Pistorius.
Der Große Zapfenstreich ist die höchste Ehrung der Bundeswehr für Zivilpersonen. Er soll den Zusammenhalt der Truppe festigen und die Verbundenheit von Bundeswehr und Bevölkerung stärken.
Zeremonie mit langer Tradition
Die Zeremonie hat eine weit in die Militärgeschichte zurückreichende Tradition. Ihre Ursprünge liegen in der Zeit der Landsknechte des 16. Jahrhunderts. Damals gab ein Truppenführer in Gasthöfen und Tavernen mit einem Streich auf die Zapfen der Getränkefässer den Beginn der Nachtruhe bekannt – daher der Name „Zapfenstreich“. Danach durften die Wirte nicht mehr an die Soldaten ausschenken. Im Laufe der Jahrhunderte wurde dieses Signal durch Trompeten-, Flöten- und Trommelspiel musikalisch angereichert.
Das Zeremoniell entstand in seiner heutigen Form im frühen 19. Jahrhundert in der Zeit der Befreiungskriege, als das Ritual durch ein kurzes Abendlied und dann auch um ein Gebet ergänzt wurde. Der Große Zapfenstreich der Bundeswehr besteht heute aus dem „Locken“ der Spielleute, dem Auftritt des Musikkorps, einem Gebet und der Nationalhymne.
Es gibt personen- und anlassbezogene Große Zapfenstreiche. Letztere finden bei besonderen Anlässen wie etwa dem Ende eines langjährigen Bundeswehreinsatzes statt. Häufiger sind anlassbezogene Große Zapfenstreiche bei besonderen Jubiläen, wenn beispielsweise eine militärische Einheit oder eine Dienststelle der Bundeswehr ein rundes Jubiläum begeht.
In deutlich größerem Rahmen werden die öffentlich bekannteren personenbezogenen Großen Zapfenstreiche abgehalten. Dabei werden verdiente Amtsträgerinnen und Amtsträger zum Dienstende geehrt. Dazu zählen Bundespräsidenten, Bundesverteidigungsminister, Bundeswehrgeneräle und -admirale – und eben Bundeskanzler und Bundeskanzlerinnen.
Merkel wünschte sich Nina Hagen
Eine Besonderheit bei personenbezogenen Großen Zapfenstreichen sind die drei Musikstücke, die sich die Geehrten aussuchen können und die das Musikkorps spielt.
Bei Scholz’ Amtsvorgängerin Angela Merkel (CDU) wurde der DDR-Hit „Du hast den Farbfilm vergessen“ von Nina Hagen und außerdem „Für mich soll’s rote Rosen regnen“ von Hildegard Knef gespielt.
Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) suchte sich „Smoke on the Water“ von Deep Purple aus, seine Nach-Nachfolgerin Ursula von der Leyen (CDU) „Wind of Change“ von den Scorpions. Bundespräsident Joachim Gauck wünschte sich „Über sieben Brücken musst Du gehen“ von Karat.
Kritiker des Großen Zapfenstreichs sehen das militärische Zeremoniell in der unmittelbaren Tradition von preußischen Paraden und Hitlers Fackelzügen. Sie sprechen von einem Symbol des preußischen und deutschen Militarismus. (epd/AFP)
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