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„Ihr Talent ist außergewöhnlich“: Miriam Meßling ist die neue Verfassungsrichterin für Karlsruhe
Am 17. April startet die Juristin Miriam Meßling als neue Richterin am Bundesverfassungsgericht. Damit bleibt die Parität in Karlsruhe gewahrt.
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Als ihr Doktorvater an der Universität Münster ihr ihre Dissertation immer wieder wegen kleinerer Fehler zur weiteren Bearbeitung zurückgibt, vermutlich weil er sie als Mitarbeiterin halten will, wird es Miriam Meßling eines Tages zu bunt: Sie schaltet die Uni ein, nimmt dafür das Risiko einer schlechteren Bewertung in Kauf. Und nicht nur das, sie macht diese Möglichkeit publik, zeigt anderen Studierenden, wie sie sich aus einer zu langen Promotionszeit befreien können.
Meßling will weiterkommen, hat kein Interesse daran, länger an der Uni zu bleiben als nötig. Und sie schafft es, die inzwischen 50-Jährige kann auf eine beeindruckende Karriere in der Justiz zurückblicken, die nun ihren bisherigen Höhepunkt erreicht: Am Montag wird Meßling ihren Dienst als derzeit jüngste Richterin am Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe antreten.
„Wahl einer Richterin des Bundesverfassungsgerichts“. Mit diesem Top 47 im „2. Nachtrag zur Tagesordnung der 1032. Sitzung des Bundesrats“ wurde am 28. März offiziell, dass die vakante Stelle am Bundesverfassungsgericht an eine Frau gehen würde, die Parität von acht Richterinnen und acht Richtern am höchsten deutschen Gericht also gewahrt bleibt. Miriam Meßling, zuvor Vizepräsidentin des Bundessozialgerichts in Kassel, wurde einstimmig gewählt.
Parität in Karlsruhe bleibt gewahrt
Ihr Ruf nach Karlsruhe überrascht Weggefährt:innen Meßlings nicht. Direkt nach dem zweiten juristischen Staatsexamen begann Meßling als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Renate Jaeger, damals Richterin des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe, zu arbeiten.
Dass sie eine außergewöhnliche Karriere hinlegen würde, habe sich früh abgezeichnet, sagte Jaeger dem Tagesspiegel. „Ihr Talent ist außergewöhnlich, das wurde mir innerhalb kürzester Zeit klar, dafür habe ich Sensoren.“
Sie sei damals die einzige Mitarbeiterin gewesen, die ohne richterliche Praxiserfahrung bei Jaeger habe arbeiten dürfen, erinnert sich Bernd Schütze, Vorsitzender Richter am Bundessozialgericht und ebenfalls früherer Mitarbeiter von Renate Jaeger. Das sei etwas sehr Besonderes gewesen. Schützes Wege hatten sich immer wieder mit denen Meßlings gekreuzt, zuletzt am Bundessozialgericht.

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„Es gibt sehr erfolgreiche Menschen, da hat man das Gefühl, sie sind in einem Korsett gefangen, in einem sich selbst regelnden Gehäuse von Disziplin. Bei ihr nicht, da spürt man Leichtigkeit, eine hohe Empathie, und ihr Auftreten ist von Freundlichkeit getragen.“
In den Lobesreigen reiht sich auch Rainer Schlegel, Präsident des Bundessozialgerichts in Kassel, ein. Trotz ihrer steilen Karriere sei sie unprätentiös und nicht abgehoben, suche und halte stets den Kontakt zu Kolleg:innen. „Besonders schätze ich ihr besonderes Geschick für Kommunikation“, sagte Schlegel dem Tagesspiegel.
Mütter sind nicht die besseren Menschen, aber ihre Stimmen müssen präsent sein, weil sie andere Aspekte in das Recht einbringen, Folgen anders abschätzen können.
Renate Jaeger, frühere Richterin am Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe
Einziger Wermutstropfen für ihn: Er muss sie ziehen lassen. „Gleichzeitig gewinnt das Bundesverfassungsgericht eine Persönlichkeit, die kraft ihrer juristischen und sozialen Kompetenz Maßstäbe setzen wird.“ Eigentlich hatte Meßling nach dessen Pensionierung als Präsidentin auf Schlegel folgen sollen, nun kommt Karlsruhe dazwischen.
Das Bundesverfassungsgericht gewinnt eine Persönlichkeit, die kraft ihrer juristischen und sozialen Kompetenz Maßstäbe setzen wird.
Rainer Schlegel, Präsident des Bundessozialgerichts.
Renate Jaeger, die auch Richterin am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte war, sagt von sich, dass sie Zeit ihres Berufslebens Frauen gefördert habe. Sie ist froh, dass mit Miriam Meßling nicht nur wieder eine Frau, sondern auch eine Mutter ins Bundesverfassungsgericht einzieht.
„Mütter sind nicht die besseren Menschen, aber ihre Stimmen müssen präsent sein, weil sie andere Aspekte in das Recht einbringen, Folgen anders abschätzen können.“
Miriam Meßling ist Mutter von zwei Töchtern, ihr Ehemann, ein Lehrer, hat sich früh entschieden, die Karriere seiner Frau zu unterstützen. Anders gehe es auch nicht, sagt Jaeger. „Für uns Frauen bleibt das leider ein großes Lebensproblem.“ Als sie zur Richterin des Bundesverfassungsgerichts ernannt wird, sind ihre Kinder schon erwachsen, Meßlings Kinder sind schulpflichtig.
„Dieser Beruf ist unglaublich beanspruchend, sowohl zeitlich als auch intellektuell, das muss man irgendwie in die Reihe kriegen. Ich wünsche ihr die Kraft, das Organisationsgeschick und die Unterstützung, die sie braucht.“ Miriam Meßling folgt am Ersten Senat auf die Hochschullehrerin Gabriele Britz, die nun an die Uni zurückkehren wird. Für die Wahl war sie von der SPD vorgeschlagen worden.
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