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Erst mal in die Kirche. Am Tag, nachdem sein Wahlsieg verkündet war, besuchte der künftige Präsident Kenias, Uhuru Kenyatta (mitte) gemeinsam mit seiner Frau Margaret eine Kirche. Er tritt in die Fußstapfen seines Vaters, Jomo Kenyatta, der Kenia in die Unabhängigkeit geführt hatte.

© Reuters

Wahlen in Kenia: Im Gewand eines Staatsmanns

Wahlsieger Uhuru Kenyatta versucht Kenia trotz Strafverfahren zu beruhigen. Seine Kampagne gegen die "weiße Justiz" in Den Haag hat offenbar gezogen.

Fast schien es so, als könne er seinen frühen Wahlsieg selber kaum fassen. Schließlich hatte fast niemand damit gerechnet, dass einer der acht Kandidaten schon in der ersten Runde der kenianischen Präsidentschaftswahl die notwendige absolute Mehrheit von 50 Prozent plus einer Stimme erringen würde. Doch genau dies ist dem Sohn des kenianischen Gründervaters Jomo Kenyatta gelungen – wenn auch nur mit hauchdünnem Vorsprung. Mit 50,07 Prozent gewann der Geschäftsmann rund 4000 Stimmen mehr als er benötigte. Die Wahlbeteiligung lag mit 86 Prozent der registrierten Wähler so hoch wie noch nie seit der Unabhängigkeit des Landes vor 50 Jahren. Kenyatta selbst gab sich, anders als im Wahlkampf in der Stunde des Triumphes ungewöhnlich staatstragend. Er wolle „den Rechtsstaat achten und ein Präsident für alle Kenianer“ sein, sagte ausgerechnet er. Sein Gegenspieler Premierminister Raila Odinga hat angekündigt, die Wahl vor Gericht anzufechten. Er sprach am Samstag von 30 Wahlkreisen, in denen mehr Stimmen abgegeben worden seien als Wähler registriert waren. Am Sonntag reagierte Kenyatta auf seiner Facebook-Seite mit vier eher spöttischen Szenarien, in denen Raila Odinga jedes Mal verlieren würde. Im ersten Fall weil auch die Wahlkommission Anwälte habe. Im zweiten, weil „Uhuru Kenyatta von Gott gewählt wurde, und kein Gericht gegen Gottes Wille vorgehen kann, wenn er von 6,2 Millionen Wählern vollzogen“ worden sei. Außerdem hätten weder die nationale Wahlbeobachtergruppe noch internationale Wahlbeobachter Unregelmäßigkeiten entdeckt.

Kenyatta hat sich für die Wahl mit William Ruto verbündet, seinem Todfeind bei der Wahl vor fünf Jahren. Die beiden Politiker eigentlich nur, dass sich beide in Kürze vor dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag für ihre Rolle bei den Unruhen nach der Wahl vor fünf Jahren verantworten müssen. Mindestens 1300 Menschen starben damals und brachten Kenia an den Rand eines Bürgerkrieges. So sollen sie mit dafür verantwortlich sein, dass ihre jeweiligen Volksgruppen – Kenyattas Kikuyu und Rutos Kalenjin – damals brutal aufeinander losgingen.

In den westlichen Hauptstädten waren die Reaktionen auf Kenyattas Wahlsieg schmallippig. Der amerikanische Außenminister John Kerry und die Außenbeauftragte der Europäischen Union Catherine Ashton dankten wortgleich wie UN-Generalsekretär Ban Ki Moon dem kenianischen Volk für Geduld und Umsicht bei der Wahl und während der Auszählung. Zudem gratulierten Kerry und Ashton „all denen, die gewählt worden sind“. Im Mai soll vor dem IStGH in Den Haag der Prozess gegen William Ruto beginnen, im Juli der gegen Kenyatta. Beide haben sich im Wahlkampf zum Opfer einer westlichen Strafjustiz stilisiert. Inzwischen sind deshalb nicht wenige Kenianer der Ansicht, dass Politiker wie Kenyatta oder Ruto vor einem „Zugriff der Weißen“ geschützt werden müssten.

Beobachter wie der kenianische Antikorruptionskämpfer John Githongo befürchten für Kenia durch den Sieg von „Uhuruto“ einen schleichenden Niedergang, weil Kenia unter Kenyatta international die Isolation droht. Aber auch den Ruf des Strafgerichtshofes in Den Haag sieht Githongo in Gefahr. Es ist der erste Fall, in dem der IStGH von sich aus aktiv geworden ist. Und der Anklage sind schon mehrere Zeugen abhanden gekommen. Das vermutete die Chefanklägerin des IStGH Fatou Bensouda vor kurzem habe mit der massiven Beeinflussung von Zeugen zu tun, die sie beobachtet habe. So soll der Hauptbelastungszeuge gegen den mit Kenyatta gemeinsam angeklagten ehemaligen Chef des öffentlichen Dienstes, Francis Muthaura, bestochen worden sein, seine Aussagen zurückzuziehen. Er soll dem IStGH inzwischen mitgeteilt haben, dass er Geld dafür genommen habe, seine Aussagen zurückzunehmen. Fatou Bensouda hat den Fall gegen Muthaura deshalb an eine Vor-Beschlusskammer des Gerichtshofes zurückverwiesen. Auch die Zeugen gegen Kenyatta sollen mit Geld oder mit härteren Bandagen unter Druck gesetzt worden sein. Die Beweislage gegen Ruto soll jedenfalls besser sein als gegen Kenyatta, sagen Kenner der Materie.

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