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Die Arbeitslosenquote von Schwerbehinderten ist fast doppelt so hoch wie die von Menschen ohne Behinderung.

© picture alliance / Robert Schlesinger/Robert Schlesinger

Inklusion gegen Fachkräftemangel: „Menschen mit Behinderungen in Deutschland immer noch strukturell benachteiligt“

Bei der Ministerpräsidentenkonferenz wird der Behinderten-Beauftragte Dusel sprechen. Was er fordert und wie der Staat mit Inklusion sparen kann.

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Neben dem Schwerpunktthema Migration wird es bei der Ministerpräsidentenkonferenz, die am Mittwoch in Leipzig startet, auch um die Inklusion gehen. Eingeladen sind auch die Behinderten-Beauftragten der Länder und der des Bundes, Jürgen Dusel.

„Ich bin froh, dass Herr Kretschmer uns eingeladen hat, weil ich manchmal das Gefühl habe, dass die Behindertenpolitik in Deutschland nicht die Priorität hat, die sie haben müsste“, sagte Dusel im Vorfeld der Konferenz. „Ob beim Wohnen, Arbeiten oder im Gesundheitswesen: Menschen mit Behinderungen werden in Deutschland immer noch strukturell benachteiligt.“

Das zu ändern, sei entgegen der Vorstellung vieler Menschen nicht bloß ein Akt der Wohltätigkeit, der Kosten bedeutet. Inklusion in allen Lebensbereichen zu gewährleisten, sei ein urdemokratisches Prinzip – und eine rechtliche Verpflichtung des Bundes und der Länder, die 2009 die UN-Behindertenrechtskonvention in Kraft gesetzt haben.

Tatsächlich könnte eine bessere Inklusion dem Staat Kosten sparen. „Viele Menschen mit Behinderungen leben in Einrichtungen und würden da gerne ausziehen“, sagt Jürgen Dusel. „Aber sie finden einfach keine barrierefreie, bezahlbare Wohnung.“

Behindertenbeauftragter Jürgen Dusel

© Behindertenbeauftragter/Thomas Rafalzyk

Außerdem sei Inklusion eine Strategie gegen den Fachkräftemangel. „Schwerbehinderte arbeitslose Menschen sind im Schnitt durchaus besser qualifiziert als Arbeitslose ohne Behinderung.“ Dusel sieht die Länder in der Pflicht, mit gutem Beispiel voranzugehen und mehr Schwerbehinderte in der Verwaltung einzustellen – die gesetzlich vorgeschriebene Quote von 5 Prozent erfüllen einige Bundesländer noch nicht.

Inklusion müsse außerdem bei allen politischen Entscheidungen mitbehandelt werden, etwa bei Investitionen in den sozialen Wohnungsbau. Der müsse grundsätzlich barrierefrei erfolgen, fordert Dusel.

Mangelnde Barrierefreiheit führe auch im Gesundheitswesen zu einer „vollkommen unzureichenden Versorgung“. Nach der Selbstauskunft von Ärzten seien etwa nur 25 Prozent der Praxen für Menschen mit Behinderungen zugänglich, noch viel schlechter sehe es bei der gynäkologischen Versorgung von Frauen im Rollstuhl aus.

„Und das kann doch allen Ernstes nicht unser Anspruch an ein modernes Gesundheitssystem sein, das im Übrigen sehr viel Geld kostet und auch von Menschen mit Behinderungen mitfinanziert wird.“

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