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Am 25. Juni geht Jens Spahn (CDU) in den Haushaltsausschuss, um seine Maskenbeschaffung als Gesundheitsminister während der Corona-Pandemie zu erläutern.

© dpa/Annette Riedl

Jetzt redet die Masken-Ermittlerin: Auf Jens Spahn warten unangenehme Fragen in der Corona-Enquete

Am Montag muss der frühere Gesundheitsminister seine Masken-Deals erläutern. Erstmals wird auch Sonderermittlerin Margaretha Sudhof öffentlich sprechen. Wie gefährlich wird das für Spahn?

Stand:

Kurz vor der Weihnachtspause wartet an diesem Montag noch einmal ein unangenehmer Termin auf Unionsfraktionschef Jens Spahn. In der Enquete-Kommission Corona muss der frühere Gesundheitsminister im Bundestag Auskunft über seine Maskenbeschaffung während der Corona-Pandemie geben. Die Sitzung ist öffentlich – anders als bei früheren Befragungen im Haushalts- und Gesundheitsausschuss.

Neben Spahn wird auch die von Ex-Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) eingesetzte Sonderermittlerin Margaretha Sudhof die Fragen der Kommissionsmitglieder beantworten. Ihr Bericht hatte Spahn im Sommer in erhebliche Bedrängnis gebracht.

„Drama in Milliardenhöhe“

In der Zusammenfassung wirft Sudhof Spahn vor, als „Team ‚Ich‘“ bei der Maskenbeschaffung agiert zu haben. Spahn drängte demnach die zuständigen Beschaffungsämter von Bundeswehr und Innenministerium zur Seite.

Der damalige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) setzt sich im Juni 2020 bei der Übergabe der ersten Lieferung von 100 Millionen gespendeten Schutzmasken eine Maske auf.

© dpa/Britta Pedersen

Im in Beschaffungsfragen unerprobten Gesundheitsministerium seien danach Fehler begangen worden, die sich auch unter Pandemie-Bedingungen nicht als „unglückliche Verkettung“ abtun ließen, urteilt Sudhof. „Fehlendes ökonomisches Verständnis“ und „politischer Ehrgeiz“, so Sudhof, hätten ein „Drama in Milliardenhöhe“ ausgelöst – gemeint ist dabei der Schaden für den Steuerzahler.

Insgesamt hat das Bundesgesundheitsministerium unter der Leitung von Spahn im Frühjahr 2020 für 5,9 Milliarden Euro 5,7 Milliarden Masken beschafft. Davon wurde nur rund ein Drittel wie vorgesehen im Inland für die Bekämpfung der Corona-Pandemie eingesetzt. Bis heute liegen Masken in Lagern und warten darauf, in Müllverbrennungsanlagen vernichtet zu werden.

Spahns ineffektive Maskenbeschaffung verursacht also weiterhin Kosten. Hinzu kommen rechtliche Risiken. Vor allem das sogenannte Open-House-Verfahren sorgt immer noch für Ärger.

Dabei verpflichtete sich das Bundesgesundheitsministerium (BMG), Händlern alle Masken abzunehmen, die bis zum 30. April 2020 geliefert wurden. Der Preis von 4,50 Euro pro FFP2-Maske lag dabei deutlich über dem marktüblichen Preis.

Als sich eine massive Überbeschaffung abzeichnete, kündigten vom Gesundheitsministerium beauftragte Rechtsdienstleister vielen Maskenhändlern die Verträge. Dabei verwiesen sie auf Qualitätsmängel oder eine zu späte Lieferung.

Hohes Prozessrisiko

Dagegen wehren sich viele Händler vor Gericht. Vor dem Oberlandesgericht Köln bekamen sie bisher Recht – wohl auch, weil der Bund die Open-House-Verträge nicht wasserdicht gestaltet hat. Im kommenden Jahr dürfte nun der Bundesgerichtshof ein Grundsatzurteil sprechen.

Das Prozessrisiko für den Bund beläuft sich auf 2,3 Milliarden Euro. Hinzu kommen Vollzugszinsen und Gerichtskosten, wodurch der Schaden auf über 3,5 Milliarden Euro steigen könnte.

In ihrem Bericht macht Sudhof Spahn für viele fragwürdige Vorgänge direkt verantwortlich. So soll er selbst mit einigen Maskenhändlern verhandelt haben. Öffentlich erläutern konnte Sudhof ihre Vorwürfe bisher jedoch nicht.

Zwar wurde sie bereits im Sommer im Haushalts- und Gesundheitsausschuss befragt. Doch diese Sitzungen wurden als geheim eingestuft. Entsprechend groß ist nun die Neugier, was Sudhof in der Enquete-Kommission zu ihrem Bericht zu sagen hat.

Schleppende Aufklärung

Unangenehm für Spahn könnten auch die Aussagen von Oliver Sievers werden, der für den Bundesrechnungshof Spahns Maskenbeschaffung untersucht hat. Die Bonner Behörde hat vor der Sitzung am Montag erneut die mangelnde Aufklärungsbereitschaft des Gesundheitsministeriums kritisiert, das von Spahns CDU-Parteifreundin Nina Warken geführt wird.

Auf weitere Aufklärung drängt auch der Gesundheitspolitiker der Linken, Ates Gürpinar. „Viele Fragen rund um den ehemaligen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und seine Verwicklungen in Maskendeals während der Pandemie sind noch offen“, sagte er. Offenkundig sei allerdings, dass er einen enormen Anteil an dem Milliardendesaster habe.

Grünen-Haushälterin Paula Piechotta kritisiert die mangelnde Auskunftsbereitschaft des Bundesgesundheitsministeriums.

© dpa/Katharina Kausche

Vor der Sitzung der Enquete-Kommission durfte Gürpinar erstmals die Akten zur Maskenbeschaffung im Gesundheitsministerium einsehen. Diese begrenzte Einsichtnahme reiche allerdings ebenso wenig wie eine einzige öffentliche Sitzung, um die Affäre aufzuklären, betonte Gürpinar. „Solche Fragen lassen sich nur durch Untersuchungsausschüsse beantworten – oder durch Gerichte.“

Die Grünen-Haushälterin Paula Piechotta müht sich ebenfalls weiterhin, die Fehler bei der Maskenbeschaffung transparent zu machen. Sie stellte zu dem Vorgang 91 Fragen an das Bundeskanzleramt, mit der Bitte um Antwort vom Gesundheitsministerium.

Vom BMG sei aber nach Wochen nur ein arroganter Brief gekommen, „dass man diese Fragen doch bitte nochmal neu stellen möge“, beschwert sich Piechotta. Der Aufforderung ist Piechotta dennoch nachgekommen. Sie verlangt nun mithilfe einer Kleinen Anfrage Auskunft vom Gesundheitsministerium.

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