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Ansprache vom Chef. Premier Johnson bei einer Kabinettssitzung am Dienstag nach dem überstandenen Misstrauensvotum.

© Ian Vogler/REUTERS

Nach dem überstandenen Misstrauensvotum: Johnson könnte noch zum Alptraum für die EU werden  

Der innenpolitische Druck auf Johnson bleibt hoch. In dieser Situation könnte der Premier einen Befreiungsschlag versuchen – zu Lasten der EU. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albrecht Meier

Gerade einmal 59 Prozent der Leute in der konservativen Unterhausfraktion haben dem britischen Premierminister Boris Johnson bei der Abstimmung am Montagabend das Vertrauen ausgesprochen. Es liegt in der Logik dieses Ergebnisses, dass Johnsons Gegner in den eigenen Reihen nicht aufhören werden, den Regierungschef weiter unter Druck zu setzen. In dieser Situation könnte der Hausherr in der Downing Street ein Ablenkungsmanöver starten. Um den Fokus von seinen innenpolitischen Problemen wegzulenken, könnte er die EU zum Sündenbock machen.

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Diese Befürchtung, welche Katarina Barley als Vizepräsidentin des EU-Parlaments äußert, ist durchaus begründet. Das Ressentiment gegen die EU ist genau jener Stoff, der Johnson politisch groß gemacht hat. Seine Pro-Brexit-Kampagne im Jahr 2016 ebnete ihm seinerzeit den Weg ins britische Kabinett. 

Gut, dass Johnson die Abstimmung überlebt hat. Es freuen sich Labour, SNP und Sinn Fein. Je länger Johnson Premierminister ist, desto eher kommt die zweite Unabhängigkeitsabstimmung in Schottland und die erste Wiedervereinigungsabstimmung in Nordirland.

schreibt NutzerIn W.Wang

Ende 2019 wurde er bei der letzten Unterhauswahl mit einer überwältigenden Mehrheit im Amt des Premierministers bestätigt. Die Briten trauten es ihm damals zu, dass er den Brexit endlich vollziehen würde. „Get Brexit done“ war die Losung, die Johnsons weiteren politischen Aufstieg begleitete.

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Aufstieg und Fall eines Premierministers

Die Geschichte von Johnsons Aufstieg und Fall war aber mit dem Brexit noch nicht beendet. Es folgten die Corona-Pandemie und Lockdown-Parties mit den bekannten Folgen: Die Briten haben längst das Vertrauen in ihren Premier verloren, genauso wie ein ganz großer Teil der eigenen Fraktion.

Der Streit um Nordirland könnte Johnson gerade recht kommen

Als Johnsons Vorgängerin Theresa May seinerzeit ihr eigenes Misstrauensvotum bei den Konservativen überstand, erzielte sie ein besseres Ergebnis als der heutige Amtsinhaber –  und musste dennoch ihren Hut nehmen. Wer nun denkt, dass der Premier angesichts des desaströsen Ergebnisses zwangsläufig zurücktreten muss, hat die skrupellose Denkweise Johnsons immer noch nicht verstanden. Der Streit mit der EU um die Zollkontrollen zwischen Nordirland und der britischen Hauptinsel kommt ihm womöglich gerade recht, um wieder ein paar Punkte gutzumachen.

Zwischen Nordirland und der Republik Irland gibt es keine Grenzkontrollen.
Zwischen Nordirland und der Republik Irland gibt es keine Grenzkontrollen.

© Clodagh Kilcoyne/REUTERS

Dass die Briten nach dem Brexit wieder zur Tagesordnung übergangen sind und mit der EU nicht mehr groß behelligt werden wollen, scheint ihn dabei nicht zu stören. Demnächst könnte er ein Gesetz vorlegen, das Teile des Nordirland-Protokolls außer Kraft setzen würde. In dem Protokoll haben die EU und Großbritannien – mit Johnsons Zustimmung – eine Festlegung getroffen, welche eine „harte Grenze“ zwischen Nordirland und der der Republik Irland verhindern soll.

Ein EU-widriges Gesetz könnte zum Handelskrieg führen

Eine Aufkündigung des Protokolls würde einen Handelskrieg zwischen Großbritannien und der EU heraufbeschwören. Johnson sollte sich gut überlegen, ob er dies den Briten wirklich zumuten will.

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