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Ein Aushang „JUDEN haben hier Hausverbot!!!!“ hängt in einem Schaufenster.

© dpa/Sebastian Iwersen

Update

Antisemitisches Plakat an Geschäft in Flensburg: Israelischer Politiker will Inhaber verklagen

Ein Ladenbesitzer hängt in Flensburg ein Plakat mit dem Spruch „JUDEN haben hier Hausverbot!!!!“ ins Schaufenster. Über die Stadt hinaus herrscht Fassungslosigkeit.

Stand:

Nach einem judenfeindlichen Schaufensteraushang in Flensburg hat der israelische Oppositionsführer Jair Lapid dem Ladeninhaber juristisch gedroht. Er werde ihn „auf jeden Cent verklagen, den er besitzt“, schrieb Lapid, Vorsitzender der liberalen Zentrumspartei „Jesch Atid“, am Freitag im Online-Dienst „X“. Er fügte hinzu: „Die Juden werden nicht mehr schweigen.“

Am Mittwoch hatte ein Zettel mit der Aufschrift „Juden haben hier Hausverbot!“ im Schaufenster eines Geschäfts in der Duburger Straße in der Neustadt gehangen. Das antisemitische Plakat löste über Flensburg hinaus Entsetzen aus.

Im Zuge eines Polizeieinsatzes war das Plakat am Mittwoch gegen 19 Uhr entfernt worden. Zuvor waren mindestens vier Strafanzeigen eingegangen, sagte ein Polizeisprecher. Das Kommissariat fünf hat die Ermittlungen aufgenommen, zudem ermittelt die Staatsanwaltschaft.

Wie der Schleswig-Holsteinische Zeitungsverlag auf shz.de berichtete, soll das Plakat vom Ladenbesitzer persönlich aufgehängt worden sein. Gegenüber der Lokalzeitung begründete der 60-Jährige dies mit dem Gaza-Krieg.

Lapid, der dem Ladeninhaber nun juristische Schritte androht, kündigte sein Vorgehen „im Namen von Tomislav Lempl, einem jüdischen Kind aus dem Ghetto“ an. Es handelt sich um Lapids Vater (1931-2008), geboren im damals jugoslawischen Novi Sad. Unter den Nationalsozialisten wurde er in das Ghetto von Budapest deportiert. Nach Übersiedlung nach Israel und Heirat nahm er den Namen Joseph Lapid an und schlug eine Laufbahn als Journalist ein. Unter anderem berichtete er über den Prozess gegen Adolf Eichmann, einen der Hauptverantwortlichen der NS-Judenvernichtung.

Später zog Joseph Lapid ins israelische Parlament ein und diente zeitweise als Justizminister; er war der letzte Holocaust-Überlebende in der Knesset. 2004 löste er eine Kontroverse aus, als er nach einem israelischen Militäreinsatz im Gazastreifen erklärte, das Bild einer alten Palästinenserin in den Trümmern ihres Hauses erinnere ihn „an meine Großmutter im Holocaust“.

Der antisemitische Vorfall in Flensburg wurde überregional verurteilt. „Die antisemitische Straftat in Flensburg zeigt uns noch einmal deutlich, wie dramatisch es um unseren gesellschaftlichen Frieden steht“, sagte Nelly Waldeck, Sprecherin für Antidiskriminierung der Grünen-Fraktion Schleswig-Holstein. Antisemitische Vorfälle hätten in den vergangenen Jahren drastisch zugenommen. Der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Christopher Vogt, forderte eine konsequente und harte Bestrafung der Tat: „Das Aufhängen antisemitischer Schilder an Geschäften ist eine widerwärtige Wiederholung der Geschichte.“

Der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus, Felix Klein, verurteilte den Fall ebenfalls aufs Schärfste: „Das ist ein ganz klarer Fall von Antisemitismus und da muss man intervenieren“, sagte Klein dem Sender Welt TV. Er begrüße es sehr, dass es bereits Anzeigen gegeben habe. Es gebe direkte Bezüge zur NS-Zeit, das dürfe in keiner Weise hingenommen werden. 

Prien: Stehen fest an der Seite der jüdischen Gemeinschaft

Bundesbildungsministerin Karin Prien (CDU) sagte dem Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag: „Wer Antisemitismus äußert und rechtfertigt, stellt sich gegen alles, wofür unser demokratisches Miteinander steht.“ Sie bedankte sich, dass bereits Anzeigen erstattet wurden, und erwartete eine konsequente Reaktion der Behörden. Die ehemalige schleswig-holsteinische Bildungsministerin hat jüdische Vorfahren. „Wir stehen fest an der Seite der jüdischen Gemeinschaft. Es darf keinen Zweifel geben: Antisemitismus nehmen wir nicht hin – nicht in Flensburg, nicht in Deutschland und nirgends auf der Welt“, sagte Prien. (epd, KNA)

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