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Der Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im ZDF-Sommerinterview.

© dpa/Thomas Kierok

Update

Kanzler im ZDF-Sommerinterview: Scholz reklamiert „größte Migrationswende“ seit langem für sich

Im ZDF-Sommerinterview mit dem Kanzler geht es um den Krieg in der Ukraine, das Rentenpaket und Migration. Die von der Union geforderten Zurückweisungen an der Grenze gebe es längst, so Scholz.

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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich gegen den Vorwurf verwahrt, er lasse sich durch CDU-Chef Friedrich Merz in der Migrationsfrage treiben. „Ich habe die größte Wende im Umgang mit Migration zustande gebracht in der Geschichte der letzten zehn, 20 Jahre“, sagte er im ZDF-Interview. Wesentliche Entscheidungen seien schon seit dem vergangenen Jahr gefallen. Scholz nannte dabei Leistungskürzungen für Asylbewerber, stationäre Grenzkontrollen und die Ausweitung des Abschiebegewahrsams.

Nach dem Anschlag von Solingen Ende August habe die Regierung nun ein weiteres Sicherheitspaket auf den Weg gebracht, sagte Scholz. Es sehe unter anderem mehr Möglichkeiten im Waffenrecht und zum Kampf gegen den islamistischen Terrorismus vor. Zudem gebe es „nochmal weitere Handlungsmöglichkeiten (...) für unsere Behörden im Umgang mit irregulärer Migration“.

Auch die von Merz geforderten Zurückweisungen an der Grenze gebe es schon, betonte Scholz weiter. „Wir haben schon Grenzkontrollen. Und ein effektives Grenzmanagement ist etwas, was wir gerne weiter - und auch mit Unterstützung der Opposition - ausbauen wollen“.

Von der Regierung gebe es hier „gute Vorschläge“, sagte der Kanzler. Es sei aber klar, dass diese „alle sich im Rahmen der europäischen Gesetze, der internationalen Verträge und unseres Grundgesetzes bewegen“ müssten.

Scholz beklagte Schwierigkeiten in der Kommunikation in der Migrationsfrage. Teil des Problems in der öffentlichen Diskussion darüber sei, dass er lange erklären müsse, was die Regierung schon erreicht habe - „damit nicht der falsche Eindruck entsteht, als ob jetzt nicht sehr viel getan worden wäre - und zwar viel mehr als früher“.

Scholz will Vertrauensfrage nicht stellen

Zu der Forderung der Opposition, Scholz solle die Vertrauensfrage im Bundestag stellen und damit eine vorgezogene Bundestagswahl einleiten, sagte dieser: Die Regierung habe eine Mehrheit, die Aufgaben zu tun, um die es jetzt gehe. „Das ist doch ein kleines Oppositionsideechen, dass man mal immer so alle drei Wochen dieses Wort sagt.“

Scholz geht davon aus, dass Regierungsbildungen in Deutschland auf absehbare Zeit schwierig sein werden. „Wenn ich mit Ihnen meine Zahnschmerzen teilen darf: Ich befürchte, wie auch immer alles in den nächsten Jahren sein wird, wir werden noch viele, viele Jahre in Deutschland Konstellationen haben, in der es sehr kompliziert ist, Regierungen zu bilden.“ Das werde man im Bund wie in den Ländern sehen.

„Und deshalb kommt es darauf an, dass wir einen Stil miteinander zustande kriegen, in dem die Tatsache, dass Parteien miteinander regieren, die das vielleicht nicht bei ihrer Geburt gedacht haben, trotzdem so ausgeht, dass man was schafft.“ Auf dieser Ebene habe die Ampel viel geleistet.

Scholz rechne auch damit, dass die Ampel-Koalition das im Kabinett verabredete Rentenpaket II trotz Vorbehalte in der FDP-Bundestagsfraktion verabschieden wird. „Es wird beschlossen werden“, sagte Scholz im ZDF-Interview auf mehrfache Nachfragen. „Es steht im Koalitionsvertrag. Wir haben es auf den Weg gebracht als Regierung.“

Im Tagesspiegel-Interview hatte der Kanzler gesagt, dass die Ampel-Koalition das Rentenpaket II noch vor der Verabschiedung des Bundeshaushalts 2025 im November im Bundestag beschließen müsse. Die Garantie stabiler Renten sei ein zentrales Versprechen der Ampel-Koalition gewesen. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich hatte am Freitag FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner persönlich dazu aufgefordert, den Weg für das von ihm selbst im Kabinett mitbeschlossene Rentenpaket endlich freizumachen.

Moment für Friedensgespräche mit Russland

Auch der Krieg in der Ukraine war Thema im ZDF-Sommerinterview. Dabei sprach sich der Kanzler für beschleunigte Friedensbemühungen aus. „Ich glaube, das ist jetzt der Moment, in dem man auch darüber diskutieren muss, wie wir aus dieser Kriegssituation doch zügiger zu einem Frieden kommen“, sagte Scholz. Eine künftige Friedenskonferenz müsse dabei mit Russland stattfinden. Darüber sei er sich mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj einig.

„Es wird auf alle Fälle eine weitere Friedenskonferenz geben“, sagte Scholz, der aber keinen Zeitpunkt nannte. Mit Selenskyj sei er sich „einig, dass es auch eine sein muss mit Russland dabei“.

Mitte Juni hatte eine erste Friedenskonferenz in der Schweiz mit Vertretern aus 90 Ländern stattgefunden, aber ohne Russland. Scholz sprach sich damals wie andere Teilnehmer dafür aus, bei künftigen Konferenzen möglichst auch Russland einzubeziehen. Der ukrainische Präsident Selenskyj sagte damals, Friedensgespräche könnten schon „morgen“ beginnen, wenn die russischen Truppen aus der Ukraine abzögen. (dpa)

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