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Für „Germany“ und die SPD nur das Beste: Gerhard Schröder (hier mit seiner Frau Soyeon Kim) schlug seiner Partei Kanzlerkandidaten vor.

© Daniel Karmann/dpa

Kanzlerkandidatur: SPD soll sich diesmal beeilen

Noch in diesem Jahr soll die SPD ihren nächsten Kanzlerkandidaten küren, sagt Parteivize Kevin Kühnert. Doch er scheint nicht ganz sicher, ob es auch so kommt.

Von Hans Monath

Kevin Kühnert, Juso-Chef und seit Dezember stellvertretender SPD-Vorsitzender, weiß, wie man Wünsche an seine eigene Partei formuliert. Am Freitag ging es dem 30-jährigen Politiker eineinhalb Jahre vor der nächsten regulären Bundestagswahl um die kommende Kanzlerkandidatur der SPD. „Unser Hauptinteresse ist, dass wir diese Frage schneller klären als bei den letzten Malen“, sagte Kühnert der „Augsburger Allgemeinen“.

Die letzten zwei Male sei seine Partei „spät und unstrukturiert in die Entscheidung hineingestolpert“. Kandidat und Programm hätten nicht harmoniert, die Kampagne sei schlecht vorbereitet gewesen.

Tatsächlich war unter Parteichef Sigmar Gabriel im Herbst 2012 von einem Tag auf den anderen Peer Steinbrück als Kandidat ausgerufen worden, bevor inhaltliche Fragen geklärt oder Mitarbeiter für ihn gefunden worden waren. Anfang des Wahljahres 2017 präsentierte Gabriel dann überraschend Martin Schulz als Frontrunner und wechselte selbst ins Außenministerium. Schulz feierte anfangs zwar Umfrageefolge für seine Partei, brach aber bald ein.

Nach der Wahl des CDU-Chefs könnte der Druck steigen

„Wir werden uns nicht erst 2021 mit der Frage der Kanzlerkandidatur beschäftigen“, sagte Kühnert nun, nur um seine Prophezeiung sofort wieder einzuschränken. Ob der Kandidat noch in diesem Jahr feststehe, habe er „nicht allein zu entscheiden“, aber es gebe „einen breiten Willen in der Partei, die Öffentlichkeit damit nicht ewig auf die Folter zu spannen“. Für eine Urwahl des Kandidaten machte sich der Juso-Chef ausdrücklich nicht stark. Er glaube, es gebe „ein Interesse daran, dass man sich das nach Möglichkeit spart und zu einem gemeinsamen Vorschlag kommt“. Auf jeden Fall muss die SPD damit rechnen, dass nach der Kür des neuen CDU-Chefs Ende April der öffentliche Druck steigt, einen eigenen Kopf zu präsentieren.

Wie nun Kühnert hatte auch Generalsekretär Lars Klingbeil kürzlich darauf hingewiesen, dass die beiden Parteichefs Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans einen Kandidatenvorschlag unterbreiten würden. Klingbeil drückte dabei ebenfalls auf Tempo: Als Generalsekretär wünsche er sich eine möglichst schnelle Entscheidung, weil er die Wahlkampagne vorbereiten wolle. In der Partei wird nicht erwartet, dass Esken und Walter-Borjans selbst antreten wollen. Sie sehen ihre Aufgabe darin, das linke Parteiprofil in Abgrenzung zur großen Koalition zu stärken.

Gerhard Schröder präsentiert vier Kandidaten und eine Kandidatin

Namen potenzieller Kandidaten nannte Kühnert nicht. Das tat statt seiner Ex-Kanzler Gerhard Schröder. Vier oder fünf Leute kämen dafür infrage, meinte Schröder im „Spiegel“ und verwies auf Vizekanzler Olaf Scholz, Arbeitsminister Hubertus Heil, Familienministerin Franziska Giffey, Fraktionschef Rolf Mützenich und Generalsekretär Klingbeil.

Scholz darf sich der Vizekanzler seit dem Wahlerfolg der SPD in Hamburg bestätigt fühlen. Der Erfolg der SPD in dem Stadtstaat beruhte auch auf seiner Arbeit als Erster Bürgermeister. Gern würde Scholz seiner Bundespartei deren pragmatische, wirtschaftsfreundliche Politik als Vorbild empfehlen, die unter Esken und Walter-Borjans ihr Heil in einem noch entschiedeneren Linkskurs sucht.

Sofern sie sich nach den Beliebtheitswerten potenzieller Kandidaten richten wollten, kämen die Parteichefs an Scholz kaum vorbei. Doch sie dürften auch darauf achten, die eigene Glaubwürdigkeit nicht zu beschädigen und die Partei möglichst zu einen. Da sie ihre Kampagne um den Vorsitz auch mit Attacken auf die Glaubwürdigkeit von Scholz bestritten hatten, könnten sie eine Entscheidung für ihn als Kanzler wohl nur schwer erklären.

Heil und Mützenich sind in ihrer Partei dafür bekannt, dass sie im Ernstfall persönliche Interessen zugunsten der der Gesamtpartei loyal zurückstellen – und auch unangenehme Aufgaben übernehmen. Klingbeil wiederum hat sich gegenüber den eher blassen Parteichefs in den vergangenen Wochen so klar profiliert, dass auch Vertreter der Parteilinken ihm nun die Kandidatur zutrauen.

Terminkollision bei Giffey wurde offensichtlich übersehen

Bei der Nennung von Giffey, seiner einzigen weiblichen Kandidatin, dürfte Schröder übersehen haben, dass die Abgeordnetenhauswahl in Berlin wie die Bundestagswahl im Herbst 2021 über die Bühne geht. Giffey, die dann das Rote Rathaus verteidigen will, könnte nicht gleichzeitig ums Kanzleramt kämpfen. Zumal es in der Bundes-SPD Zweifel gibt, ob die Ex-Bezirksbürgermeisterin von Neukölln fähig ist, ein großes Team zu leiten.

Interessant ist auch, dass Schröder seinen Landsmann, den niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil, nicht anführte. Weil hatte sein Gewicht in der Partei mit seinem unglücklichen Agieren beim Mitgliederentscheid geschmälert, weil er erst zu lange zögerte und dann das Verfahren öffentlich kritisierte.

Womöglich wegen der Querelen in der CDU um das Verhältnis zur AfD und wegen ihres Führungsvakuums hellte sich die Umfragestimmung für die SPD zuletzt etwas auf. Im Politbarometer legte sie zwei Prozentpunkte zu, kam auf 16 Prozent. Ist das eine glaubwürdige Basis für den Anspruch aufs Kanzleramt? Kühnert zumindest baut schon vor. „Die Bäume für die Parteien wachsen in unserer zergliederten Gesellschaft nicht mehr in den Himmel“, erklärte er. Auch eine Partei mit 24 oder 25 Prozent könne womöglich am Ende den Kanzler stellen.

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