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Bärbel Bas will Bundesaufträge an Tarifbindung der Firmen knüpfen. (Archivfoto)

© IMAGO/Bernd Elmenthaler/IMAGO/ESDES.Pictures, Bernd Elmenthaler

Kein Vorteil aus unfairen Arbeitsbedingungen: Bas will Bundesaufträge an Tariftreue koppeln

Nur noch rund jeder zweite in Deutschland arbeitet unter einem Tarifvertrag. Arbeitsministerin Bärbel Bas will die Tarifbindung stärken. Auch in der Union unterstützt man das Vorhaben.

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Ob beim Bau neuer Bundesbehörden, der Reinigung von Ministerialbauten oder der Lieferung von Kanzler-Kugelschreibern: Künftig soll es kein Lohn-Dumping mehr mit Steuergeldern geben. Einem neuen Gesetzesentwurf von Arbeitsministerin und SPD-Parteichefin Bärbel Bas zufolge sollen Firmen ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bei Bundesaufträgen künftig „tarifvertragliche Arbeitsbedingungen“ gewähren müssen. Die Maßnahme wurde im Koalitionsvertrag vereinbart, der Entwurf ging am Dienstag in die Ressortabstimmung. Er liegt dem Tagesspiegel vor.

Wer sich um Aufträge oder Konzessionen des Bundes bewirbt, muss bisher nicht nach Tarif bezahlen und kann daher Angebote zu günstigeren Konditionen abgeben. Damit soll jetzt Schluss sein. „Die Nachteile tarifgebundener Unternehmen im Wettbewerb um öffentliche Aufträge und Konzessionen des Bundes werden beseitigt“, heißt es in Bas’ Entwurf: „Der Verdrängungswettbewerb über die Lohn- und Personalkosten wird eingeschränkt.“

Wer im Auftrag des Bundes arbeitet, soll auch ordentlich bezahlt werden.

Bärbel Bas (SPD), Bundesmiinisterin für Arbeit und Soziales

Das Tariftreuegesetz soll demnach für Aufträge ab einem Wert von 50.000 Euro zur Anwendung kommen. Das Arbeitsministerium will in einer Rechtsverordnung definieren, welche Bedingungen eingehalten werden müssen. Grundlage dafür soll der branchenspezifische Tarifvertrag sein. Dabei geht es nicht nur um das Entgelt. Mindestanforderungen soll es auch bei Ruhe- und Höchstarbeitszeiten sowie dem Jahresurlaub geben. Auftragnehmer sollen dafür sorgen, dass die Bedingungen auch bei etwaigen Subunternehmern gelten.

Gesetz von Arbeits- und Wirtschaftsministerin

Die Einhaltung soll dokumentiert und auf Anforderung nachgewiesen werden. Für Kontrollen soll eine „Prüfstelle Bundestariftreue“ eingesetzt werden. Arbeitgeber können sich die Einhaltung von Tarifstandards allerdings auch vorab zertifizieren lassen, in dem Fall entfällt die Nachweispflicht. Unterlaufen Auftragnehmer die Mindestanforderungen, drohen Kündigung oder Ausschluss von weiteren Vergaben.

„Wer im Auftrag des Bundes arbeitet, soll auch ordentlich bezahlt werden“, sagte Bas in Berlin: „Damit noch mehr Beschäftigte von Tarifverträgen profitieren, senden wir mit dem Bundestariftreuegesetz ein starkes Signal: Aufträge des Bundes sollen nur noch an Unternehmen vergeben werden, wenn sie tarifliche Standards gewährleisten.“

Die Arbeitsministerin verantwortet den Gesetzesentwurf gemeinsam mit Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU). Er soll im August im Kabinett und im Laufe des Jahres im Bundestag verabschiedet werden.

CDU unterstützt Tariftreuegesetz

Für die Sozialdemokraten ist es ein Kernprojekt. Im Wahlkampf war das Bundestariftreuegesetz eine der Kernforderungen. Auch die Union warb für eine höhere Tarifbindung. Entsprechend hat man sich am Dienstag hinter die Pläne von Bas und Reiche gestellt.

„Wir wollen mehr Menschen schneller in Arbeit bringen und unseren Sozialstaat zukunftsfest machen“, sagte der CDU-Abgeordnete Marc Biadacz dem Tagesspiegel. Er ist arbeitsmarkt- und sozialpolitischer Sprecher der Unionsfraktion. Dass das Tariftreuegesetz noch vor der Bürgergeld-Reform im Herbst umgesetzt wird, sieht er nicht kritisch. „Wir arbeiten den Koalitionsvertrag Punkt für Punkt ab und halten uns dabei an den vereinbarten Fahrplan.“

Trotzdem blickt man in der Union mit Interesse darauf, ob Bas auch bei den verabredeten Reformen zum Arbeitszeitgesetz und eben der neuen Grundsicherung genauso pünktlich liefern wird. „Für mich ist wichtig, dass im Herbst Reformen kommen, das war die Vorbedingung für die Kreditermächtigungen“, sagt ein anderer CDU-Bundestagsabgeordneter. „An das Tariftreuegesetz hätte ich da jetzt nicht als erstes gedacht.“

Schon die im November zerbrochene Ampel-Regierung hatte sich ein Tariftreuegesetz vorgenommen. Es wurde allerdings vor allem aufgrund von Vorbehalten der FDP nicht verwirklicht. In den Ländern, mit Ausnahme von Bayern und Sachsen, gibt es entsprechende Regelungen schon länger.

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