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Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck am 8. Februar auf einer Veranstaltung der Grünen.

© imago/pictureteam/IMAGO/Matthias Gränzdörfer

Update

„Kein wissenschaftliches Fehlverhalten“: Habeck tritt erwarteten Vorwürfen gegen seine Doktorarbeit entgegen

Der Grünen-Politiker rechnet damit, dass Vorwürfe gegen seine Doktorarbeit erhoben werden. Er bat die Universität Hamburg um eine Prüfung. Diese verteidigt Habecks Dissertation.

Stand:

Am Montag um halb zwölf bat Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck in den sozialen Medien „kurz um Aufmerksamkeit“ für eine Erklärung in eigener Sache. Mit einem Video-Statement kam Habeck laut eigener Aussage Vorwürfen gegen seine Doktorarbeit zuvor. „Ich habe mich entschieden, das Ganze transparent zu machen und die Vorwürfe schon vorab zu entkräften“, sagte der Grünenpolitiker.

Er wisse, dass der österreichische Kommunikationswissenschaftler und selbsternannter „Plagiatsjäger“ Stefan Weber sich seit Jahren mit seiner Doktorarbeit beschäftige, sagte Habeck. Weber hatte im August in seinem Blog die Dissertation Habecks als „Wissenschaftssimulation“ bezeichnet. Weiter schrieb er: „Zum Innenleben der Dissertation wird es in den nächsten Monaten Unangenehmes zu berichten geben.“

Offenbar wusste Habeck nun seit Januar, welche Einwände Weber gegen seine Dissertation geltend macht. Bei diesen gehe es nicht um Textplagiate, sondern um Ungenauigkeiten in den Fußnoten, betonte er.

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Habeck bat daraufhin den Präsidenten der nationalen Wissenschaftsakademie Leopoldina, Gerald Haug, um Rat. Dieser wies den Plagiatsvorwurf nach einer eigenen Prüfung der literaturwissenschaftlichen Arbeit aus dem Jahr 2000 zurück. „Der Argumentationsgang der Doktorarbeit und die Geltung ihrer Ergebnisse werden durch die bibliographischen Unsauberkeiten nicht beeinträchtigt“, sagte Haug auf Anfrage. Die inkorrekten Literaturangaben verfälschten nicht die zitierten Aussagen. „Ich rechne damit, dass sich daran auch durch weitere Vorwürfe nichts ändert“, so Haug.

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Unmittelbar nach dem Gespräch mit Haug beauftragte Habeck zudem die Ombudsstelle der Universität Hamburg (UHH) mit einer Prüfung seiner Doktorarbeit. Die habe „eine Person mit ausgewiesener wissenschaftlicher Fachexpertise“ durchgeführt, teilte die Universität auf Anfrage mit. „Im Ergebnis wurde festgestellt, dass gemäß den Regeln der UHH kein wissenschaftliches Fehlverhalten vorliegt, da weder vorsätzlich noch grob fahrlässig gegen die Standards der guten wissenschaftlichen Praxis verstoßen wurde“. Die Eigenständigkeit der Forschungsleistung sei durch dieses Prüfungsergebnis bestätigt worden.

Weber hat nun noch einmal weitere Fußnoten beanstandet. Dabei habe er „penibel Tippfehler aufgelistet, die bei der Endredaktion vor 25 Jahren wohl entgangen sein mögen“, mokierte sich Habeck.

Weber meldete sich via X

Stefan Weber meldete sich am Montag über X selbst zu Wort und warf Habeck vor, zu „schwindeln“. Es gehe nicht um Ungenauigkeiten in den Fußnoten. „Sie haben methodisch eine Quellenarbeit simuliert, die nicht stattgefunden hat.“ Habeck habe sehr wohl auch Textfragmente plagiiert.

In seiner veröffentlichten Untersuchung spricht Weber von 128 „Quellen-, Zitats- und Textplagiaten“. Die Rede ist von einem „Anschein der Belesenheit“: Habeck habe die Werke von Autoren wie Primärquellen zitiert, aber diese offensichtlich nie als Originalquellen konsultiert und offensichtlich nie gelesen - da die Quellenangaben nachweislich von anderen, ungenannten Werken abgeschrieben worden seien. Webers Fazit: „Die Quellenarbeit von Robert Habeck ist in Summe als verfehlt und unwissenschaftlich zu bezeichnen.“

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Weber warf Baerbock Plagiat vor

Der selbsternannte Plagiatsjäger hatte bereits im Bundestagswahlkampf 2021 Vorwürfe gegen ein Wahlkampfbuch der damaligen Kanzlerkandidatin der Grünen, Annalena Baerbock, erhoben. Baerbock räumte daraufhin ein, dass bei dem Buch, das teilweise mithilfe eines Ghostwriters entstand, nicht immer sauber gearbeitet worden sei. Deshalb verzichtete sie auf eine Neuauflage.

Gerald Haug vermutet, dass Webers Vorwürfen gegen Habecks Dissertation so kurz vor der Wahl politisch motiviert sind. „Aus der Überprüfung der Vorwürfe gegen Robert Habeck einen wissenschaftlichen Skandal machen zu wollen, wäre nicht zu rechtfertigen“, betonte er. „Eine wissenschaftsinterne Überprüfung von Doktorarbeiten auf diese Weise zu instrumentalisieren, wäre der eigentliche Skandal.“ Haug forderte, politische Auseinandersetzungen mit politischen Argumenten und mit Anstand zu führen.

Eine wissenschaftsinterne Überprüfung von Doktorarbeiten auf diese Weise zu instrumentalisieren, wäre der eigentliche Skandal.

Gerald Haug, Präsident der Leopoldina

Auch Robert Habeck wittert eine politische Kampagne. Man wisse nicht, wer Webers Nachforschungen gegen ihn finanziere, da Weber seine Geldquellen im Verborgenen lasse, sagte er. Er verwies jedoch darauf, dass das Nachrichtenportal Nius Webers Recherche gegen die Journalistin Alexandra Föderl-Schmid finanzierte.

Die frühere stellvertretende Chefredakteurin der „Süddeutschen Zeitung“ geriet durch die Plagiatsvorwürfe, die sich später als weitgehend haltlos erwiesen, in eine Lebenskrise. Spätestens seit diesem Fall ist Stefan Weber sehr umstritten.

Stand jetzt haben Webers Vorwürfe für Habeck kaum Konsequenzen. Die Universität Hamburg empfiehlt ihm allerdings einige Zitate und Fußnoten nach „den heutigen Regeln guter wissenschaftlicher Praxis“ zu überarbeiten. Robert Habeck werde sich dem widmen, wenn etwas mehr Zeit sei, teilten die Grünen mit.

Zugleich verwehrte sich der Grünenpolitiker dagegen, dass Weber auch die Doktorarbeit seiner Frau untersucht. Sie kandidiere für kein politisches Amt und sei nicht Teil seines Wahlkampfs. „Ich bitte darum, meine Familie rauszuhalten.“

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