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Die Führungsriege der AfD um Jörg Meuthen (l.n.r.), Tino Chrupalla, Alice Weidel und Beatrix von Storch.

© Julian Stratenschulte/dpa

Keine Mäßigung bei der AfD: Wenn radikal normal ist

Beim AfD-Parteitag fällt auf: Die Radikalen in der Partei sind nicht nur im rechten „Flügel“ zu finden. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Maria Fiedler

Nein, dass sich die AfD gemäßigt hat, kann man nach dem AfD-Parteitag in Braunschweig wirklich nicht behaupten. Die von der neuen Parteiführung ausgerufene Marschrichtung ist zwar: die „bürgerliche Mitte“ ansprechen, weniger drastische Sprache verwenden, Regierungsbeteiligung vorbereiten. Doch die Ergebnisse bei den Vorstandswahlen in Braunschweig sind ein Gradmesser dafür, wie radikal die Partei mittlerweile ist.

Dafür kann man sich natürlich einerseits anschauen, wer es in den neuen Bundesvorstand geschafft hat: AfD-Vize ist nun der Thüringer Jurist Stephan Brandner. Der hat sich auf Twitter nicht im Griff. Wegen seiner unflätigen Äußerungen und seiner Tweets im Nachgang zum rechtsextremen Anschlag in Halle wurde er als Vorsitzender des Rechtsausschusses im Bundestag abgesetzt. Der nächste Tabubruch ist schon programmiert.

Aussagekräftig sind aber auch die Ergebnisse derer, die gescheitert sind. Einige Beispiele: Der Antisemit Wolfgang Gedeon trat für den AfD-Vorsitz an – aus Protest verließen viele Delegierte während seiner Bewerbungsrede den Saal. Doch am Ende kam Gedeon trotzdem auf 22 Stimmen von etwa 600 Delegierten. Wohlgemerkt ein Mann, der Holocaust-Leugner als „Dissidenten“ bezeichnet.

Oder der für seine migrationsfeindlichen Reden bekannte Physiker Gottfried Curio. Von ihm stammt der Ausspruch: „Masseneinwanderung ist auch Messereinwanderung.“ Er unterlag zwar dem Malermeister Tino Chrupalla im Rennen um den Parteivorsitz, erhielt aber trotzdem immerhin 41 Prozent der Stimmen.

Der Einfluss des radikalen "Flügels" war unübersehbar

Oder der bayerische Bundestagsabgeordnete Stephan Protschka, der derzeit wegen eines revisionistischen Gedenksteins in der Kritik steht. Er wäre mit knapp 50 Prozent um ein Haar stellvertretender AfD-Chef geworden. Am Ende reichte es für den Beisitzer-Posten.

Erstaunlich finde ich, dass eine Partei, die 'bürgerlich' sein möchte, sich verordnet, nicht mehr 'drastisch' zu sprechen. Als verschwände mit der Ausdrucksweise die Gesinnung.

schreibt NutzerIn reporterchen

Es gab in Braunschweig einige solcher Beispiele. Dabei war der Einfluss des radikalen „Flügels“ von Björn Höcke und Andreas Kalbitz unübersehbar. Es fiel aber auch auf: Die Radikalen in der Partei sind nicht nur im „Flügel“ zu finden. So sind Protschka und Brandner beispielsweise keine bekennenden „Flügel“-Männer.

Wenn sich jetzt vergleichsweise gemäßigte AfDler freuen, dass mit Kalbitz nur ein bekennender „Flügel“-Mann im Vorstand sitzt, dann belügen sie sich selbst. Höcke mag sein Ziel nicht erreicht haben, vier „Flügler“ in den Bundesvorstand zu bringen. Doch das spielt keine große Rolle mehr. Die Radikalen sind viel weiter verbreitet.

Wenn die AfD nun also die bürgerliche Mitte verstärkt ins Visier nehmen will, dann kann die dazu nötige Mäßigung nur eine Fassade sein – de facto ist sie nicht vorhanden.

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