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Ist zufrieden: Marine Le Pen könnte Präsident Macron gefährlich werden.

© SEBASTIEN BOZON/AFP

Entscheidung in der Stichwahl: Le Pen könnte Macron diesmal tatsächlich gefährlich werden

Die Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen holt kurz vor der Wahl in Umfragen auf. Präsident Emmanuel Macron ist unter Druck – und wehrt sich mit einer Formel.

Marine Le Pen zieht die Augenbrauen zusammen, um ihren Mund zeichnet sich ein Lächeln ab. In weißer Bluse und weinrotem Blazer sitzt die Präsidentschaftskandidatin der rechtsextremen Partei „Rassemblement National“ am Donnerstagabend in der Sendung „Élysée 2022“, soeben haben die Journalisten ihr ein Video von Staatschef Emmanuel Macron gezeigt.

Er hat an diesem Tag an der Atlantikküste Wahlkampf gemacht und sich inmitten der Menschenmenge über die extreme Rechte echauffiert. Le Pen sagt, sie sei ziemlich erstaunt über die „Hektik des Präsidentschaftskandidaten.“ Sie sieht zufrieden aus.

Dass Macron gegen sie austeilt, ohne dabei ihren Namen zu nennen, dürfte Le Pen zehn Tage vor dem ersten Wahlgang nur als Bestätigung werten. Als Bestätigung dafür, dass sie geschafft hat, wofür sie seit Monaten kämpft: Mehr denn je zeichnet sich zwischen ihr und Macron ein Duell ab. Es gilt als wahrscheinlich, dass die beiden wie schon 2017 in die Stichwahl kommen.

Macron, der zwischenzeitlich in den Umfragen mehr als 30 Prozent erreichte, ist zuletzt wieder unter diese Marke gefallen. Le Pen konnte dagegen zulegen. Nach aktuellen Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Elabe trennen die beiden im ersten Wahlgang nur sieben Prozentpunkte.

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Noch interessanter sind die Prognosen für den zweiten Wahlgang. Sie sehen eine enge Abstimmung voraus, mit nur fünf Prozentpunkten Unterschied zwischen Macron mit 52,5 und Le Pen mit 47,5 Prozent. Kurz vor den Wahlen, die zwischenzeitlich schon als ausgemacht galten, nehmen Macron und sein Team diese Bedrohung für eine zweite Amtszeit des Präsidenten deutlich wahr.

Die extreme Rechte im „Tandem“?

Macron hat sich eine Formel zurechtgelegt, um gleichermaßen vor Le Pen und dem Kandidaten Éric Zemmour zu warnen: „Diese Sache wird als Tandem enden“, sagte er am Montag am Rande eines Auftritts in Dijon. Am Donnerstag verwies er erneut auf das „Tandem“ der extremen Rechten, ohne Namen zu nennen.

Hofft auf eine zweite Amtszeit: Emmanuel Macron.
Hofft auf eine zweite Amtszeit: Emmanuel Macron.

© Stephane Mahe/REUTERS

Nur vordergründig spielt er damit auf beide Kandidierenden an – die Attacke dürfte vor allem Le Pen gelten. Es ist der Versuch, das Schreckgespenst der extremen Rechten wieder heraufzubeschwören, um möglichst viele Wählerinnen und Wähler zu mobilisieren. Macron und seine Anhänger wollen Le Pen in die gleiche rechte Ecke mit Zemmour stellen.

Damit soll auch die linke Wählerschaft erreicht werden. Dort ist die Abneigung gegen Macron so hoch, dass manche in Erwägung ziehen könnten, im zweiten Wahlgang für Le Pen zu stimmen. Der linke Jean-Luc Mélenchon hat angekündigt, im Falle der Stichwahl zwischen Le Pen und Macron seine Unterstützter konsultieren zu wollen. Erst dann wolle er eine Empfehlung abgeben.

Le Pens gemäßigter Kurs

Le Pen hat viel dafür getan, um weniger radikal zu wirken. Sie hat ihre Rhetorik abgeschwächt und Zemmour vorgeworfen, Nazis in seinen Reihen zu dulden. Sie hat sich weiter gegen Migration ausgesprochen, ohne dabei wie Zemmour auf die rechtsextreme Verschwörungsideologie des „Bevölkerungsaustauschs“ zu verweisen.

[Im April finden in Frankreich Präsidentschaftswahlen statt. Wer sind die wichtigsten Kandidaten? Und was wollen sie politisch? Lesen Sie hier den Überblick auf Tagesspiegel Plus.]

Dieser Kurs hat einerseits dazu beigetragen, dass mit Zemmour eine weitere Kandidatur am rechten Rand möglich wurde. Andererseits sollte es Le Pens Wählbarkeit bis in die Mitte der Gesellschaft unterstreichen. Der Plan scheint derzeit aufzugehen. Auch Kritik an ihrem früheren Putin-freundlichen Kurs hatte keine spürbar negativen Auswirkungen.

Stattdessen kommt ihr zugute, dass sie die Kaufkraft früh zu ihrem zentralen Wahlkampfthema machte. Le Pen hat dazu mehrere Vorschläge vorgelegt, will zum Beispiel die Mehrwertsteuer für Energieprodukte von 20 Prozent auf 5,5 Prozent senken.

Am Freitag machte sie sich über den Versuch lustig, sie als gefährlich darzustellen: „Wenn man diese abgedroschene Strategie der Redämonisierung anwendet, hat man inhaltlich nichts zu sagen.“ Macron ist gut eine Woche vor dem ersten Wahlgang nicht nur wegen Le Pen gefordert.

Auch ein Senatsbericht über gestiegene Ausgaben für Unternehmensberatungen setzt ihn unter Druck. An diesem Samstag will er für eine Stimmung sorgen, die ihn zur zweiten Amtszeit tragen soll: Bei einem Wahlkampfevent in einer Pariser Arena werden Zehntausende Fans erwartet.

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