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Hubertus Heil (SPD), Bundesminister für Arbeit und Soziales, gibt ein Statement.

© dpa/Britta Pedersen

Update

Kritik an Vorschlag von Allianz-Chef: SPD-Politiker Heil und CDU-Vize Laumann gegen eingeschränkte Lohnfortzahlung im Krankheitsfall

Arbeitnehmern sollte die Lohnfortzahlung am ersten Krankheitstag gestrichen werden, fordert der Allianz-Chef. Neben Hubertus Heil (SPD) und Karl-Josef Laumann (CDU) spricht sich nun auch Gesundheitsminister Lauterbach dagegen aus.

Stand:

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat den Vorschlag von Allianz-Chef Oliver Bäte zurückgewiesen, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall für den ersten Tag einer Krankmeldung zu streichen.

„Wer krank gemeldete Beschäftigte unter den Generalverdacht des Blaumachens stellt, hat ein verzerrtes Bild von den arbeitenden Menschen in diesem Land“, sagte Heil dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Die Deutschen seien keine Drückeberger und Faulenzer. „Die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall einzuschränken, wird es mit mir und der SPD nicht geben.“

Besonders Arbeitnehmer mit niedrigen Einkommen würden unter einer Wiedereinführung des Karenztages leiden, warnte Heil. „Es würde die Menschen hart treffen, die tatsächlich krank sind und die einen geringen Lohn haben, vor allem Frauen“, sagte Heil. „Deshalb ist das der falsche Weg.“

Ein Arbeitgeber, der den Verdacht habe, dass jemand blau mache, könne auch ab dem ersten Tag das Vorlegen einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung verlangen, sagte Heil. „Wer beim Blaumachen erwischt wird, muss außerdem mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen.“

Auch CDU-Vize Laumann positioniert sich

Der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Karl-Josef Laumann hält ebenfalls nichts von Vorschlägen, dass Arbeitnehmer künftig für den ersten Krankheitstag oder sogar die ersten drei Krankheitstage keinen Lohn mehr bekommen sollen.

Karl-Josef Laumann (CDU), Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen.

© dpa/Carsten Koall

„Ich bin da ein gebranntes Kind. Ich habe als Bundestagsabgeordneter mal für ihre Einführung gestimmt. Dann hat die IG Metall mit Zustimmung der Arbeitgeber die Karenztage per Tarifvertrag für ihre Branchen kassiert“, sagte der NRW-Gesundheitsminister der „Rheinischen Post“. „Damals habe ich mir geschworen: Ich lass’ mich nicht noch einmal bei diesem Thema ins Bockshorn jagen.“

Gesundheitsminister Lauterbach ebenfalls gegen Vorschlag

Ähnlich äußerte sich auch Gesundheitsminister Lauterbach (SPD). Zudem warnte er im MDR vor einem höheren Gesundheitsrisiko für andere Arbeitnehmer, wenn sich jene, die sich einen Lohnausfall nicht leisten könnten, zur Arbeit schleppten. „Wenn sie mit einer Covid-Erkrankung zur Arbeit gehen und infizieren die Mitarbeiterin, die dann möglicherweise an Long Covid erkrankt, dann ist niemandem geholfen“, sagte Lauterbach.

Dass Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern einen höheren Krankenstand habe, sei auf Langzeiterkrankte mit psychischen Problemen oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen zurückzuführen. „Blaumachen“ spiele in der Praxis hingegen kaum eine Rolle.

Solidarität nicht überstrapazieren

Der Bund Katholischer Unternehmer mahnte hingegen, die Solidarität der Arbeitgeber nicht überzustrapazieren. und zeigte sich dementsprechend offen für eine Änderung. In der Praxis werde „eine kurzandauernde Erkrankung die wirtschaftliche Grundlage eines Arbeitnehmers nicht gefährden“, sagte der Bundesvorsitzende des Verbandes, Martin Nebeling, auf Anfrage des Portals katholisch.de

Der Karenztag sei im Kaiserreich unter Otto von Bismarck eingeführt worden, um den Unterhalt der Familie in einer Alleinverdienerehe zu sichern. „Inzwischen haben sich die Lebensverhältnisse der meisten Arbeitnehmer erheblich verändert, und gerade kurzfristige Erkrankungen belasten den Arbeitgeber erheblich, zumal die Zahl der Krankheitstage deutlich zugenommen hat“ erklärte Nebeling.

Allianz-Chef Bäte hatte vorgeschlagen, den Karenztag wieder einzuführen. So würden Arbeitnehmer die Kosten für den ersten Krankheitstag selbst tragen.

Bäte hat damit eine Debatte über den Krankenstand in Deutschland angestoßen. Dieser liegt statistisch im internationalen Vergleich hoch. In der Bundesrepublik gilt - anders als in einigen anderen Ländern - seit Jahrzehnten die Lohnfortzahlung ab dem ersten Krankheitstag. (dpa/KNA)

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