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Tilman Kuban ist der neue Vorsitzende der Jungen Union Deutschland.

© Foto: dpa/Michael Kappeler

Junge Union: Kuban zum neuen Bundesvorsitzenden gewählt

Die Junge Union hat sich für den niedersächsischen Juristen als neuen Chef entschieden, Gegenkandidat Stefan Gruhner aus Thüringen hat das Nachsehen.

Von Robert Birnbaum

Es ist nicht ganz wie bei den Großen voriges Jahr in Hamburg. Aber ein wenig von der Spannung des CDU-Parteitags liegt am Samstag auch über dem Sonderdelegiertentreffen des Parteinachwuchses. Die Junge Union muss im Berliner Congress Center am Alexanderplatz umständehalber einen neuen Vorsitzenden wählen, und ebenfalls in einer Kampfkandidatur. Damit ist es dann allerdings auch Schluss mit den Parallelen. Der Thüringer Stefan Gruhner und der Niedersachse Tilman Kuban stehen nicht für unterschiedliche Richtungen, sondern beide für den Mainstream. Und der fließt in der JU unter Angela Merkel so, wie es zwischen Alt und Jung ja öfter vorkommt: Jedenfalls gegen Mutti, also in diesem Fall im Zweifel nach rechts. 

Doch erst einmal wird die Frau, die quasi Schuld ist an dem Termin, mit freundlichem Applaus empfangen. Dass Annegret Kramp-Karrenbauer, kaum zur CDU-Chefin gewählt, den JU-Chef Paul Ziemiak von einer Hamburger Tanzfläche weg als Generalsekretär abwarb, sorgt noch immer für Stolz. Ziemiak habe es „als erste JUler direkt in die Führungsetage der Mutterpartei“ geschafft, hebt der Berliner Landeschef Christoph Brzezinski hervor. 

Ziemiak ist zu Tränen gerührt

Dagegen kann ja nicht einmal Markus Söder an. Der anderweitig verhinderte CSU-Chef erinnert zwar in einer Videobotschaft daran, dass er auch erst JU-Chef und dann Parteigeneral war: „Insofern – gutes Vorbild!“ Aber ein fliegender Wechsel war's halt bei ihm damals nicht.

Die Versammlung verabschiedet den zu Tränen gerührten Ziemiak mit tosendem Applaus. Die Anerkennung gilt auch dem Mann, der CSU-Bayern und CDU-Nordlichter, Pro- und Anti-Merkelianer in den Krisenjahren des Flüchtlingsstreits im gemeinsamen Verband zusammen hielt.

Auch die Klima-Streiks sind ein Thema

Seine neue Chefin lobt Ziemiak für seinen Kompromissvorschlag im bitteren Streit um Upload-Filter und das neue EU-Urheberrecht, tadelt den Zank darüber, ob Schüler für Klima-Streiks die Schule schwänzen dürfen – ihre Antwort: na gut, so lange sie den versäumten Stoff selbst nacharbeiten – und ermuntert die Parteijugend zur konstruktiven Aufmüpfigkeit: Wenn die JU ihr Dampf mache, halte sie das aus. Die traditionelle Debatte fällt aber wenig kontrovers aus. Einer lobt das „Werkstattgespräch Migration“, einer ärgert sich über die SPD in der großen Koalition, ein Tornado-Pilot klagt über den Mangelzustand in der Truppe. Kramp-Karrenbauer gibt ihm recht und schimpft über „dämliche“ Scheinalternativen zwischen „Rüstung und Rente“. Aber die 320 Delegierten wollen jetzt langsam wählen. Kramp-Karrenbauer zeigt Verständnis: „Ich weiß, wie sich die Kandidaten fühlen - habt Mitleid!“

Kuban bietet sich als "Macher" an

Kuban erhält als erster das Wort, als seine entschlossenen Jubler ihn dazu kommen lassen, und den ersten Lacher: Er sei nach der Bewerbungstour sechs Kilo leichter, flachst der bullige Niedersachse, „allein dafür hat es sich gelohnt.“ In den nächsten 20 Minuten verliert er wahrscheinlich noch ein Kilo. Kuban brüllt sich heiser gegen Linke, die sich bloß um „Schultoiletten des dritten bis 312. Geschlechts“ kümmerten, macht sich lustig über Juso-Chef Kevin Kühnert - „Kevin, mach' dein Studium fertig, dann kannste dir 'ne eigene Wohnung leisten“ - und kündigt an, „bis zur letzten Patrone“ für ein freies Internet ohne Filter zu kämpfen. „Wenn ihr einen Macher wollt, dann lasst es uns gemeinsam anpacken!“, ruft er zum Schluß. Der Jubel, vor allem von Bayern und Niedersachsen getragen, wird ohrenschädigend.

Am Ende siegt der Volkstribun

Das ändert allerdings nichts daran, dass der 31jährige als Außenseiter angetreten war und die Phonstärke für Gruhner auch nicht zu verachten ist. Der Thüringer selbst brüllt nicht so laut, wirkt inhaltlich sortierter, teilt aber in die gleiche Richtung aus. Die Jusos? „Die haben keinen Kompass.“ Deutsche Autos? „Wir lassen uns diese Industrie weder von den Grünen noch von diesem Abmahnverein Umwelthilfe zerstören.“ Kuhnert verspricht seinen Wählern, „Stachel im Fleisch“ der Regierenden wie der eigenen Partei zu sein, im Interesse der Jungen: „Es ist unser Land, es ist unsere Generation, es ist unsere Zeit!“ 

Doch am Ende siegt der Volkstribun. „Auf Tilman Kuban entfallen zweihundert ...“ liest der Tagungsleiter vor, der Rest geht im Aufschrei unter. Der Neue fällt auf der Bühne Ziemiak um den Hals. Am Pult dankt er unter Tränen, auch dem Konkurrenten. Erst danach kommt Brzezinski zur vorgeschriebenen Frage: „Nimmst Du die Wahl an?“ Ja, sagt Kuban, und seine Stimme flattert immer noch: „Liebe Freunde, von Herzen gern.“

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